Ausschluss von Gesellschaftern - 27. Januar 2022

Den Konfliktfall mit berücksichtigen

Nicht nur in einer Familie, sondern auch im Unternehmen kommt es mitunter zu Streit – bis hin zur unvermeidlichen Trennung. Daher ist man gut beraten, auch diesen Punkt im Gesellschaftsvertrag detailliert zu regeln.

Fehltritte und Streit kommen in den besten Familien vor – sagt man. Deshalb sollten die Beteiligten bei der Gestal­tung eines Gesellschaftsvertrags unbedingt mit der notwen­digen Aufmerksamkeit und Sorgfalt ans Werk gehen. Neben dem Umfang von Beteiligungen, dem Stimmrecht sowie Er­gebnisanteilen sind zudem auch zahlreiche steuerliche Er­wägungen zu berücksichtigen. Denn ein Streit in der Gesell­schaft kann sogar so weit gehen, dass der Verbleib eines für alle übrigen Gesellschafterinnen und Gesellschafter nicht mehr hinnehmbar ist. Möglicherweise ist der betroffe­ne Gesellschafter auch noch Geschäftsführer. Sehr schnell kann daher die Frage auftreten, wie man sich wieder trennen kann. Ursachen eines Streits können unter­schiedlich sein. Sie können in der per­sönlichen Sphäre eines Gesellschafters begründet sein, aber auch durch Dritte hervorgerufen werden, beispielsweise wenn ein Gläubiger eines Gesellschafters in seinen Gesellschaftsanteil vollstreckt. Hier steht das legitime und nachvollziehbare Inte­resse aller übrigen Gesellschafter im Vorder­grund, den Problemgesellschafter aus der Ge­sellschaft zu entfernen. Zweifelsohne stellt sich dann auch die Frage nach einer Abfindung.

Gründe für den Ausschluss

Einem Gesellschafter kann gegen seinen Willen sein Anteil nicht ohne Weiteres entzogen werden. Immer­hin würde das einen schweren Eingriff in sein Recht auf Eigentum bedeuten. Das Eigentum ist verfas­sungsrechtlich in Art. 14 GG geschützt. Erforderlich hierfür ist ein wichtiger Grund im Sinne von § 133 HGB. Die gesetzlichen Regelungen im Bürgerlichen Gesetz­buch sind hierzu eher spärlich, sodass eine detaillierte Regelung im Gesellschaftsvertrag ratsam ist. Hilfreich ist, diese wichtigen Gründe enumerativ im Gesellschaftsver­trag aufzuzählen. Regelmäßig sind das

  • schwerwiegende Verstöße gegen gesellschaftsvertragli­che Pflichten
  • der Vermögensverfall eines Gesellschafters
  • die Zwangsvollstreckung in dessen Gesellschaftsanteil

Empfehlenswert ist darüber hinaus auch, weitere wichtige Themen in die­sem Zusammenhang mit ab­zubilden, etwa bei einer Familiengesellschaft die Pflicht eines Ge­sellschafters bei Heirat, innerhalb einer gewissen Frist seinen Geschäftsanteil mit Vereinbarung einer Güterge­meinschaft zum Vorbehaltsgut zu erklären oder beim gesetz­lichen Güterstand diesen aus der Zugewinnausgleichsbe­rechnung herauszunehmen. Die latente Sorge der Eltern, dass durch die aus ihrer Sicht falsche Partnerwahl der Kinder das Familienvermögen geschmälert wird, wird dadurch abgemildert.

Tod eines Gesellschafters

Ferner sollten sich die Gesellschafter Ge­danken machen, wer im Fall des Tods ei­nes Gesellschafters nachrücken kann. In vielen Fällen wird das durch eine qualifi­zierte Nachfolgeklausel berücksichtigt. Bei einer Familiengesellschaft etwa hat regelmäßig die Familie ein Interesse, das Vermögen innerhalb der Linie an Abkömmlinge weiterzuge­ben. Möglich sollte aber auch die erbweise Übertragung an Mitgesellschafter sein. Unerwünscht ist häufig, dass ange­heiratete Ehegatten im Todesfall automatisch Gesellschaf­ter werden. Vererbt ein Gesellschafter seinen Anteil entge­gen den im Gesellschaftsvertrag festgelegten Grundsätzen, müssen Möglichkeiten bestehen, den aus Sicht der Gesell­schaft unerwünschten Rechtsnachfolger gar nicht erst in die Gesellschaft hineinzulassen oder ihm den Anteil wieder zu entziehen.

