Renten- und Lebensversicherungen sind häufig auch Streitpunkt erbrechtlicher Angelegenheiten. Wie die aktuelle Rechtsprechung zeigt, kommt es darauf an, die Regelungen zu den Bezugsberechtigten gewissenhaft zu treffen.
Fünf Urteile aus der jüngeren Vergangenheit zum Bezugsrecht aus Versicherungsverträgen machen deutlich, dass es beim Tod der Versicherungsnehmerin oder des Versicherungsnehmers häufig zu Streitigkeiten zwischen den Erben und dem Bezugsberechtigten aus den Verträgen kommt. Daher sollte vor Abschluss eines derartigen Versicherungsvertrags, spätestens aber noch zu Lebzeiten, auf eindeutige Formulierungen geachtet werden.
Wettlauf um die Rentenversicherung
Ein Mann hatte gegenüber seiner Versicherung angegeben, dass die nach seinem Tod fällige Riester-Rentenversicherung in Höhe von rund 11.500 Euro nicht an seine Erben, sondern an eine Bekannte ausgezahlt werden sollte. Das hatte er seiner Bekannten aber weder erzählt noch hatte er einen notariellen Schenkungsvertrag aufsetzen lassen. Damit, so das Landgericht (LG) Frankenthal, habe lediglich ein Schenkungsangebot des Manns vorgelegen. Dieses hätten die Erben wirksam widerrufen, weil die Versicherung das Schenkungsangebot zu diesem Zeitpunkt noch nicht an die Bekannte übermittelt habe. Die Bekannte des Manns ging letztlich leer aus. Da sie von der geplanten Zuwendung zu Lebzeiten des Manns nichts erfahren hatte, konnte ein Schenkungsvertrag allenfalls noch nach seinem Tod zustande gekommen sein, befand das Gericht. In dem Auftrag des Erblassers an die Versicherung, im Todesfall die Leistung an seine Bekannte auszuzahlen, liege in solchen Fällen gleichzeitig auch der Auftrag an den Versicherer, das Schenkungsangebot an die Beschenkte zu übermitteln. Diese müsse es dann nur noch annehmen. Der Haken dabei: Bis zur Überbringung des Schenkungsangebots kann dieses von den Erben noch widerrufen werden. Das war im konkreten Fall auch geschehen. Damit scheiterte die Schenkung. Deshalb hatte die Frau keinen Rechtsgrund mehr, das Geld behalten zu dürfen, und musste es den klagenden Erben überlassen [LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 12.10.2022, Az. 8 O 165/22].
Lebensgefährtin muss Bank den Vorzug lassen
Der in einer Risikolebensversicherung ausgewiesene Bezugsberechtigte hat erst nach Rückzahlung aller Verbindlichkeiten Anspruch auf die Todesfallleistung. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer betroffenen Lebensgefährtin entschieden. Deren Freund hatte sie als Bezugsberechtigte in die Versicherungspolice eintragen lassen. Später hatte er seine Rechte aus der Lebensversicherung zur Absicherung des Kontokorrentkredits einer GmbH & Co. KG an eine Sparkasse abgetreten und hierbei die Einsetzung der Lebensgefährtin widerrufen, soweit sie den Rechten der Sparkasse entgegenstand. Als er starb, hinterließ er Schulden in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro. Deshalb verwertete die Sparkasse die Lebensversicherung, die allerdings nur einen Wert von rund 380.000 Euro hatte. Dennoch forderte die Lebensgefährtin des Verstorbenen die Versicherungssumme von der Sparkasse heraus. Vergeblich, wie der BGH entschied. Das höchste deutsche Zivilgericht begründete dies damit, dass die Sicherungsabtretung nicht zum vollständigen Widerruf einer zuvor widerruflich getroffenen Bezugsrechtsbestimmung führe, sondern lediglich zu einer Rückstufung der Bezugsrechtsbestimmung im Rang hinter die Sicherungsabtretung. Im zugrunde liegenden Fall ging es allerdings nicht um eigene Schulden des verstorbenen Versicherungsnehmers, sondern um Schulden einer GmbH & Co. KG. Auch in diesem Fall soll aber der Gläubiger der Drittschuld nach Ansicht der Karlsruher Richter die Versicherungsleistung nach dem Todeszeitpunkt zunächst als Sicherheit behalten. Erst wenn die Sicherheit – etwa nach Rückzahlung der Verbindlichkeit – frei wird oder die Sicherheit verwertet werden muss und ein Verwertungsüberschuss verbleibt, steht die verbleibende Todesfallleistung dem Bezugsberechtigten zu. Im vorliegenden Fall war das nicht gegeben, weil die Bank auch nach Verwertung der Versicherungsleistung auf über einer Million Euro Verbindlichkeiten sitzen geblieben war (BGH-Urteil vom 27.10.2010, Az. IV ZR 22/09).
