Mobile Endgeräte und das Arbeitsrecht - 11. Juli 2013

Privates Diensthandy

Dürfen private Handys im Büro und dienstliche im Urlaub genutzt werden? Gesetzlich umstritten, sollte dieses Thema schon aus wirtschaftlichen Gründen klar geregelt werden.

In Deutschland gibt es inzwischen mehr Mobiltelefonverträge als Einwohner. Es ist selbstverständlich, privat und beruflich immer und vor allem überall erreichbar zu sein, sodass vielen Angestellten Diensthandys zur Verfügung gestellt werden. Verschiedene Fragen beschäftigen in diesem Zusammenhang zunehmend die Arbeitsgerichte: Dürfen Diensthandys privat genutzt werden und wenn ja, in welchem Umfang? Und darf der Arbeitgeber die Nutzung des privaten Mobiltelefons während der Arbeitszeit einschränken oder verbieten?

Private Nutzung des Diensthandys

Ob ein Diensthandy für private Zwecke genutzt werden darf und ob diese Nutzung sogar eine Kündigung rechtfertigt, hat die Arbeitsgerichte bereits mehrfach beschäftigt. So hielt das Arbeitsgericht Kassel eine fristlose Kündigung für gerechtfertigt, nachdem der Arbeitnehmer trotz Abmahnung sein Diensthandy weiterhin für Privatgespräche genutzt hatte (Az.: 5 Ca 349/05). Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen hingegen entschied 2009 für den Mitarbeiter, dem von seinem Arbeitgeber wegen exzessiver Handynutzung fristlos gekündigt worden war (Az.: 13 Sa 1166/08). In dem Urteil hielt das LAG aber zugleich den Pflichtverstoß des Arbeitnehmers fest und sah in dem privaten Gebrauch des Diensthandys prinzipiell einen ausreichenden Grund für eine fristlose Kündigung. Entscheidend für die Zurückweisung der Kündigung im konkreten Fall war der Umstand, dass der Arbeitgeber

a) in der vom Arbeitnehmer unterschriebenen Nutzungserklärung für den Gebrauch des Handys außerhalb der dienstlichen Zwecke keine klare Grenze gezogen hatte und

b) im Falle einer übermäßigen Nutzung nur mit dem Widerruf der Nutzungserlaubnis gedroht hatte.

Vor diesem Hintergrund habe der Arbeitnehmer, so das LAG, nicht mit einer fristlosen Kündigung rechnen können. Ein Arbeitnehmer ist zwar gehalten, sein Diensthandy nur in einem begrenzten Rahmen zu nutzen, der Arbeitgeber ist aber verpflichtet, klare Regeln – zeitliche und finanzielle Grenzen – durch eine Nutzungsvereinbarung zu setzen. Die technischen Möglichkeiten dazu sind heute bereits ohne weiteres vorhanden.

Handyverbot am Arbeitsplatz

Für viele Beschäftigte ist die Überraschung groß, wenn während der Arbeitszeit die Nutzung privater Mobiltelefone eingeschränkt, ja sogar verboten werden soll. Ist es tatsächlich zulässig, dass Mitarbeiter während der Arbeitszeit nicht mit ihren privaten Mobiltelefonen telefonieren, SMS versenden oder privat im Internet surfen können?
Das LAG Rheinland-Pfalz hat mit Beschluss vom 30.10.2009 (Az.: 6 TaBV 33/09) hierzu eine scheinbar restriktive Auffassung vertreten. Es führte aus, dass ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern die Nutzung privater Handys verbieten kann. Ferner, dass ein solches Verbot auch ohne Zustimmung des Betriebsrats erfolgen könne. Das Urteil hat für Verunsicherung gesorgt, da es dem Selbstverständnis der meisten Arbeitnehmer widerspricht.

