Genossenschaft - 19. Dezember 2024

Willkommene Gäste

DATEV arbeitet täglich mit 40.000 Mitgliedern, und 40.000 Mitglieder arbeiten täglich mit DATEV. Ein neues Programm bringt DATEV- und Kanzleimitarbeiter nun noch näher zusammen.

Die Sache mit dem Schäufele begann mit einer Portion Unmut über den DATEV Logistikauftrag online und die dortigen Mandantenüberträge. Die funktionierten nicht so, wie Nadim Bhatti, Geschäftsführer bei bhatti.pro, einer großen Steuerberatungsgesellschaft aus Kiel, sich das vorstellte. Einige andere Mitglieder teilten Bhattis Kritik. Seinen Unmut äußerte er zunächst über die DATEV-Community und später in einem Kundeneinbezug, an dem auch Florian Stelter beteiligt war. Florian Stelter arbeitet bei DATEV im Service, und dort im Logistik-Center, das unter anderem Datenüberträge bearbeitet. Die Funktionen der Mandantenüberträge wurden seitens DATEV im Rahmen dieses konstruktiven Austauschs mit Nadim Bhatti angepasst, erweitert und zur Zufriedenheit der Anwender verbessert – und aus dem ursprünglichen Unmut entstand eine Einladung von Nadim Bhatti an Florian Stelter: Der DATEV-Mitarbeiter aus Nürnberg könne die Kanzlei in Kiel besuchen.
Wenige Wochen später saß Florian Stelter im Zug Richtung Ostsee. „Im Service telefoniere ich täglich mit vielen Kanzleien. Zu Besuch war ich aber noch nie in einer. Für mich waren die Themen Mandatsanbahnung, die Verarbeitung digitaler Belege in der Buchhaltung und der Import von Daten wichtig. Auch die Prozesse der Lohnabrechnung wollte ich unbedingt sehen“, blickt Florian Stelter zurück.

„Ein totales Erfolgserlebnis“

In der Kanzlei durchlief Stelter während des viertägigen Besuchs mehrere Stationen – im Rechnungswesen, im Lohn, aber auch am Empfang, „um mitzubekommen, wie die Eingangspost verarbeitet und digitalisiert, aber auch wie telefoniert wird“, wie Florian Stelter erklärt. „Ich konnte mit vielen Kanzleimitarbeitern sprechen, über ihren Werdegang, über Kanzleiprozesse, über die Nutzung unserer DATEV-Lösungen. Besonders überrascht war ich, dass die Unzufriedenheit mit unseren Anwendungen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht so groß war, wie man vermuten könnte, wenn man in die DATEV-Community schaut. Wir im Service hören immer nur die Probleme und kriegen nicht die Anwender mit, die zufrieden mit DATEV sind. Die Zeit in Kiel war ein totales Erfolgserlebnis“, bilanziert Florian Stelter.
Der Besuch des Service-Mitarbeiters war kein Einzelfall. Derartige Besuche sind bei DATEV mit dem neuen Programm „Kanzleibesuch“ institutionalisiert. Sowohl DATEV-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter als auch Kanzleien können sich für die Teilnahme an dem Programm bewerben. „Unser Wunsch ist, dass das gegenseitige Verständnis füreinander wächst, dass unsere Mitarbeiter mit denen aus den Kanzleien ins Gespräch kommen und besser verstehen, wie die jeweils andere Seite arbeitet“, formuliert Sina Eck, die das Programm ins Leben gerufen hat, die Zielsetzung der Kanzleibesuche. Derzeit können zehn DATEV-Mitarbeiter pro Monat Kanzleien besuchen. Deren Aufwand hält sich dabei in Grenzen. „Als Kanzlei sollte man einen Ansprechpartner benennen, der sich um den zwei bis fünftägigen Kanzleibesuch kümmert, diesen organisiert und an den sich der DATEV-Mitarbeiter wenden kann. Die Mitarbeiter sollten möglichst viele Bereiche der Kanzlei und damit mehrere Kanzleiangestellte kennenlernen. Dieses Vorgehen verteilt den zeitlichen Aufwand in den Kanzleien auf mehrere Schultern“, so Sina Eck. Registrieren können sich Kanzleien über die Webseite go.datev.de/kanzleibesuch.