Der Versicherungsschein ist entscheidend

Der Versicherungsschein beweist nach einer Entscheidung des LG Coburg den gesamten Inhalt des Versicherungsvertrags. Beruft sich die Versicherung auf separate Abreden in Begleitschreiben, hat sie das Nachsehen. In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Tante des Klägers bei dem später verklagten Versicherungsunternehmen zwei Rentenversicherungen abgeschlossen und dabei Beträge von mehreren 10.000 Euro als Einmalbeträge eingezahlt. Es war vereinbart, dass im Falle des Tods die eingezahlten Beträge abzüglich ausgezahlter Altersrenten zurückerstattet werden. Die Tante verstarb, nachdem sie durch Testament ihren Neffen – den Kläger – als Alleinerben eingesetzt hatte. Dieser war der Auffassung, dass er als Alleinerbe die Restbeträge aus den Lebensversicherungen in Höhe von etwa 42.000 beziehungsweise 17.000 Euro erhalten müsse. Die Versicherung meinte dagegen, dass mit den Versicherungsurkunden an die Tante Begleitschreiben versendet worden seien. In diesen hätte gestanden, dass nach dem Tod der Tante die gesetzlichen Erben die Restbeträge erhalten sollten. Der Kläger sei nicht der gesetzliche Erbe, sondern durch Testament eingesetzt. Das LG Coburg gab der Klage des Neffen statt. Dieser sei als Erbe der verstorbenen Tante bezugsberechtigt. Es konnte nicht geklärt werden, ob die Regelung in den Begleitschreiben tatsächlich zwischen der Tante und der Versicherung vereinbart worden war. In den Versicherungsscheinen fanden sich keine Angaben zur Bezugsberechtigung im Fall des Tods. Der Versicherungsschein als Urkunde trägt aber die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit in sich. Der gesamte Inhalt des Versicherungsvertrags muss sich aus dem Versicherungsschein ergeben, betonten die Coburger Richter. Dort war im entschiedenen Fall die Frage der Bezugsberechtigung für den Tod nicht geregelt, sodass es bei der gesetzlichen Regelung verbleibt, dass der Erbe anstelle des Erblassers eintritt. Da das Versicherungsunternehmen nicht beweisen konnte, dass die Regelung in den Begleitschreiben vereinbart wurde, konnte der Neffe die Beträge fordern. Ergänzend führte das LG Coburg auch aus, dass selbst wenn die Regelung in den Begleitschreiben vereinbart worden wäre, diese so auszulegen wäre, dass in jedem Fall der Erbe Bezugsberechtigter werden muss. Es ergebe aus Sicht eines Versicherungsnehmers wenig Sinn, wenn abweichend von der von ihm beabsichtigten Erbfolge Dritte wesentliche Vermögensbestandteile erhalten würden (LG Coburg, Urteil vom 15.04.2014, Az. 22 O 598/13).
