Prüfungen in der Corona-Krise - 26. September 2020

In Kontakt bleiben

Aufgrund der Corona-Pandemie ist der Arbeitsalltag vieler Unternehmer momentan verändert und/oder stark eingeschränkt. Die Arbeitsweise der Steuerberater unterliegt ebenfalls Einschränkungen und Änderungen. Da die Krise nun schon einige Monate andauert, konnten inzwischen auch erste Erfahrungen mit Prüfungen gesammelt werden – ein Überblick.

Die Corona-Krise stellt vieles auf den Kopf – auch Abläufe, die normalerweise den Arbeitsalltag eines jeden Steuerberaters prägen. Dazu zählen beispielsweise Außenprüfungen seitens der Finanzverwaltung und Sozialversicherungsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung. Zu unterscheiden ist, ob es sich um Prüfungen handelt, die bereits vor der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Kontaktverboten und Einschränkungen begonnen haben, oder ob es sich um neu angeordnete Prüfungen handelt.

Bei Prüfungen, die bereits vor der Krise angeordnet und begonnen wurden, ist es in der Regel das Ziel aller Beteiligten, dass diese abgeschlossen werden können. Die derzeit gültigen Einschränkungen machen dies nicht gerade einfach. Handelt es sich hingegen um neu angeordnete Prüfungen, ist abzuwägen: Kann die Prüfung weitestgehend digital durchgeführt werden – oder kann und sollte darüber nachgedacht werden, die Prüfung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben?

Kaum Vor-Ort-Prüfungen der Finanzverwaltung

Laut FAQ-Katalog der Bundessteuerberaterkammer entscheiden die Finanzverwaltungen der Länder für ihr jeweiliges Land, in welchem Umfang die Behörden und folglich auch die Finanzämter arbeiten. Es ist dabei festzuhalten, dass die Ämter noch für den Publikumsverkehr geschlossen sind. Trotz allem finden Außenprüfungen statt. Denkbar sind nicht allein die Außenprüfungen nach § 193ff.  Abgabenordnung (AO), sondern ebenfalls beispielsweise Lohnsteueraußenprüfungen. Diese Prüfungen werden zurzeit größtenteils an Amtsstelle vorgenommen. Denn das bestehende Abstandsgebot – oder teilweise Kontaktverbot – machen eine Face-to-Face-Prüfung beim Steuerpflichtigen vor Ort oder in den Steuerberatungskanzleien nahezu unmöglich. Konkreter wird die Vorgehensweise durch den FAQ-Katalog „Corona“ (Steuern) des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) formuliert. Hier heißt es, dass unter Berücksichtigung der Gesundheit der Bediensteten sowie der Belange der zu prüfenden Unternehmen Außenprüfungen grundsätzlich stattfinden. Diese Prüfungen würden jedoch „grundsätzlich an Amtsstelle und nicht in den Geschäftsräumen von Unternehmen oder Angehörigen der steuerberatenden Berufe“ vorgenommen.

In den Kanzleien arbeiten die Mitarbeiter zum Teil im Homeoffice. Viele Betriebe waren oder sind geschlossen, manche haben eingeschränkte Öffnungszeiten. Ein Prüfer kann sich daher momentan gar kein umfassendes Bild vom Tagesablauf der Betriebe machen. Aufgrund dieser Tatsache und der Einschränkungen mit Blick auf eine Vor-Ort-Prüfung sind manche Betriebsprüfungen derzeit auch unterbrochen. Das BMF gibt dazu einige Hinweise, denn bereits angeordnete Prüfungen sollen in angepasster Art und Weise stattfinden.

Antrag auf Verschiebung möglich

Grundsätzlich haben sowohl der Steuerpflichtige als auch sein Steuerberater die Möglichkeit, einen Antrag auf Verschiebung der Außenprüfung zu stellen. Dieser Antrag muss einen Hinweis auf die konkreten Auswirkungen der Corona-Pandemie beinhalten, sodass die Finanzbehörden angemessen überprüfen können, ob ein Aufschub infrage kommt. Bei der Entscheidung für oder gegen die Verschiebung handelt es sich um eine Entscheidung im Einzelfall. Gleichfalls besteht das Recht, eine bereits begonnene Außenprüfung zu unterbrechen. Dies ist ebenfalls auf Antrag des Steuerpflichtigen oder seines steuerlichen Beraters möglich, wobei die individuellen Hinderungsgründe aufgrund der Corona-Pandemie zu erörtern sind. Auch die Entscheidung über eine Unterbrechung ist eine Entscheidung im jeweiligen Einzelfall. Laut BMF können neue Außenprüfungen weiterhin angeordnet werden. Dabei wird die Finanzbehörde vor Erlass der Prüfungsanordnung die aktuelle Situation, die Belange der zu prüfenden Unternehmen sowie gesundheitliche Aspekte entsprechend bewerten. Vor allem die Prüfungswürdigkeit und der Prüfungszeitpunkt sind abzuwägen.