Einzelfallentscheidungen

In seinem Beschluss betonte das Gericht jedoch, dass die Zulässigkeit eines Handyverbots jeweils eine Frage des Einzelfalls sei. Bei der Frage der Zulässigkeit der Handynutzung komme es insbesondere auf die arbeitsvertragliche und damit die schuldrechtliche Lage an.
Im konkreten Fall betrieb der Arbeitgeber ein Altenpflegeheim, sodass arbeitsvertraglich mit den überwiegenden Mitarbeitern die Erbringung von Pflegedienstleistungen vereinbart war. Das LAG sah es für diese Art der vereinbarten Tätigkeit als eine selbstverständliche Pflicht an, dass die betreffenden Arbeitnehmer während der Arbeitszeit von der aktiven und passiven Nutzung des Handys absehen.

Arbeits- und Ordnungsverhalten

Bei der Frage, ob das Handyverbot dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterliegt, hatte das LAG eine komplizierte Abgrenzung vorzunehmen: Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) unterscheidet zwischen mitbestimmungspflichtigem Ordnungsverhalten nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG wie etwa dem Verbot, den Betrieb während der Pausen zu verlassen oder den Erlass von Kleiderordnungen und mitbestimmungsfreiem Arbeitsverhalten.
Das Arbeitsverhalten betrifft alle Weisungen, die bei der Erbringung der Arbeitsleistung selbst zu beachten sind und durch welche die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert wird. Diese Unterscheidung zwischen Arbeits- und Ordnungsverhalten ist jedoch in der Praxis selten klar zu treffen und stellt daher für die Betriebsparteien häufig ein erhebliches Konfliktpotenzial dar.
Im konkreten Fall stellte sich das LAG auf den Standpunkt, dass es sich bei dem Handyverbot lediglich um eine unmittelbare Konkretisierung der Arbeitspflicht handele und diese daher mitbestimmungsfrei sei.

Arbeitgeber können grundsätzlich verlangen, dass die private Nutzung eines Handys am Arbeitsplatz unterlassen wird.

Arbeitnehmerinteressen beachten

Die Entscheidung macht deutlich, dass der Arbeitgeber grundsätzlich von seinen Mitarbeitern verlangen kann, die private Nutzung ihres Mobiltelefons während der Arbeitszeit zu unterlassen. Den Inhalt der Arbeitspflicht kann er in seinem Direktionsrecht konkretisieren. Allerdings muss er seine Weisungen „nach billigem Ermessen“ erteilen, so
§ 106 GewO. Seine Vorgaben dürfen also nicht willkürlich sein; er hat die Interessen des Arbeitnehmers zu beachten, wenn er Anordnungen trifft. Das LAG-Urteil zeigt aber auch, dass es bei einem Handyverbot auf die Umstände des Einzelfalls und insbesondere auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitsleistung ankommt. Ein Handyverbot in den Pausen wäre sicherlich unzulässig. Weiterhin hat der Arbeitgeber den Verhältnismäßigkeits- und den Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Er darf vergleichbare Mitarbeiter bei der Handynutzung ohne Sachgrund nicht unterschiedlich behandeln.

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

Besteht ein Betriebsrat, ist bei einem Verbot sein Mitbestimmungsrecht zu prüfen. Auch hier kommt es auf den konkreten Einzelfall und insbesondere auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Leistung an. Sollte durch das Handyverbot das Ordnungsverhalten der Mitarbeiter betroffen sein, ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu beachten.

Fazit

Aufgrund der komplexen Rechtslage sollten Arbeitgeber sorgfältig abwägen, ob für sie ein vollständiges Verbot der privaten Handynutzung am Arbeitsplatz tatsächlich sinnvoll ist. Denn es gibt immer wieder Situationen, in denen Arbeitnehmer zumindest für eine gewisse Zeit dringend für Kinder, Angehörige oder Freunde erreichbar sein müssen. Außerdem ist eine zu restriktive Handhabung der Handynutzung für die Atmosphäre am Arbeitsplatz sicherlich nicht zuträglich.

Zum Autor

Dr. Thomas Koeppen

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits­recht (LL.M.) in der Kanzlei KPN legal, Frankfurt am Main.

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