Der Unterschied zwischen analog und digital

Wenige Wochen nach Florian Stelter machte sich auch Josefin Weinert auf den Weg in die Kanzlei von Nadim Bhatti. Sie ist bei DATEV Scrum Master im AI Office, das sich mit Einsatzszenarien künstlicher Intelligenz in DATEV-Software beschäftigt. „Ich wurde in der Kanzlei sehr herzlich aufgenommen. Nadim hat mir zunächst die Kanzleiräume gezeigt. Beeindruckt hat mich dabei vor allem die Trennung zwischen Mandantenbereich und Arbeitsbereich, ein spannendes Konzept“, so Josefin Weinert und ergänzt: „Überrascht war ich davon, wie sehr die Kanzleiprozesse von den Mandanten abhängen. Die Kanzlei arbeitet sehr digital, hat aber noch ein paar Mandanten, die Papierbelege nutzen. Zu sehen, welchen erhöhten Zeitaufwand die Bearbeitung analoger Belege für die Angestellten mit sich bringt, hat mich erstaunt.“
Die Besuche von DATEV-Mitarbeitern in den Kanzleien helfen aber nicht nur für mehr Verständnis seitens DATEV für Kanzleiprozesse. Auch die Kanzleien profitieren von dem gegenseitigen Austausch. Nadim Bhatti hat dafür ein konkretes Beispiel aus dem Kanzleibesuch von Josefin Weinert: „Sie hat kritisch auf unsere Prozesse geschaut, beispielsweise auf unser Ticketsystem. Das System nutzen wir für unsere Workflows. Josefin ist aufgefallen, dass ich zu vielen Tickets, die von unseren Mitarbeitern erstellt werden, noch telefonisch Rückfragen stellen muss, weil die Tickets nicht eindeutig formuliert sind oder Infos fehlen. Das frisst Zeit. Mir ist das gar nicht so bewusst gewesen. Der Blick von außen hat da sehr geholfen, sodass wir nun Standards für Tickets erlassen, um künftig zeitraubende Nachfragen zu vermeiden.“

Die Sache mit dem Schäufele

Bleibt noch die Frage nach diesem ominösen Schäufele, von dem hier eingangs die Rede war. Um die interkulturelle Völkerverständigung zwischen Mittelfranken, wo DATEV den Sitz hat, und dem Rest der Republik zu stärken, folgt zunächst die Aufklärung, dass es sich bei Schäufele um eine Art fränkisches Nationalgericht handelt, um das Fleisch der Schweineschulter, inklusive Knochen und Kruste. Wer Nürnberg besucht und kein original fränkisches Schäufele isst, hat Nürnberg nicht kennengelernt. So gesehen war Nadim Bhatti nie in Nürnberg. Bei seinem dreitägigen Gegenbesuch verweigerte sich Nadim Bhatti trotz mehrfacher Restaurantbesuche dem Schäufele und blieb lieber beim zweiten Nürnberger Stadtheiligtum, den bekannten Rostbratwürsten.
Davon abgesehen hat sein Aufenthalt in Nürnberg Nadim Bhattis Blick auf DATEV erweitert. „Ich durfte im Service zuhören und war erschrocken, wie schräg und banal manche Anfragen sind, die bei DATEV eingehen. Wenn man so etwas hautnah miterlebt, stärkt diese Erfahrung das Verständnis für längere Antwortzeiten beim Service“, so Nadim Bhatti. „Mir wurde zudem ein Einblick in die RPA-Prozesse im Service gewährt, also in die Robotic Process Automation. Das fand ich sehr spannend. Außerdem konnte ich zwei Geschäftsleitungsmitglieder und einen Vorstand kennenlernen und war überrascht von der Nahbarkeit zu diesen Personen.“
Auch wenn die Kanzleibesuche primär darauf ausgerichtet sind, dass DATEV-Mitarbeiter Kanzleien besuchen, und Gegenbesuche eher die Ausnahme bleiben werden, zieht Nadim Bhatti ein positives Fazit der gegenseitigen Besuche: „Dieses Programm lohnt sich für Kanzleien, weil es ungemein hilft, wechselseitiges Verständnis zu gewinnen. Wir Kanzleien meckern schnell, was ich auch gut nachempfinden kann. Aber es ist leicht, zu meckern, wenn man nicht weiß, wie es auf der anderen Seite aussieht. Außerdem hat man als Kanzlei dank dieses Programms die Möglichkeit, Impulse nach Nürnberg mitzugeben, man bekommt einen direkteren Kontakt in DATEV hinein und kann Dinge mal auf dem kurzen Dienstweg klären.“ Die Kanzlei bhatti.pro kann sich deshalb vorstellen, künftig zwei- bis dreimal pro Jahr DATEV-Mitarbeiter aus Nürnberg nach Kiel einzuladen. Und wenn wieder mal ein Gegenbesuch ansteht, wartet schon ein frisches Schäufele auf hungrige Gäste.

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finden Sie unter go.datev.de/kanzleibesuch

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TG
Thomas Günther

Redaktion DATEV magazin

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