Online-Business - 16. Juli 2019

Abmahnungen vermeiden

Influencer, Blogger, YouTuber sowie Let‘s Player agieren im Internet nicht im rechtsfreien Raum. Tatsächlich lauert im Netz eine Vielzahl an Stolperfallen, die es zu umgehen gilt.

Derzeit wird besonders unter Instagram- und YouTube-Influencern die Problematik der Schleich­wer­bung beziehungsweise der richtigen Kennzeichnung von Beiträgen heiß diskutiert. Da­ne­ben wirft auch das Urheberrecht, das auch im Netz gewahrt werden muss, zahlreiche Fragen auf. Der nachfolgende Beitrag soll daher Influencern und den sie begleitenden Beratern einen recht­li­chen Überblick geben, um sie vor Ab­mah­nun­gen zu bewahren.

Verbot der Schleichwerbung

Zielgruppenorientierte Werbung durch sogenannte Influencer ist in aller Munde und für viele Un­ter­neh­men nicht mehr wegzudenken. Das Phänomen des Influencer-Mar­ke­tings war lange Zeit rechtlich kaum ein Thema – nun die Kehrtwende: Influencer wie Unternehmen müssen sich mit dem Trennungsgebot von redaktionellen und kom­mer­ziel­len Inhalten sowie mit Kenn­zeich­nungs­pflich­ten auseinandersetzen, Verbände und Medienanstalten ahnden Verstöße, eine ein­heit­liche Recht­spre­chung fehlt bislang. Beiträge von Influencern in sozialen Medien unterliegen als Te­le­me­dien dem Rund­funk­staats­ver­trag (RStV), dem Telemediengesetz (TMG) sowie dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Der RStV findet Anwendung auf fern­seh­ähn­liche An­ge­bo­te wie etwa YouTube-Videos. Snaps, Instagram-, Facebook- oder Whats­App-­Storys fallen allerdings nicht darunter. Nach diesen Gesetzen muss die Werbung klar und eindeutig erkennbar und vom redaktionellen Teil eindeutig getrennt sein.

Bußgelder drohen

Verstöße gegen die Kennzeichnungspflicht werden häufig mit Abmahnungen ge­ahn­det. Die In­flu­en­cer werden aufgefordert, eine strafbewehrte Un­ter­las­sungs­er­klä­rung abzugeben und Auf­wen­dungs­er­satz für die Rechtsverfolgung zu leisten. Nach dem RStV können medienrechtliche Ver­fah­ren der zuständigen Auf­sichts­be­hör­den drohen. Gegebenenfalls werden Bußgeldbescheide von bis zu 500.000 Euro erlassen. Nach dem Telemediengesetz können Bußgelder von bis zu 50.000 Euro drohen.

Kennzeichnungspflicht

Oft ist jedoch nicht klar, welche Beiträge nun gekennzeichnet werden müssen. Man sollte aber in jedem Fall kennzeichnen, wenn man für einen Beitrag über ein Produkt oder eine Dienstleistung eine Gegenleistung erhalten hat oder wenn man für einen solchen Beitrag ein Produkt oder eine Dienstleistung kostenlos bekam, dies aber an Bedingungen geknüpft ist. Nachdem dieser Punkt von den Gerichten nicht einheitlich beurteilt wird, empfehlen wir derzeit, auch dann zu kenn­zeich­nen, wenn das Produkt kostenlos zur Verfügung gestellt wurde, ohne dass dies an Be­dingungen geknüpft war. Eine werbliche, kennzeichnungspflichtige Darstellung ist auch dann an­zu­neh­men, wenn man ein Produkt zu positiv darstellt, es etwa im Mittelpunkt steht, eine wer­ben­de Sprache verwendet wird und/oder Bildmaterial, Produkt- oder Marken-Slogans über­nom­men werden. Eine Kennzeichnungspflicht besteht weiterhin beim Setzen von Affiliate Links, werblichen Links und beim Vergeben von Rabatt-Codes. Berichtet man über eigene Pro­duk­te beziehungsweise Dienst­leis­tun­gen oder verlinkt man auf diese, muss man nicht kenn­zeich­nen, wenn man die eigene Un­ter­neh­mer­schaft deutlich macht – es sei denn, man preist das eigene Angebot zu deutlich an.

Eine Kennzeichnungspflicht ­besteht beim Setzen von ­Affiliate Links, werblichen Links und beim Vergeben von Rabatt-Codes.

