Die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts bringt viele Neuerungen mit sich. Diese betreffen nicht nur neu zu gründende Gesellschaften, sondern sind auch für bereits bestehende relevant.
Die größte Reform des Personengesellschaftsrechts seit über hundert Jahren steht mit dem Ziel an, dieses an die heutigen Bedürfnisse anzupassen. Der Bundestag hat das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) am 24. Juni 2021 verabschiedet, bereits am 25. Juni 2021 haben die neuen Vorschriften den Bundesrat passiert. In einer Übergangszeit bis Ende des Jahres 2023 haben alle bestehenden Unternehmen die Möglichkeit, sich auf die neue Rechtslage, gegebenenfalls durch Anpassung ihrer Gesellschaftsverträge, einzustellen. Ab dem 1. Januar 2024 – ein Jahr später als ursprünglich geplant – wird das Gesetz in Kraft treten. Das Herzstück des MoPeG bildet die Anpassung der Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die offene Handelsgesellschaft (oHG) sowie die Kommanditgesellschaft (KG) an moderne Bedürfnisse. Neu ist insbesondere, dass auch für die GbR in Zukunft die Möglichkeit und teilweise die Pflicht besteht, sich in einem Register einzutragen. Im Übrigen zeichnet das MoPeG weitgehend das in einem Gesetz nach, was sich in der Rechtsprechung über die letzten hundert Jahre ohnehin schon herausgebildet hat, klärt dabei aber auch einige aktuell noch kontrovers diskutierte Rechtsfragen.
Änderungen für die GbR
Die Rechtsfähigkeit der GbR ist in der Rechtsprechung seit Langem anerkannt. Nunmehr wird sie auch gesetzlich verankert. Lediglich die GbR, die als solche nicht nach außen auftritt und auch kein Unternehmen führt, bleibt in der Regel nicht rechtsfähig, wie etwa Stimmbindungsgemeinschaften oder Konsortialabsprachen. Im Übrigen wird die GbR als rechtsfähig anerkannt. Mit anderen Worten: Rechtsfähigkeit ist der Regelfall. Die GbR kann also verklagt werden oder als GbR klagen, wenn zum Beispiel nicht alle ihre Gesellschafterinnen und Gesellschafter bekannt sind. Die Zwangsvollstreckung findet aus einem Titel gegen die Gesellschaft nur in das Vermögen der Gesellschaft statt und nicht in das Vermögen der Gesellschafter. Das MoPeG sieht die Einführung eines Gesellschaftsregisters für die GbR vor. Es besteht eine Registrierungswahlfreiheit. Jedoch ist die Erfassung im Gesellschaftsregister Voraussetzung für die Eintragung und damit gegebenenfalls für den Erwerb von bestimmten in öffentlichen Registern einzutragenden Rechten. Dies gilt etwa für Rechte an Grundstücken und eingetragenen Schiffen sowie für die Stellung als Namensaktionär und als Gesellschafter einer GmbH. Als Nebenfolge der Eintragung in das Gesellschaftsregister unterliegt die GbR der Transparenzregisterpublizität. Die eingetragene GbR muss in Zukunft daher Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten einholen und an das Transparenzregister übermitteln. Es ist jetzt zudem klargestellt, dass zumindest für die eingetragene GbR weitgehend das handelsrechtliche Firmenrecht gilt. Die GbR hat zwingend einen eindeutigen Rechtsformzusatz (eGbR) zu führen, ist im Übrigen aber in der Firmierung ebenso frei wie Personenhandelsgesellschaften. Das GbR-Beschlussverfahren wird erstmals gesetzlich geregelt. Insofern bestätigt der Gesetzgeber die gebräuchliche Anwendung der Regeln zu den Personenhandelsgesellschaften auf die GbR. Es gilt aber weiterhin, dass im Zweifel Gesellschafterbeschlüsse einstimmig durch alle stimmberechtigten Gesellschafter zu fassen sind, wenn nichts anderes im Gesellschaftsvertrag geregelt ist. Die GbR wird umwandlungsfähig im Sinne des Umwandlungsgesetzes. Es ist der GbR daher nach einer vorherigen Registrierung als eGbR möglich, an einer Spaltung, einer Verschmelzung oder einem Formwechsel teilzunehmen, was den Gestaltungsspielraum vergrößert. Der identitätswahrende Wechsel zwischen verschiedenen Formen der Personengesellschaft/Personenhandelsgesellschaft wird vom Umwandlungsgesetz nicht erfasst und ist nunmehr in einem eigenen Verfahren im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt.