Ausschluss durch Gesellschafterbeschluss

Ein solcher Ausschluss wird regelmäßig durch einen Ge­sellschafterbeschluss vollzogen, der erst durch eine Ge­sellschafterversammlung herbeigeführt werden kann. Hier ist es sinnvoll, im Gesellschaftsvertrag detaillierte Rege­lungen zu treffen, wie im Streitfall zu laden ist, wer den Vorsitz in der Gesellschafterversammlung hat und wie die Beschlussfassung erfolgt. Wichtig ist auch eine Regelung, ob der betroffene Gesellschafter ein Stimmrecht hat. In je­dem Fall sind die Ladungsvorschriften einzuhalten und alle Gesellschafter einzuladen – auch das schwarze Schaf. Bereits in der Abfassung der Einladung und der Formulierung der Tagesordnung können sich erhebliche Fallstricke ver­bergen.

Wirksamkeit des Beschlusses

Soweit nach seinem Empfinden der Aus­schluss zu Unrecht er­folgt, kann sich der be­troffene Gesellschafter hiergegen zur Wehr setzen: im Wege einer Beschlussan­fechtung, notfalls klageweise. Dabei muss er auf die ent­sprechenden Fristen achten und den oder die richtigen Be­klagten wählen. Wichtig ist, auch diese Aspekte im Gesell­schaftsvertrag zu regeln. Scheidet der betroffene Gesell­schafter ohne weitere Regelung aus der Gesellschaft aus, wächst sein Anteil den übrigen Gesellschaftern einfach zu. Um hier mehr Flexibilität zu haben, wäre es aus Sicht der Gesellschaft sinnvoll, im Einziehungs- oder Ausschlussbeschluss festzulegen, dass der Anteil auch abwei­chend davon an andere Gesellschafter oder gar Dritte übertragen werden kann. Das ist jedoch nur möglich, soweit dies der Gesellschaftsvertrag zulässt. In der Vergangenheit war umstritten, ob der Ausschluss sofort wirksam ist oder erst, sobald der betrof­fene Gesellschafter die Abfindung erhalten hat. In vielen Fällen ist ein Streit über viele Jahre und mehrere Instanzen die Folge. Daher wäre auch hier aus Sicht der Gesellschaft anzuraten, die Wirksamkeit des Ausschlusses von der Zah­lung des Abfindungsguthabens zu entkoppeln.

Abfindung

Ist ein Gesellschafter ausgeschlossen, streitet man sich na­türlich auch um das Thema Abfindung. Die übrigen Gesell­schafter sind oft der festen Überzeugung, dass dem schwarzen Schaf nicht auch noch eine Menge Geld hinter­hergeworfen werden soll. Das abfindungslose Ausscheiden eines Gesellschafters ist jedoch problematisch. Scheidet der Gesellschafter zu Lebzeiten aus, wird man um die Zahlung eines Abfindungsguthabens nicht herumkommen, da an­sonsten der betroffene Gesellschafter nicht angemessen am wirtschaftlichen Wert im Fall seines Ausscheidens partizi­piert. Zulässig ist jedoch, die Höhe der Abfindung zu modi­fizieren. Begrenzungen auf 50 Prozent oder weniger sind durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits als un­zulässig erachtet worden. Von entscheidender Bedeutung ist auch, wie der Wert ermittelt wird. Ganz hoch im Kurs steht die Buchwertabfindung, die aber bei hohen stillen Re­serven unwirksam werden kann. Zu angemessenen Ergeb­nissen führen Ertragswertmethoden, je nach Zusammenset­zung des Vermögens. Soweit eine Abfindung zu zahlen ist, stellt sich auch die Frage nach dem Auszahlungszeitraum. Fünf oder gar sieben Jahre sind derzeit unproblematisch. Im Fall von zehn Jahren oder darüber hinaus können sich bereits Bedenken bezüglich der Wirksamkeit der Abfin­dungsklausel ergeben. Beim Ausscheiden durch Tod ist je nach Gesellschaftsform, Zweck und Tätigkeit der Gesell­schaft ein abfindungsloses Ausscheiden denkbar. Regelmä­ßig stellen sich aber in diesem Zusammenhang dann Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche, da das abfindungslose Ausscheiden eine Schenkung darstellen kann. Regelmäßig wird eine Gesamtbetrachtung durchgeführt. Im Falle einer rein vermögensverwaltenden Familiengesellschaft wird die Abwägung in der Regel zu einer pflichteils(ergänzungs)-pflich­tigen Schenkung führen.