Neben einer Kennzeichnungspflicht bei bezahlten Kooperationen oder PR-Samp­les nehmen einige deut­sche Gerichte eine solche bereits an bei der bloßen Verlinkung oder #- be­zie­hungs­wei­se @-Er­wäh­nung auf Un­ter­neh­men, Orte und andere In­flu­en­cer, un­ab­hängig von einer Ver­gü­tung oder der Zur­ver­fü­gung­stel­lung des Produkts; zumindest gilt das für In­flu­en­cer mit einer höheren vierstelligen Fol­low­er­zahl. Die Landgerichte (LG) Berlin, Osnabrück und Karlsruhe hatten es Influencern selbst dann untersagt, Bilder von Produkten zu posten und auf die offiziellen In­sta­gram-Accounts der Her­stel­ler zu ver­lin­ken, wenn sie diese Produkte selbst gekauft hatten. Dem folgten andere Ge­rich­te aber nicht, wenn auch mit un­ter­schied­li­cher Be­grün­dung. Das Kammergericht (KG) Berlin hob das Urteil des LG Berlin auf. Kennzeichnungspflichtig seien nur solche Beiträge, bei denen die Ver­lin­kung auf ein Unternehmen in keinem redaktionellen Zusammenhang mit dem Inhalt des Postings steht. Zuletzt entschied das LG München im Fall Cathy Hummels, dass sehr bekannte Influencerinnen nie kenn­zeich­nen müssten, wenn sie für die ge­zeig­ten Produkte keine Ge­gen­leis­tung erhalten haben. Eine ähnliche Ansicht vertritt auch die Lan­des­me­dien­an­stalt Nordrhein-Westfalen, die den RStV über­wacht.

Rechtsunsicherheit

Dennoch besteht derzeit eine enorme Rechtsunsicherheit für Influencer, da es noch keine höchst­rich­ter­li­che Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Thema Influencer-Mar­ke­ting gibt. Inflationär nutzen Influencer immer noch die Kennzeichnung „Werbung, weil Marke verlinkt“ oder „unbezahlte Werbung“, sodass der Werbebegriff mittlerweile keine Aus­sage­kraft mehr hat. Hinzu kommt, dass der Influencer mit einer solchen Kennzeichnung fälsch­li­cher­wei­se behauptet, eine Kooperation mit dem Un­ter­neh­men zu haben – was wiederum zu Abmahnungen des Un­ter­neh­mens führen kann. Transparenz und Rechtssicherheit sucht man also vergeblich. Man kann nur hof­fen, dass entweder die Gerichte oder der Gesetzgeber hier zeitnah Klarheit schaf­fen. Wer sich jedoch – mehr oder weniger – sicher ist, dass er zur Kenn­zeich­nung des eigenen Beitrags ver­pflich­tet ist, sollte auch auf die richtige Kenn­zeich­nung achten. Englische Begriffe wie „ad“ oder „sponsored by“ wurden von deutschen Gerichten als unzulässig erachtet. Folgt man den Lan­des­me­dien­an­stal­ten, sollte man auf Folgendes achten: Bei YouTube ist ein Video dann deutlich lesbar mit „Werbevideo“, „Werbung“ – ent­we­der als Dauereinblendung oder zu Beginn – zu kenn­zeich­nen, wenn das Pro­dukt die Haupt­rol­le in dem Beitrag spielt. Spielt es nur eine un­ter­ge­ord­ne­te Ne­ben­rol­le und wurde man nicht für die werbliche Anpreisung des Produkts bezahlt, reicht die Be­zeich­nung „Produktplatzierung“, „Unterstützt durch Produktplatzierung“ oder „Un­ter­stützt durch <Produktname>“. In den anderen sozialen Medien wie etwa In­sta­gram sind die Hashtags #wer­bung oder #anzeige deutlich lesbar und gleich zu Beginn des Begleittextes ausreichend.