Neuerungen für GbR und Personenhandelsgesellschaften
Das MoPeG stellt nun endlich klar, dass auch für Personengesellschaften ein freies Sitzwahlrecht unabhängig vom Ort der Eintragung besteht. Dieses freie Sitzwahlrecht ermöglicht es einer deutschen Personengesellschaft, sämtlichen Geschäftstätigkeiten außerhalb des deutschen Hoheitsgebiets nachzugehen und dennoch eine deutsche Personengesellschaft zu bleiben. Durch diese Klarstellung können Personengesellschaften in Zukunft an einem Ort registriert bleiben, wenn sie die Geschäftstätigkeit woanders fortsetzen. Gerichte haben bislang häufig einen Wechsel des Registergerichts gefordert, wenn lediglich die Adresse geändert werden sollte. Große praktische Bedeutung hat das freie Sitzwahlrecht auch für KG, die eine Komplementärin mit Sitz im Ausland oder zumindest an einem anderen Ort als die KG haben. Hier war die Rechtslage bisher unklar. Die bisherige Stimmgewichtung sowie Gewinn- und Verlustverteilung nach Köpfen werden abgeschafft. Stattdessen gilt die in der Praxis ohnehin gebräuchliche Regelung, dass die Stimmkraft und Ergebnisverteilung vorrangig nach den Beteiligungsverhältnissen zu bestimmen sind. Falls die Gesellschafter eine Abweichung von diesem gesetzlichen Regelfall wünschen, muss der Gesellschaftsvertrag abweichende Vereinbarungen vorsehen.
Änderungen für Personenhandelsgesellschaften
Das MoPeG sieht erstmals Regelungen zum Beschlussverfahren in der Personenhandelsgesellschaft vor. Der Gesetzgeber hat sich zudem entschieden, das Beschlussmängelrecht für Personenhandelsgesellschaften nach dem aktienrechtlichen Anfechtungsmodell zu regeln. Dies entspricht der zumindest bei größeren Personenhandelsgesellschaften ohnehin gängigen gesellschaftsvertraglichen Gestaltungspraxis und erhöht die Rechtssicherheit. Detaillierte Regeln in den Gesellschaftsverträgen bleiben aber auch weiterhin sinnvoll. Die Vorschriften zur Gewinnermittlung und Gewinnverteilung werden neu gefasst. Die geschäftsführenden Gesellschafter sind verpflichtet, den Jahresabschluss aufzustellen. Sie entscheiden durch Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses, wobei – wie bei der GbR – die Anteilsquote maßgeblich für die Gewinn- und Verlustverteilung ist. Der Gesetzgeber geht für die Gewinnauszahlung vom Prinzip der Vollausschüttung aus. Es ist daher in der Praxis darauf zu achten, dass die gesellschaftsvertraglichen Regelungen eine hinreichende Gewinnthesaurierung und Rücklagenbildung vorsehen, was bei größeren Gesellschaften ohnehin gängiger Praxis entspricht. Die Einheitsgesellschaft, also eine GmbH & Co. KG, in der die KG alle Geschäftsanteile des Komplementärs hält, wird erstmals ausdrücklich im Gesetz erwähnt und dabei die bisherige Rechtslage geändert. Die Gesellschafterrechte in der GmbH nehmen nun die Kommanditisten wahr. Auch insoweit folgt der Gesetzgeber der in vielen Gesellschaftsverträgen verbreiteten Praxis. Das MoPeG regelt ferner erstmals die Simultaninsolvenz der GmbH & Co. KG, also den häufigen Fall, dass sowohl der persönlich haftende Gesellschafter als auch die KG insolvent werden. Hier ergab sich bislang die Besonderheit, dass die Insolvenz des persönlich haftenden Gesellschafters grundsätzlich dessen Ausscheiden aus der KG bewirkte. Dies führte zu Schwierigkeiten bei der konsolidierten Insolvenzabwicklung des Unternehmens und vereitelte gegebenenfalls eine Rechtsträgersanierung insbesondere in der zweigliedrigen Gesellschaft.