Aktuelle Gattin siegt gegen Exgattin
Wer in einer Lebens- oder Rentenversicherung keine konkrete Person als Bezugsberechtigten angibt, sondern nur abstrakt „Ehegatte der versicherten Person“ eintragen lässt, provoziert damit nach seinem Tod einen handfesten Streit zwischen aktueller und ehemaliger Ehepartnerin. In einem vom LG Coburg entschiedenen Fall hatte der Ehemann noch vor der ersten Hochzeit genau diese Formulierung in dem Versicherungsvertrag gewählt. Nachdem die erste Ehe in die Brüche gegangen war, heiratete er ein zweites Mal. Nach seinem Ableben stritten die Ehefrauen eins und zwei um die Rentenversicherungssumme in Höhe von rund 6.500 Euro. Das Gericht schlug sich dabei auf die Seite der zweiten Ehefrau, mit welcher der Versicherungsnehmer bis zu seinem Tod verheiratet war. Das LG Coburg hat dabei die Richtlinien der Versicherung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH ausgelegt. Ist die versicherte Person zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses verheiratet, so ist davon auszugehen, dass dieser Ehegatte bezugsberechtigt sein soll. Dies gilt auch dann, wenn zum Zeitpunkt des Tods der versicherten Person die Ehe möglicherweise nicht mehr besteht. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass mit „Ehefrau“ eine konkrete Person bezeichnet ist. Im vorliegenden Fall verhielt es sich jedoch anders. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags war der Mann nicht verheiratet. Daher war nach Auffassung des LG Coburg davon auszugehen, dass sich die Bezeichnung „Ehegatte“ nicht auf eine konkrete Person bezog. Folglich könne dies nur zu dem Ergebnis führen, dass der jeweilige Ehepartner als Bezugsberechtigter gemeint sein soll. Das Gericht wies darauf hin, dass es der Verstorbene auch in der Hand gehabt hätte, die Regelung zur Bezugsberechtigung so zu gestalten, dass nach seinem Ableben die erste Ehefrau die Lebensversicherung erhält. Da eine solche Regelung nicht getroffen wurde, spreche dies eher dafür, dass der zweimal Verheiratete seine jeweilige Ehefrau als Bezugsberechtigte sehen wollte (LG Coburg, Urteil vom 26.05.2010, Az. 11 O 781/09).
Aktueller Ehegatte geht leer aus
Wer eine Rentenversicherung abschließt und für den Todesfall als Bezugsberechtigten „Ehegatte der versicherten Person“ einträgt, muss daran denken, dies gegebenenfalls bei einer Scheidung und Wiederheirat zu ändern. Das geht aus einem vom BGH entschiedenen Fall hervor. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zwischen der Versicherung und der verstorbenen Ehefrau (1979) war diese in erster Ehe mit einem anderen Mann verheiratet. Für die bei Tod fällige Beitragsrückgewähr war in dem Versicherungsantrag als Bezugsberechtigter der Ehegatte der versicherten Person angegeben. Die erste Ehe der verstorbenen Ehefrau des Klägers wurde 1985 geschieden. Von 1993 bis zu ihrem Tod 1994 war sie mit dem Kläger verheiratet. Nach dem Tod der Ehefrau des Klägers zahlte die Beklagte an den Mann aus erster Ehe Versicherungsleistungen in Höhe von 6.255,02 Euro aus, die der zweite Ehemann gerichtlich einklagte. Vergebens! Nach Ansicht der Karlsruher Richter wurde vorliegend der zum Zeitpunkt der Erklärung 1979 in bestehender Ehe lebende Partner der Versicherungsnehmerin, also derjenige aus der ersten, geschiedenen Ehe, begünstigt. Diese Erklärung werde bei einer etwaigen Scheidung der Ehe nicht automatisch unwirksam, betonte das Gericht. Für eine wirksame Änderung der ursprünglichen Bezugsberechtigung zugunsten des Klägers als neuer Ehemann wäre eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Versicherer erforderlich gewesen, die aber nicht erfolgte (BGH-Urteil vom 14.02.2007, Az. IV ZR 150/05).