Flüchtlinge aus der Ukraine - 22. April 2022

Schnell und pragmatisch helfen

Die betroffenen Menschen des Krieges in der Ukraine, die nach Deutschland fliehen, können hier rechtssicher in den Arbeitsmarkt integriert werden. Dafür hat der nationale Gesetzgeber gesorgt.

Flüchtlinge, die aus der Ukraine einreisen und rechtmäßig auf Dauer oder für längere Zeit in Deutschland leben, sollen möglichst schnell in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden. Die einzelnen Integrationsfelder bieten bereits ein angelegtes Grundangebot – von der Sprachförderung bis zur beruflichen Eingliederung. Für die Integration von Flüchtlingen kommt der Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt ein hoher Stellenwert zu. Der nachfolgende Beitrag soll Arbeitgebern einen Überblick verschaffen.

Aufenthaltsrecht und Arbeitserlaubnis

Das Bundesministerium hat am 7. März 2022 die Verordnung zur vorübergehenden Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels von anlässlich des Krieges eingereisten Personen (Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung, kurz: UkraineAufenthÜV) erlassen. Die am 8. März 2022 in Kraft getretene Verordnung regelt zunächst rückwirkend für den Zeitraum ab dem 24. Februar 2022 bis einschließlich zum 23. Mai 2022 den freien Aufenthalt von Flüchtlingen aus der Ukraine in Deutschland. Um rechtmäßig nach Deutschland einzureisen und sich in Deutschland aufzuhalten, benötigen die in § 2 UkraineAufenthÜV genannten Personengruppen keinen Aufenthaltstitel in Form eines Visums oder einer Aufenthaltserlaubnis. Betroffen sind Ausländer, die sich am 24. Februar 2022 in der Ukraine aufgehalten haben und bis zum 23. Mai 2022 nach Deutschland eingereist sind, ohne den für einen langfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlichen Aufenthaltstitel zu besitzen. Weiter gilt die Regelung für ukrainische Staatsangehörige, die am 24. Februar 2022 einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Ukraine hatten, aber die sich zu diesem Zeitpunkt vorübergehend nicht in der Ukraine aufgehalten haben und die bis zum 23. Mai 2022 nach Deutschland eingereist sind, ohne den für einen langfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlichen Aufenthaltstitel zu besitzen. Erfasst werden auch in der Ukraine anerkannte Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und Personen, die in der Ukraine international oder gleichwertigen nationalen Schutz genießen. Schließlich sind betroffen die ukrainischen Staatsangehörigen, die sich am 24. Februar 2022 bereits rechtmäßig in Deutschland aufgehalten haben, ohne den für einen langfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlichen Aufenthaltstitel zu besitzen. Die Arbeitgeber müssen berücksichtigen, dass die Aufnahme eine Erwerbstätigkeit ohne Aufenthaltserlaubnis in Deutschland nicht erlaubt ist, § 4a Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Beantragung eines Aufenthaltstitels

Mit Inkrafttreten des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/382 des Rates vom 4. März 2022 zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes ist § 24 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) anwendbar. Ein Aufenthaltstitel kann bis zum 23. Mai 2022 von den voranstehend genannten Personengruppen in Deutschland beantragt werden (§ 3 UkraineAufenthÜV). Der Antrag auf die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz muss bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde gestellt werden. Die örtlich zuständige Ausländerbehörde richtet sich grundsätzlich nach dem Wohnort der Geflüchteten in Deutschland. Sofern noch kein fester Wohnsitz besteht, ist auf Seite 7 im Rundschreiben des Bundesministeriums des Inneren (BMI) vom 14. März 2022 hervorgehoben worden, dass die Ausländerbehörde des vorübergehenden Aufenthaltsorts zuständig ist. Antragsteller erhalten zunächst eine Fiktionsbescheinigung gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5a AufenthG in Verbindung mit Seite 9 des BMI-Rundschreibens. Einige Zeit später wird den Antragstellern dann die längerfristige Aufenthaltserlaubnis erteilt. Die Fiktionsbescheinigung und auch die längerfristige Aufenthaltserlaubnis berechtigen nicht nur zum rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland, sondern darüber hinaus erhalten die Flüchtlinge dadurch Zugang zum Arbeitsmarkt gemäß § 24 Abs. 6 AufenthG, § 31 der Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern (BeschV) in Verbindung mit Satz 9, 11 bis 12 des BMI-Rundschreibens.

