Interprofessionelle Sozietät - 30. Oktober 2014

Privates sichern

In einer Sozietät oder Partnerschaft haftet grundsätzlich jeder Sozius oder Partner für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft, auch bei beruflichen Fehlern der anderen Professionen. Eine neue Unternehmensform kann die Lösung sein.

In einer Sozietät, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), haftet jeder Gesellschafter persönlich und unbeschränkt für alle Schulden der Gesellschaft. Im Urteil vom 10. Mai 2012 (IX ZR 125/10) hat der Bundesgerichtshof (BGH) ausdrücklich bestätigt, dass der Mandatsvertrag nicht mit den einzelnen Sozien, sondern unmittelbar mit der Sozietät zustande kommt, dass für Verbindlichkeiten aus beruflichen Fehlern eines Sozius unmittelbar die Sozietät gegenüber dem Mandanten einzustehen hat und dass für diese Verbindlichkeiten der Sozietät alle Sozien persönlich und unbeschränkt gegenüber dem Mandanten haften. Konsequent stellt der BGH in dieser Entscheidung klar, dass damit auch alle Steuerberatersozien für alle beruflichen Fehler der Anwaltssozien haften, ungeachtet der Tatsache, dass sie zur Bearbeitung des anwaltlichen Mandats gar nicht befugt waren und auch nicht in der Lage gewesen wären, die Pflichtverletzung des Rechtsanwalts und die Entstehung des Schadens zu verhindern.