Familiengesellschaft

Der Erhalt von Vermögen und die Heranführung der nächs­ten Generation hieran beschäftigt eine ganze Reihe von Mandanten. Eine Möglichkeit ist, das Vermögen in einer Familiengesellschaft zu bündeln, um dadurch eine ganze Reihe von Vorteilen zu erreichen. So kann die nächste Ge­neration Schritt für Schritt durch die gezielte Übergabe von Anteilen an das Familienvermögen herangeführt wer­den. Gleichzeitig kann man dabei auch steuerliche Freibe­träge optimal ausnutzen. In der Regel halten die Eltern zu­nächst die Mehrheit, sodass das Gefühl, plötzlich mit lee­ren Händen dazustehen, nicht eintritt. Je nach Zusammen­setzung des Vermögens stellen sich hier möglicherweise auch Bewertungsfragen.

Wahl der Rechtsform

In vielen Fällen wird die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Rechtsform gewählt, da sie per se mit wenigen formalen Erfordernissen unkompliziert ist. Risiken aus der Verwaltung des Vermögens heraus entstehen grundsätz­lich nicht. Risiken aus der Finanzierung von Bankdarlehen, etwa beim Erwerb von Immobilien, sind in der Regel über­schaubar. Möchte man Risiken, beispielsweise von Min­derjährigen, fernhalten, wäre an eine Familienkommandit­gesellschaft (KG) zu denken. Weder bei der GbR noch bei der KG sind notarielle Beurkundungen des Gesellschafts­vertrags oder bei der Vornahme von Änderungen notwen­dig. Auch müssen Änderungen in der Geschäftsführung oder in der Gesellschafterstruktur bei der GbR im Handels­register nicht nachvollzogen werden. Entscheidungen in­nerhalb der Gesellschaft können sozusagen am Küchen­tisch getroffen werden. Bei allem verständlichen Bestre­ben nach Einfachheit und Unkompliziertheit sollten die Beteiligten doch daran denken, wichtige Entscheidungen in Form von Protokollen zu dokumentieren. Statt einer Per­sonengesellschaft kann aus steuerlichen Gründen bei der Wahl der Rechtsform eine Kapitalgesellschaft sinnvoll sein, meist eine GmbH. Für sie gelten die vorgenannten Überlegungen zum Thema Recht auf Einziehung und Ab­findung ebenso. Lediglich bei der Nachfolgeklausel erge­ben sich strukturbedingt Abweichungen, denn der Ge­schäftsanteil einer GmbH ist per se vererbbar. Gelöst wird diese Thematik mit einer entsprechenden Einziehungs­klausel.

Widerrufs- und Rückforderungsklauseln

Will man die möglichen Abfindungsansprüche beispiels­weise von Kindern gering halten, wäre es auch denkbar, die Gesellschaft zunächst unter den Ehegatten zu gründen. Sodann übertragen diese Geschäfts- oder Gesellschaftsan­teile in gesonderten Übertragungsverträgen. Darin könnte man entsprechende Widerrufs- oder Rückforderungsklau­seln berücksichtigen. Gerade aus steuerlichen Gründen soll keine willkürliche Rückforderung oder kein willkürli­cher Widerruf möglich sein, sondern anhand eines festge­legten Kriterienkatalogs, der vom Grundgedanken her dem Einziehungskatalog weitgehend ähnelt. Der Vorteil wäre, im Fall des Widerrufs oder der Rückforderung ist eine ab­findungslose Rückübertragung möglich, da sich dies au­ßerhalb des Gesellschaftsvertrags vollzieht. Bei der Erläu­terung entsprechender Klauseln sollte unbedingt bei der Kommunikation der Beteiligten darauf geachtet werden, dass diese Klauseln kein Ausdruck von Misstrauen gegen­über den Betroffenen sind. Letztendlich ist hier ein Interessensgleichlauf vorhanden. Das Ausscheiden zu einem möglichst geringen Wert eines Gesellschafters, sobald bei­spielsweise ein Gläubiger in dessen Gesellschaftsanteile hineinpfändet, ist sowohl für die übrigen Gesellschafter als auch für den Betroffenen von Interesse. Weder der betrof­fene noch die verbleibenden Gesellschafter haben etwas davon, wenn Gläubiger oder gar der Insolvenzverwalter möglichst hohe Abfindungen erhalten.

Zum Autor

TS
Thomas Schinhärl

Rechtsanwalt bei Ecovis in Regensburg, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Unternehmenssanierer (Universität Regensburg)

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