Bezogen auf die Festsetzungsverjährung bei der Außenprüfung dürfte eine Hemmung aufgrund höherer Gewalt gemäß § 171 Abs. 1 AO vorliegen. Hiernach läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, solange die Steuer innerhalb der zurückliegenden sechs Monate des Fristablaufs nicht festgesetzt werden kann. Auch das Bundesfinanzministerium weist darauf hin, dass eine Verschiebung der Außenprüfung zu einer Hemmung des Eintritts der Verjährung bei den zu prüfenden Steuern führt.

Bei jeglicher Außenprüfung ist – auch oder gerade jetzt in Corona-Zeiten – die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen zu beachten. In der Regel ist über das Ergebnis der Außenprüfung eine Besprechung abzuhalten, die sogenannte Schlussbesprechung. Diese Besprechung findet bis auf Weiteres grundsätzlich nicht mehr mit persönlicher Anwesenheit vor Ort statt. Das Gesetz schreibt dies ohnehin nicht vor. In der aktuellen Lage sollte und wird daher auf telefonische Erläuterungen zurückgegriffen.

Als Alternative zur persönlichen Besprechung nennt das BMF ausdrücklich die Möglichkeit, die Schlussbesprechung per Videokonferenz abzuhalten. Darüber hinaus kann die Schlussbesprechung bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Die Praxis zeigt, dass Prüfungsfeststellungen daher aktuell schriftlich übersandt und telefonisch besprochen werden. Letztlich kann der Steuerpflichtige sogar auf die Schlussbesprechung verzichten. Dies wird aber praktisch in den seltensten Fällen wahrgenommen, die Schlussbesprechung wird meist anders als sonst abgehalten.

Sozialversicherungsprüfungen durch die DRV

Die Sozialversicherungsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung werden üblicherweise entweder bei den Arbeitgebern oder bei den Steuerberatern vor Ort durchgeführt. Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern mindestens alle vier Jahre, ob diese ihren Meldepflichten und sonstigen Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen sind. Vor allem die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen werden kontrolliert. Von Mitte März bis Anfang Juni führte der Prüfdienst der Deutschen Rentenversicherung jedoch keine Präsenzprüfungen durch. Danach wurden die Betriebsprüfungen wieder aufgenommen.

Seither werden vorrangig Arbeitgeber mit mehr als 20 Beschäftigten und Steuerberater angesprochen. Dabei nimmt die Deutsche Rentenversicherung zunächst telefonisch Kontakt mit dem Arbeitgeber oder dem Steuerberater auf, um – neben dem Termin – einiges abzuklären. Es geht einerseits darum, einen persönlichen Kontakt zwischen dem Prüfer und dem Verantwortlichen herzustellen. Insbesondere aufgrund der derzeitigen Belastungs- und Krisensituation ist dies unerlässlich.  Andererseits kann direkt in Erfahrung gebracht werden, ob Corona-bedingt eine Verschiebung des Prüfungstermins wünschenswert ist. Darüber hinaus dient das Telefonat dazu, Informationen über die örtlichen Bedingungen und die Einhaltung des Arbeitsschutzes einzuholen. Ebenso besteht die Möglichkeit, abzustimmen, ob durch Teilnahme an der elektronisch unterstützten Betriebsprüfung (euBP) oder eine Abholung/Zusendung der Unterlagen der Vor-Ort-Aufenthalt auf ein zeitliches Minimum begrenzt werden kann.