Unbeschränkte Haftung

Wer als Sozius in eine bestehende Sozietät eintritt, haftet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs persönlich und unbeschränkt für alle Verbindlichkeiten der Sozietät, auch für Schäden aus Haftungsfällen, die vor seinem Eintritt in die Sozietät entstanden sind (Urteil vom 7. April 2003, II ZR 56/02, NJW 2003, 1803). Wenn sich mehrere Berufsträger zu einer zuvor noch nicht bestehenden Sozietät zusammenschließen, haftet keiner der Eintretenden für die Altverbindlichkeiten, die in der Einzelkanzlei eines anderen Sozius entstanden sind (BGH-Urteil vom 22. Januar 2004, IX ZR 65/01, NJW 2004, 836). Allerdings ist hier Vorsicht angebracht: Wenn die Gründung der Sozietät mit einer Einbringung einer oder mehrerer Einzelkanzleien verbunden wird, werden die Schulden der eingebrachten Kanzlei(en) zu Schulden der neuen Sozietät, für die dann alle Sozien persönlich haften.
Beim Austritt aus einer Sozietät haftet der ausscheidende Sozius noch für eine Frist von fünf Jahren für die bis zu seinem Ausscheiden begründeten und bis zum Ablauf dieser Frist fällig gewordenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft (§ 736 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB, i. V. m. § 160 Abs. 1 Handelsgesetzbuch, HGB). Wenn also aus einem zum Zeitpunkt des Ausscheidens bestehenden Mandat zu einem späteren Zeitpunkt ein Schaden verursacht wird, haftet der inzwischen ausgeschiedene Sozius noch für diesen Schaden.
Die Berufshaftpflichtversicherer müssten nach hergebrachtem Verständnis, das auf den Versicherungsschutz zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung (Verstoßprinzip) abstellt, nur für die Schäden einstehen, die zu einem Zeitpunkt verursacht wurden, als der Versicherungsnehmer tatsächlich schon beziehungsweise noch Sozius war. Den zusätzlichen Haftungsrisiken aus der neueren Rechtsprechung des BGH haben die Versicherer dadurch Rechnung getragen, dass sie in die aktuellen Versicherungsbedingungen auch Klauseln zur Einstandspflicht des Versicherers in diesen Fällen (Eintrittshaftung, Austrittshaftung und andere) aufgenommen haben. Es empfiehlt sich daher, den eigenen Versicherungsvertrag zu prüfen und auf die aktuellen Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) umzustellen, falls dies nicht aus Anlass anderweitiger Änderungen bereits geschehen ist.
Die Grundsätze der persönlichen Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft gelten in der Partner­schafts­ge­sell­schaft entsprechend: Auch hier haften für die Verbindlichkeiten der Partnerschaft neben dem Vermögen der Partnerschaft selbst auch die einzelnen Partner persönlich als Gesamtschuldner (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Partner­schafts­ge­sell­schafts­gesetz [PartGG]). Für Haftungsansprüche aus beruflichen Fehlern gilt dabei die Sonder-regelung des § 8 Abs. 2 PartGG (Handelndenhaftung): Wenn nur einzelne Partner mit der Bearbeitung eines Auftrags befasst waren, dann haften auch nur diese persönlich neben der Gesellschaft. Um diese Sonderregelung in Anspruch zu nehmen, muss in der Partnerschaft die Zuordnung der Mandate zu den einzelnen Partnern geregelt und dokumentiert werden. Die planlose Bearbeitung eines Mandats einmal durch diesen und einmal durchjenen Partner muss verhindert werden. Wird dies nicht eingehalten, dann haften nicht nur die Partner, die in dem betreffenden Mandat mitgearbeitet haben, sondern nun wieder sämtliche Partner persönlich, weil der als Ausnahme ausgestaltete Bereich des § 8 Abs. 2 PartGG verlassen wird und damit wieder der Grundsatz der umfassenden persönlichen Haftung aller Partner nach § 8 Abs. 1 PartGG gilt.
Seit Juli 2013 steht mit der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB) nach § 8 Abs. 4 PartGG eine Variante der Partner­schafts­ge­sell­schaft zur Verfügung, bei der die persönliche Haftung der Partner für berufliche Fehler von Partnern oder Mitarbeitern nicht mehr gegeben ist, wohl aber die persönliche Haftung der Partner für sonstige Verbindlichkeiten der Partnerschaft (etwa für Verbindlichkeiten aus Miete, Arbeitsverhältnissen, Kaufverträgen, Leasing und so weiter).
Die PartG mbB muss – als Ausgleich dafür, dass einem geschädigten Mandanten nun nicht mehr die Möglichkeit des Zugriffs auf das Privatvermögen der Partner zur Verfügung steht, – eine erheblich höhere Haftpflichtversicherung unterhalten als die Partnerschaft ohne Beschränkung der Berufshaftung (§ 8 Abs. 4 Satz 1 PartGG). Die Ausgestaltung dieser Haftpflichtversicherung ist für die einzelnen betroffenen Professionen in der jeweils für sie geltenden Berufsordnung gesetzlich geregelt.
Die Einzelregelungen für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte weichen erheblich voneinander ab: Bei Steuerberatern als Partner muss die PartG mbB eine Versicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 1.000.000,00 Euro unterhalten (§ 67 Abs. 2 Satz 1 Steuer­be­ra­tungs­gesetz [StBerG], § 52 Abs. 4 DVStB). Die Jahres­höchst­leis­tung für alle in einem Ver­siche­rungs­jahr verursachten Schäden kann auf den Betrag der Mindest­ver­siche­rungs­summe, vervielfacht mit der Zahl der Partner, begrenzt werden (Maximierung der Jahreshöchstleistung), sie muss jedoch mindestens 4.000.000,00 Euro betragen. Bei Wirtschaftsprüfern als Partner muss die PartG mbB eine Versicherung mit einer Mindestversicherungssumme von 1.000.000,00 Euro unterhalten (§ 54 Abs. 1 Wirtschaftsprüferordnung [WPO]). Die Jahreshöchstleistung darf nicht begrenzt werden (Ausschluss der Maximierung).
Bei Rechtsanwälten als Partner muss die PartG mbB eine Versicherung mit einer Mindest­ver­siche­rungs­summe von 2.500.000,00 Euro unterhalten (§ 51a Abs. 2 Satz 1 BRAO). Die Jahres­höchst­leis­tung für alle in einem Versicherungsjahr verursachten Schäden kann auf den Betrag der Mindest­ver­siche­rungs­summe, vervielfacht mit der Zahl der Partner, begrenzt werden, sie muss jedoch mindestens 10.000.000,00 Euro betragen. Für die Beteiligung von Rechtsanwälten als Partner hat der Gesetzgeber außerdem vorgeschrieben, dass die PartG mbB – ebenso wie nun auch die Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH oder AG – eine Haft­pflicht­ver­sicherung unterhalten muss, bei der auch eine wissentliche Pflichtverletzung des Berufsträgers vom Versicherungsschutz umfasst sein muss (§ 51a Abs. 1 Satz 2 Bundes­rechts­an­walts­ord­nung, BRAO, nimmt aus der Verweisung auf § 51 Abs. 3 BRAO dessen Nr. 1 aus).
Bei interprofessionellen Partnerschaften, also bei Beteiligung mehrerer unterschiedlicher Professionen, ist auch für die Berufshaftpflichtversicherung der Grundsatz zu beachten, dass in jeder Hinsicht das jeweils strengste Berufsrecht Anwendung findet. Dies bedeutet, dass eine PartG mbB, an der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte beteiligt sind, eine Ver­siche­rungs­deckung von 2.500.000,00 Euro unterhalten muss, bei der die Jahreshöchstleistung auf 10.000.000,00 Euro maximiert sein darf, wobei jedoch eine Grund-deckung von 1.000.000,00 Euro pro Schadensfall unmaximiert zur Verfügung stehen muss. Darüber hinaus muss wegen der Rechtsanwaltsbeteiligung auch die wissentliche Pflichtverletzung vom Versicherungsschutz abgedeckt sein.

