Gesellschaftsanteile - 20. Dezember 2019

Richtig bewerten!

Scheidet ein Gesellschafter aus dem Unternehmen aus, kommt es zu einer Übertragung seiner Anteile. Diese müssen rechtskonform bewertet werden, um gegebenenfalls neuen Streit zu vermeiden.

Während in älteren Verfahren noch der Verweis auf das Stuttgarter Verfahren zu finden ist – eine Methode zur Bewertung von Gesellschaftsanteilen in Form einer Mischung aus Substanz- und Ertragswert im Rahmen von Erbschaft- und Schenkungsteuerverfahren – ist dieser Ansatz zwischenzeitlich überholt. Im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht greift zwischenzeitlich das Bewertungsgesetz, das an das vereinfachte Ertragswertverfahren anknüpft. Zu angemessenen Werten wird man regelmäßig bei einem in die Zukunft gerichteten Ertragswertverfahren kommen, bei dem die zukünftig aus der Gesellschaft erwirtschaftbaren Erträge nach Steuern abgezinst auf den Ausscheidenszeitpunkt den angemessenen Wert ergeben.

Bewertungskriterien

Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat in seinen Richtlinien hierzu (IDW S 1) Bewertungskriterien festgelegt, wie diese bemessen werden sollen. Wesentliche Grundlage hierfür ist eine in die Zukunft gerichtete Umsatz- und Ertragsplanung der Geschäftsführung, die detailliert für die nächsten drei bis fünf Jahre für jedes Geschäftsjahr vorliegen sollte, danach wird es für die Zukunft einfach fortgeschrieben. Von entscheidender Bedeutung ist die Abzinsung der daraus erzielten Werte, die sich grundsätzlich nach dem risikolosen Zins für eine Alternativanlage richten. Über viele Jahre war das die Verzinsung der Bundesbank. Aufgrund der doch sehr speziellen Zinslandschaft ist der risikolose Zins sehr niedrig, was bereits per se zu erheblichen Werten bei der Unternehmensbewertung führen kann. Regelmäßig wird zum risikolosen Zins noch ein Risikoaufschlag gewählt, der branchenabhängig ist. Hintergrund ist, dass die Investition des Gelds in das konkrete Unternehmen immer risikoreicher sein wird als die Investition in entsprechende festverzinsliche Bundesanleihen. Nachteil der entsprechenden IDW-S-1-Bewertungsmethode ist der erhebliche Bewertungsaufwand. Kleinere und mittlere Unternehmen fragen zunehmend nach vereinfachten Bewertungsmaßstäben. Bei allem Verständnis für den Wunsch nach Vereinfachung darf jedoch nicht übersehen werden, dass von den Grundsätzen des in die Zukunft gerichteten Ertrags nicht zu sehr abgewichen wird, da ansonsten die Unwirksamkeit droht. Grenzen werden hier die Sittenwidrigkeiten nach § 138 BGB beziehungsweise die unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB sein. Sinnvoll kann es durchaus sein, unterschiedliche Abfindungshöhen festzulegen. Grenzen sind hier von der Rechtsprechung teilweise durch Angemessenheit gesetzt. So ist ein Abschmelzen auf 50 Prozent des errechneten Werts über 15 Jahre unverzinst bereits vom Bundesgerichtshof (BGH) als unzulässig erachtet worden. Zulässig sind jedoch eine angemessene Herabsetzung und auch eine weitere Herabsetzung im Fall des zwangsweisen Ausscheidens bei einer Einziehung. Zu berücksichtigen ist auch, innerhalb welchen Zeitpunkts die Abfindung bezahlt werden muss. Derzeit sind fünf Jahre als weitgehend angemessen anerkannt, der Wunsch nach zehn Jahren kann bereits zur Unwirksamkeit führen.

Prozessrechtliches

Trotz des teilweise schlechten Rufs der deutschen Justiz ist die Austragung entsprechender Streitigkeiten bei den entsprechenden Kammern für Handelssachen der Landgerichte immer noch die wohl beste Lösung, da man hier regelmäßig spezialisierte Richter vorfindet. Anfragen bei entsprechenden Schiedsgerichten mit privater Besetzung sind oft nicht unbedingt günstiger. Sinnvoll kann es sein, die entsprechende Anteilsbewertung auf einen spezialisierten Gutachter zu übertragen und dazu bereits konkrete Voraussetzungen in der Satzung zu formulieren und dessen Ergebnis als bindend anzusehen. Dies ist sowohl für die GmbH wie auch GmbH & Co. KG ratsam und maßgebend.

Freiberuflergesellschaften

Auch für Freiberuflergesellschaften gelten im Wesentlichen die gleichen Grundsätze wie für Gesellschaften der Wirtschaft. Bei der Übertragung von Geschäfts- oder Gesellschaftsanteilen ist das jeweilige Berufsrecht zu beachten. So dürfen beispielsweise die Anteile an einer Rechtsanwaltsgesellschaft nur von Rechtsanwälten gehalten beziehungsweise dominiert werden. Ansonsten ist die Übertragung nach § 134 BGB möglicherweise unwirksam. Diese Aspekte können zumindest mittelbar Einfluss haben auf die entsprechende Anteilsbewertung, die bei Freiberuflergesellschaften anders sein kann. Im Wesentlichen wird der Umsatz meist durch die jeweiligen Gesellschafter mit beeinflusst, also Steuerberater, Rechtsanwälte oder Wirtschaftsprüfer. Regelmäßig zu beachten ist auch, ob es sich bei der zu bewertenden Kanzlei im Wesentlichen um Projektgeschäfte oder um Dauermandate handelt. Jedoch kann es auch in einer Rechtsanwaltsgesellschaft, für die Projektgeschäfte eher typisch sind, zu Aufträgen mit Dauermandatscharakter kommen, wenn die Kanzlei über viele Jahre etabliert ist, eine angemessene Kostenstruktur ausweist, sie nicht nur auf eine Materie spezialisiert ist, sodass die Weiterbearbeitung des Referats des ausscheidenden Gesellschafters als wahrscheinlich zu erachten ist.

Abfindungen

Statt einer Abfindung ist bei Freiberuflergesellschaften auch daran zu denken, den betroffenen Gesellschafter in Mandaten abzufinden, beispielsweise so, dass er seine Mandate weiter bearbeitet. Zu beachten sind auch hier die entsprechenden berufsrechtlichen Vorschriften, da dies stets im Einverständnis mit den Mandanten geschehen muss.

MEHR DAZU

Das Programm DATEV Unternehmensbewertung unterstützt Sie bei der Durchführung von Unternehmensbewertungen und der Berichterstattung über Unternehmensbewertungen in Orientierung an den Grundsätzen ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung gem. IDW S 1. Als Bewertungsverfahren stehen das Ertragswertverfahren und das Discounted Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren nach WACC-Ansatz) zur Verfügung. Für Bewertungen im Rahmen erbschaftsteuerlicher Zwecke ist zusätzlich das Vereinfachte Ertragswertverfahren gemäß ErbStRG verfügbar.

www.datev.de/unternehmensbewertung

Zum Autor

TS
Thomas Schinhärl

Rechtsanwalt bei Ecovis in Regensburg, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Unternehmenssanierer (Universität Regensburg)

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