Neuerungen für die freien Berufe
Die Personenhandelsgesellschaft wird für die freien Berufe geöffnet – allerdings unter berufsrechtlichem Vorbehalt. Damit ist Freiberuflern der Weg in die KG und GmbH & Co. KG geebnet, soweit das Berufsrecht dies zulässt; derzeit etwa bereits für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und mit Inkrafttreten der Reform der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) künftig auch für Rechtsanwälte. Bislang können sie ihre Haftung nur für Verbindlichkeiten und Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung beschränken. Nun ist mit der KG eine generelle Haftungsbeschränkung möglich. Die Partnerschaftsgesellschaft und auch die mit beschränkter Berufshaftung bleiben für die freien Berufe jedoch weiterhin zulässige Organisationsformen – ob sie eine Zukunft haben, wird sich zeigen. Eine weitere für Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe bedeutsame Änderung ist zudem die Begrenzung der Nachhaftung. Der ausgeschiedene Gesellschafter haftet für Schadenersatzansprüche nur noch dann, wenn die Pflichtverletzung vor dem Ausscheiden eingetreten ist. Haftungsansprüche, die aufgrund von Pflichtverletzungen anderer Mitglieder nach Ausscheiden eines Gesellschafters entstehen, belasten diesen mithin nicht mehr.
Handlungsbedarf
Vor Inkrafttreten des MoPeG sollten vor allem bestehende GbR, die künftig ihre Gesellschafter nicht durch Registrierung offenlegen wollen, prüfen, ob die GbR Inhaber von Rechten ist, bei denen Rechtsänderungen in Zukunft nur für die eGbR möglich sind. Dann mag es sein, dass Strukturänderungen notwendig werden. Mit Inkrafttreten des MoPeG müssen alle Personengesellschaften mit weniger ausführlichen Gesellschafterverträgen prüfen, ob die neuen gesetzlichen Regeln als Auffangregeln für sie angemessen sind. Zudem muss im Rechtsverkehr geprüft werden, ob und wann man auf die Eintragung der Vertragsgegenseite bestehen möchte – vor allem für Vergabekammern mag es sinnvoll sein, eine eGbR statt einer nicht eingetragenen Arbeitsgemeinschaft (ARGE) zu verlangen.
Fazit und Ausblick
Das MoPeG wird dem Anspruch der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts teilweise gerecht. Die Praxis darf sich darüber freuen, dass die Rechtslage nun nicht mehr aus hundert Jahren Rechtsentwicklung herausgearbeitet werden muss. Erfreulicherweise wird in der KG künftig endlich auch in Deutschland eine generelle Haftungsbeschränkung möglich. Ein mutiger Wurf ist die Reform gleichwohl nicht, weil der Gesetzgeber im Kern lediglich die in Rechtsprechung, Schrifttum und Gestaltungspraxis herausgebildeten Grundsätze kodifiziert. Dabei wird auch deutlich, was die Reform des Personengesellschaftsrechts noch nicht leistet: Die Digitalisierung des Gesellschaftsrechts (Gründung, Rechtsänderung, Versammlungen) wird leider ausgespart. Auch der Reform grenzüberschreitender Umwandlungen möchte das MoPeG nicht vorgreifen. Zudem hat der Gesetzgeber es bewusst unterlassen, ein Sonderrecht für die Publikumspersonengesellschaft zu regeln.
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