Haftungsfragen bei der PartG mbB

Schließen Sie Vereinbarungen zur betragsmäßigen Haftungsbeschränkung mit den Mandanten ab.

Um entsprechend der Intention des Gesetzes bei der PartG mbB eine persönliche Haftung aller Partner – einschließlich der handelnden Partner selbst – soweit wie möglich auszuschließen, sollte in dem Part­ner­schafts­vertrag geregelt werden, dass die Gesellschaft auf Regressansprüche gegen die handelnden Partner für eine fahrlässige Pflicht­ver­letzung im Innen­ver­hält­nis verzichtet. Die Gesellschaft könnte sonst mö­glicher­weise im Einzelfall einen Regressanspruch gegen den handelnden Partner haben, und auf diesen Regressanspruch könnte der geschädigte Mandant als Gläubiger im Wege der Vollstreckung gegen die Gesellschaft zugreifen und auf diese Weise letztlich doch eine persönliche Haftung des handelnden Partners durchsetzen. Ebenso sollte im Gesellschaftsvertrag auch eine Nach­schuss­pflicht der Partner ausgeschlossen werden, die sich aus § 735 BGB ergeben könnte. Denn auch eine Nach­schuss­pflicht der Gesellschafter kann dazu führen, dass die Gesellschafter Zahlungen an die Gesellschaft erbringen müssen, die dann einem Zugriff der Ge­sell­schafts­gläubiger ausgesetzt sind.
Wenn und soweit die Partner sich dennoch Ausgleichsansprüche gegen den im Einzelfall handelnden Partner hinsichtlich solcher Schäden der Gesellschaft offenhalten wollen, die von der Haftpflichtversicherung nicht abgedeckt werden, kann dies durch Vereinbarung außerhalb des Gesellschaftsvertrages geregelt werden. Auf solche Ansprüche der Partner untereinander kann ein Gläubiger der Gesellschaft nicht zugreifen. Wenn dieser Weg gewählt wird, müssen die Partner allerdings bei jedem Eintritt eines neuen Partners stets auch dessen Beitritt zu solchen Vereinbarungen mitregeln, wenn das gewollt ist. Um bei dem Übergang von einer Sozietät oder von einer Partnerschaft nach bisherigem Recht in eine Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung auch bei bestehenden Mandaten (Altmandate) einen rechtssicheren Ausschluss der persönlichen Haftung der Partner zu erreichen, sollten die Mandanten über die Änderung der rechtlichen Verhältnisse (Haftungsbeschränkung) unterrichtet sowie das ausdrückliche Einverständnis der Mandanten eingeholt werden. Ein solches Anschreiben an die Mandanten kann durchaus auch als Akt eines Marketing der Kanzlei gestaltet werden, indem auf die nunmehr im Gesetz geregelte moderne Rechtsform und die damit verbundene höhere Haft­pflicht­ver­sicherung zugunsten der Mandanten hingewiesen wird.

Haftungsbeschränkung durch Vereinbarung

Unabhängig von dem durch die Rechtsform der PartG mbB erreichten Ausschluss der persönlichen Haftung der Partner für Schäden aus fehlerhafter Berufsausübung ist unbedingt der Abschluss von Vereinbarungen zur betragsmäßigen Haftungsbeschränkung mit den Mandanten zu empfehlen, am besten unter Verwendung Allgemeiner Auftragsbedingungen. Diese müssen rechtssicher in das Mandatsverhältnis einbezogen werden, indem das ausdrückliche schriftliche Einverständnis des Mandanten mit der Geltung dieser Auftragsbedingungen für das Mandatsverhältnis eingeholt wird. Die dabei entstehenden Fragen werden in einem eigenen Beitrag behandelt.

Zum Autor

NH
Dr. Norbert H. Hölscheidt

ist als Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in eigener Kanzlei tätig. Tätigkeitsschwerpunkt: Abwehr von Haftungsansprüchen, Beratung zur Haftungsprävention

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