Unkomplizierte Prüfungsalternativen

Die euBP seitens der Deutschen Rentenversicherung kann in der derzeitigen Lage ein Weg sein, die Sozialversicherungsprüfungen abzuwickeln. Die Teilnahme an diesem Verfahren ist heute zwar optional, aber lohnenswert. Unterstützt wird das Verfahren bei den DATEV-Programmen LODAS, Lohn und Gehalt sowie Finanzbuchführung. Der Steuerberater kann die Daten der zu prüfenden Mandanten für den Prüfungszeitraum auswählen und an die Deutsche Rentenversicherung übermitteln. Der Prüfer wertet die Daten aus und kann bei auftretenden Fragen gezielt nach einzelnen Unterlagen und/oder Informationen fragen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass dies unkompliziert möglich ist. Nach Abschluss der Prüfung werden die Daten gelöscht, danach verschickt der Prüfdienst eine Löschungsmeldung an den Steuerberater. Berufsträger sollten diese Möglichkeit der elektronisch unterstützten Betriebsprüfung ausloten, da die Prüfung vor Ort auf ein Mindestmaß reduziert oder sogar gänzlich vermieden werden kann. Dies ist aufgrund der aktuellen Lage und Entwicklung sicherlich förderlich.

Insgesamt hat sich gerade in den vergangenen Monaten in der Praxis gezeigt, dass die Teilnahme an der euBP unkompliziert ist und die Prüfung in der Regel kürzer ausfällt. Durch die Datenübermittlung und gegebenenfalls Übersendung von Unterlagen können Prüfungshandlungen gerade auch jetzt in Corona-Zeiten vollzogen werden. Es kommt nicht zu einem Prüfungsstau. Sofern die Arbeitgeber oder der Steuerberater es wünschen, kann aber ebenfalls einer Verschiebung der Prüfung aufgrund der Corona-Krise entsprochen werden.

Vielfach bieten sich derzeit neue, noch ungewohnte Möglichkeiten, um das Prüfungsverfahren zu einem Abschluss zu bringen. So wird momentan bei jeglichen Prüfungen verstärkt auf Telefonate zurückgegriffen, Unterlagen werden per E-Mail, Post oder Fax eingereicht. In der Praxis zeigt sich, dass alle Beteiligten mithilfe der vorhandenen Mittel und Möglichkeiten bemüht sind, die Prüfungen abzuwickeln. Dabei kommt es auch mal zu Besonderheiten, etwa dass der Prüfer am späten Nachmittag oder Abend anruft. Dies ist sicherlich darauf zurückzuführen, dass die Prüfer teilweise ebenfalls im Homeoffice arbeiten und ihren Tag anders als gewohnt planen. Aufgrund von erweiterten Speichervolumen im E-Mail-Account können auch größere Mengen an Daten problemlos elektronisch übermittelt werden. Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass vieles möglich ist. Ob sich der Arbeitsaufwand des Steuerpflichtigen, seines steuerlichen Beraters und des Prüfers durch die gewandelten Prüfungsabläufe letztlich erhöht oder verringert, kann jetzt noch nicht abschließend beurteilt werden. Einzelne Faktoren – etwa der vor der Pandemie bestehende Digitalisierungsgrad, die Ausstattung von bestehenden Kommunikationswegen und -mitteln – spielen hierbei eine wichtige Rolle. Bezogen auf die Finanzbehörden dient zusätzlich das ELSTER-Portal als Hilfsmittel für die Kommunikation. Dadurch können Einzelheiten überprüft und geklärt werden. Entscheidend für einen reibungslosen Prüfungsablauf – sei es durch die Finanzverwaltung oder durch den Prüfdienst der Deutschen Rentenversicherung – ist eine faire und offene Kommunikation aller Beteiligten. Letztlich bleibt der persönliche Kontakt zwischen Prüfer und Steuerpflichtigen beziehungsweise Arbeitgeber sowie des steuerlichen Beraters weiterhin sehr wichtig.

MEHR DAZU

Bundessteuerberaterkammer: Corona – BStBK

Bundesministerium der Finanzen: FAQ „Corona“ (Steuern)

Deutsche Rentenversicherung:

Fachtagung Datenanalyse Modul 5: Moderne Betriebsprüfung – und deren Fallstricke, Art.-Nr. 78895

Fachtagung Datenanalyse Modul 2: Datenanalyse im Rahmen von Jahresabschluss und Qualitätskontrolle, Art.-Nr. 78892

Fachtagung Datenanalyse Modul 4: Kassen und Warenwirtschaft – die Möglichkeiten der Datenanalysen, Art.-Nr. 78894

Lernvideo „Gläserne Kassendaten – Analyse mit DATEV Datenprüfung“, Art.-Nr. 78859

Zum Autor

MK
Dr. Martina Köster

Steuerberaterin und Landwirtschaftliche Buchstelle, Zertifizierte Beraterin für die Immobilienbesteuerung und Immobilienverwaltung (IFU/ISM gGmbH)

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