Die Fiktionsbescheinigung wird den Eintrag „Erwerbstätigkeit erlaubt“ oder „Erwerbstätigkeit gestattet“ enthalten, sodass Flüchtlinge dann abhängig beschäftigt oder selbstständig in Deutschland arbeiten dürfen, § 4a AufenthG. Bereits die Fiktionsbescheinigung mit dem entsprechenden Eintrag, der die Erwerbstätigkeit erlaubt beziehungsweise gestattet, ermöglicht es den Arbeitgebern, Flüchtlinge aus der Ukraine zu beschäftigen. Nach § 4a Abs. 5 AufenthG ist für den Arbeitgeber zudem zwingend, dass er für die Dauer der Beschäftigung eine Kopie der Fiktionsbescheinigung mit dem Eintrag, der die Erwerbstätigkeit erlaubt, aufbewahrt.

Arbeitsrechtliche Vorgaben und Bußgelder

Anderenfalls droht dem Arbeitgeber ein Bußgeld durch einen Verstoß gegen § 404 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs (SGB) III, denn die Beschäftigung eines Nicht-EU-Staatsangehörigen ohne Arbeitserlaubnis oder Aufenthaltstitel ist nach dem AufenthaltsG verboten. Für die Flüchtlinge selbst besteht nach dem Erhalt der Aufenthaltserlaubnis auch noch die Möglichkeit, die Art des Aufenthaltstitels zu wechseln. Beispielsweise kann die Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz auch noch durch einen entsprechenden Antrag zu einem Aufenthaltstitel in Form der „Blauen Karte EU“ ausgestellt werden, sofern hierfür die entsprechenden weiteren Voraussetzungen vorliegen. Wird im Arbeitsvertrag die Anwendung deutschen Rechts vereinbart, so gelten auch die arbeitsrechtlichen Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland. Dies gilt insbesondere auch mit Blick auf die Vorschriften zum Mindestlohn und auch hinsichtlich der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen, denn die Anwendung ist hier allein von der Arbeitnehmereigenschaft abhängig. Es ergeben sich hier keine Besonderheiten für ukrainische Flüchtlinge, die eine Erwerbstätigkeit aufnehmen.

Sozialversicherung und Steuern

Die Flüchtlinge aus der Ukraine müssen sowohl die Sozialversicherungsnummer als auch die Steuer-ID beantragen. Grundsätzlich erhalten die Flüchtlinge mit der Meldung bei der zuständigen Gemeinde die Steuer-ID. Sobald die Flüchtlinge ihren Wohnsitz bei der zuständigen Gemeinde melden, wird automatisch eine Steuer-ID erteilt. Sofern noch kein fester Wohnsitz besteht, bleibt zunächst die beschränkte Steuerpflicht. Im Anschluss erfolgt eine Weiterleitung an das zuständige Finanzamt, das dann eine Steuer-ID erteilt. Mit Blick auf die Sozialversicherung gelten für Flüchtlinge aus der Ukraine ebenfalls keine Besonderheiten. Vielmehr gelten die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, die sonst auch bei anderen Beschäftigten Anwendung finden. Für die Flüchtlinge bedeutet dies unter anderem auch, dass die Wahl der Krankenkasse eigenständig erfolgen kann.

Integration und Sprachkurse

Durch die Fiktionsbescheinigung beziehungsweise die im Anschluss erteilte Aufenthaltserlaubnis haben Flüchtlinge aus der Ukraine einen Anspruch auf Teilnahme an Integrationskursen sowie auch zu Berufssprachkursen ab dem Zielsprachniveau B2. Die Integrationskurse werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) angeboten und von entsprechenden Trägern durchgeführt. Für den Arbeitgeber bietet das bundesweite Förderprogramm Integration durch Qualifizierung (IQ) Praxistipps und Hilfestellungen hinsichtlich der Organisation der Sprachkurse für ihre Mitarbeiter. Die Hilfestellungen reichen von der Auswahl der Sprachangebote mit Blick auf die Kommunikation mit den neuen Mitarbeitern im Unternehmen bis hin zur Sprachförderung innerhalb des Betriebsalltags. Unter anderem werden Sprachmentoren oder auch Sprachpaten eingesetzt. Diesbezüglich enthält die Internetseite www.deutsch-am-arbeitsplatz.de  weitere Informationen für Arbeitgeber.