Content legal nutzen

Die Veröffentlichung von Inhalten in sozialen Netzwerken kann zudem Urheberrechte verletzen. Das Urheberrecht spielt im Social Web insbesondere im Hinblick auf ein­ge­stell­te und verwendete Bilder, Musik und Videos eine große Rolle. Praktisch jedes Foto, Video oder Musikstück ist ur­he­ber­recht­lich geschützt. Und nur weil diese Inhalte im Internet frei zugänglich sind, bedeutet dies nicht, dass diese auch nach Be­lie­ben auf dem eigenen Account hochgeladen werden dürfen. Hierfür bedarf es in den meis­ten Fällen einer Lizenz des Rechteinhabers. Wer diesen persönlich kennt, kann ihn natürlich um eine Erlaubnis fragen – dies sollte man optimalerweise schrift­lich fest­hal­ten. Wichtig ist es dabei, sich explizit die Verwendung in den sozialen Medien er­lau­ben zu lassen. Denn diese lassen sich in den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen (AGB) sehr um­fang­reiche Nutzungsrechte an einmal hochgeladenem Content zu­si­chern. Daneben ist es auch mög­lich, fertige Bilder, Videoclips oder Musikstücke on­line über Stock-Archive einzukaufen. Dort hat man Zugang zu einer Fülle von Ma­te­ri­al zu verschiedenen Themen. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Selbst wenn man die Nutz­ungs­rech­te an diesen Fotos erwirbt, so darf man noch lange nicht frei damit ver­fah­ren. Vielmehr geben die Nutzungsbedingungen der jeweiligen Archive ganz klar vor, wie Sie das Material verwenden dürfen. Nicht jeder Inhalt darf zum Beispiel be­ar­bei­tet wer­den. Auch hier ist darauf zu achten, eine Social-Media-Lizenz zu erwerben.

Creative-Commons-Lizenz

Wer kein Geld für die Nutzung des Materials zahlen möchte, kann auch auf Inhalte zurückgreifen, die kostenfrei unter einer sogenannte Creative-Commons(CC)-Lizenz angeboten werden. Viele Fotos in der Mediathek von Wikipedia sind dort unter einer solchen Lizenz eingestellt. Doch hier sind zwei Dinge zu beachten: Zum einen sollte man sich die ­CC-Lizenz, unter der das Bild frei zur Verfügung gestellt wurde, genau anschauen und prüfen, ob etwa eine kommerzielle Verwendung oder eine Be­ar­bei­tung überhaupt erlaubt sind. Zum anderen ist es elementar wichtig, das Bild rich­tig zu betiteln. Außerdem muss daneben die konkrete Lizenz angegeben werden, und es muss auf den Lizenznamen ein Link auf den Text des passenden Li­zenz­ver­trags ge­setzt werden. Hier ist immer die Version des Lizenzvertrags gemeint, die zum Zeit­punkt der Nutzung des Bildes Gül­tig­keit hat. Ist das laut den Lizenzbedingungen er­laubt, gehört hierher auch noch die Angabe, ob man das Bild verändert hat. Das Gan­ze sieht dann am Ende zum Beispiel so aus: „Max Mus­ter­mann, zugeschnitten und skaliert durch XY, CC-BY-SA 2.0 de“ – wobei auf dem letzten Teil (CC…) der Link zum Lizenzvertrag liegt.

Fazit

All diese rechtlichen Regelungen zu beachten, mag für viele Influencer, Blogger, You­Tuber oder Let’s Player kein Leichtes sein. Dennoch sollte man sich mit den ge­nann­ten rechtlichen Themen auseinandersetzen. Nur so können teure Ab­mah­nungen ver­mieden werden.

GLOSSAR

AFFILIATE LINKS: Verlinkung auf einer Website oder in einem Social-Media-Profil auf eine externe Partnerseite; für die Vermittlung muss der Partner eine Provision zahlen.

INFLUENCER: Akteure im Social Web, die Einfluss auf eine relevante Zahl an Fans/Followern ausüben.

INFLUENCER-MARKETING: Einbezug von Influencern und deren Kanälen in die Kommunikationsaktivitäten eines Unternehmens.

LET’S PLAYER: Let´s Player demonstrieren den Verlauf eines Computerspiels per Live-Stream oder Bildschirmaufzeichnung mit begleitenden Kommentaren.

PR-SAMPLE: Beitrag oder Post über Materialien oder Produkte, die von einem Unternehmen gesponsert werden.

SnNAP: Foto oder Video, das in Snapchat (einer App zum Austausch von Videos und Bildern) im eigenen Profil eingestellt oder per Nachricht verschickt werden kann.

STORY: Storys in Instagram, Facebook oder WhatsApp bestehen aus Fotos oder Videos und sind in einem separaten Bereich für 24 Stunden öffentlich einsehbar.

Foto: Deagreez / Getty Images

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Zum Autor

CS
Christian Solmecke

Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE.
Er ist spezialisiert auf die Beratung der Internet- und IT-Branche.

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