Anerkennung von Berufsqualifikationen

Flüchtlinge, die eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein Studium im Ausland erfolgreich absolviert haben, können ihre Qualifikation auf dem deutschen Arbeitsmarkt nur verwenden, wenn sie diese in Deutschland anerkennen lassen. Grundlage für die Anerkennung der bundesrechtlichen Berufe ist das Gesetz zur Verbesserung der Festlegung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen (BQFG). Für landesrechtlich geregelte Berufe gelten entsprechende Anerkennungsgesetze der Länder. Ob eine Anerkennung der ausländischen beruflichen Qualifikation überhaupt erforderlich ist, richtet sich zunächst danach, ob es sich um einen reglementierten oder einen nicht-reglementierten Beruf handelt. Reglementierte Berufe sind solche, bei denen der Zugang und die Ausübung an den Nachweis einer bestimmten Qualifikation gebunden sind, wie etwa der Beruf des Arztes. An dieser Stelle erlauben wir uns den Hinweis darauf, dass Beschäftigte im Bereich des Gesundheitswesens, also solche, die zum Beispiel in Krankenhäusern, Arztpraxen oder Tageskliniken arbeiten, nach § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG) seit dem 15. März 2022 einen Immunitätsnachweis gegen COVID-19 führen müssen, also genesen oder geimpft sein müssen. Die Impflicht gilt natürlich auch für Flüchtlinge aus der Ukraine. Bestehen im Rahmen des Anerkennungsverfahrens keine wesentlichen Unterschiede zu einer entsprechenden inländischen Qualifikation, ergeht ein sogenannter Gleichwertigkeitsbescheid. Mit Blick auf den Nachweis der Qualifikation erhalten die Antragsteller mit dem Gleichwertigkeitsbescheid ein offizielles und rechtssicheres Dokument, das die Gleichwertigkeit der ausländischen Qualifikation mit der entsprechenden deutschen Referenzqualifikation bestätigt. Im Gegensatz dazu ist eine Anerkennung bei nicht reglementierten Berufen, also solchen, die unter anderem im dualen System ausgebildet werden, nicht notwendig. Eine Anerkennung ist für die Flüchtlinge allerdings empfehlenswert, da sie bei Bewerbungen oder Gehaltsverhandlungen hilfreich sein kann und ganz grundsätzlich die Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöht.

Suche nach Beschäftigten

Für Arbeitgeber existieren mittlerweile viele Anbieter und Portale, die sich darauf spezialisiert haben, ukrainische Flüchtlinge zu vermitteln. Zudem können die Internetseiten der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeber (BDA) und des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) eine erste Anlaufstelle für weitere Informationen sein. Das Jobportal „Jobmine.App“ (www.jobmine.app.de) bietet die Möglichkeit, Stellenanzeigen in den Branchen Gastronomie, Hotellerie, Handwerk, Logistik und Handel zu schalten. Auch das Portal „Job Aid for Ukrainian Refugees“ (www.jobaidukraine.com) bietet die Möglichkeit, Stellenanzeigen zu veröffentlichen. Zudem stellt auch die Bundesagentur für Arbeit eine wichtige Vermittlungsquelle dar, die auch den Geflüchteten aus der Ukraine als wichtiger Ansprechpartner für die Jobvermittlung zur Verfügung steht.

Merkblatt „Beschäftigung von Flüchtlingen aus der Ukraine“

  • Enthält Informationen zur Einstellung von ukrainischen Flüchtlingen
  • Geeignet als Info für die Kanzleien und zur Weitergabe an Mandanten
  • LEXinform 0411625

   Elektronische Bereitstellung in „Verlagsmedien comfort“ und „Mandanten-Info comfort“

Mehr dazu

Online-SeminarBeschäftigung von Flüchtlingen – Schwerpunkt: Geflüchtete aus der Ukraine“  

DATEV-Fachbuch „Die Beschäftigung von Flüchtlingen und Asylbewerbern, 2. Auflage“

Mandanten-Info-Broschüre Beschäftigung von Flüchtlingen aus der Ukraine

Zu den Autoren

ME
Manfred Ehlers

Fachanwalt für Arbeits- und für Steuerrecht sowie Partner in der Dortmunder Wirtschaftskanzlei Spieker & Jaeger

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DW
Daniel Wolgast

Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie Partner in der Dortmunder Wirtschaftskanzlei Spieker & Jaeger

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KK
Katharina Kuschefski, LL.M.

Rechtsanwältin in der Dortmunder Wirtschaftskanzlei Spieker & Jaeger sowie Lehrbeauftragte an der University of Europe for Applied Sciences

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