Wie die Beratungspraxis zeigt, hat eine Sonderform der Zwangsversteigerung inzwischen fast schon Konjunktur. Jeder, der sich aus aktuellem Anlass damit beschäftigen muss, sollte fachliche Expertise in Anspruch nehmen, da diese Verfahren Vor- und Nachteile mit sich bringen.
Friedrich Schiller schreibt in seinem Gedicht „Das Lied von der Glocke“ 1799: „Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich das Herz zum Herzen findet, der Wahn ist kurz, die Reu ist lang.“ Er adressierte mit diesem Hinweis sicher nicht die Miteigentümerinnen und Miteigentümer einer Immobilie, dennoch ist auch hier der Rat so aktuell wie vor über 200 Jahren. Die nachfolgenden Ausführungen zur Teilungsversteigerung sind insbesondere für all diejenigen Interessierten oder Betroffenen gedacht, die sich mit mindestens einer weiteren Person über eine Immobilie in Miteigentum gebunden haben und diesen Zustand professionell und möglichst ohne „lange Reu“ beenden wollen, es aber auf übliche Weise, etwa durch Verkauf, nicht können.
Rahmenbedingungen
Die Entwicklungen in der Immobilienbranche hierzulande sind spätestens seit dem Beginn des Ukrainekriegs am 24. Februar 2022 dramatisch. Mit dem praktisch zeitgleich eingetretenen Zinsanstieg haben die institutionellen und privaten Investoren eine Vollbremsung hingelegt. Bauträger und Projektentwickler können Produkte nicht mehr verkaufen und beginnen keine neuen Projekte, die Anträge auf Baugenehmigungen sind historisch niedrig, die Verkaufspreise stehen unter Druck, institutionelle Bestandshalter und Banken müssen abwerten. Zudem sind Letztere restriktiv in der Neukreditvergabe und der Prolongation; der Markt der Mezzanine-Finanzierer ist in Schockstarre und die klassischen Immobilieninvestoren finden lukrative Ersatzinvestitionen in liquideren Anlagemöglichkeiten. Dies alles führt dazu, dass die Zahl der Immobilienzwangsversteigerungen wieder ansteigt.
Teilungsversteigerung im Trend?
Auch Anfragen zu Fällen von Teilungsversteigerungen, einer Sonderform der Zwangsversteigerung zur Aufhebung einer Eigentümergemeinschaft, mehren sich. Es sind Anfragen, die ihre Ursache in der Immobilienkrise haben. Bisher war das Gros der Teilungsversteigerungen in der nachehelichen Vermögensabwicklung sowie einer Erbauseinandersetzung zu sehen; diese Fälle wird es unverändert geben. Jetzt kommen aber vermehrt Fälle von Investoren in Miteigentum, die sich in der alten Immobilienwelt, oft auch mit illusorischen Renditeerwartungen, zusammengeschlossen haben, deren Businesspläne in der neuen Welt jedoch nicht mehr aufgehen und die sich über weitere unternehmerische Entscheidungen nicht mehr einigen können. Wenn dann noch die Gesprächskanäle zwischen den Investoren ins Stocken geraten, ist es für den Miteigentümer, der aus der Investition herauswill, an der Zeit, über die Chancen und Risiken einer Teilungsversteigerung nachzudenken.
Ein Fallbeispiel
A, B, C sowie der vermögende D schlossen sich 2018 zusammen, um als Miteigentümer ein Mehrfamilienhaus in einer deutschen Millionenstadt für 15 Millionen Euro im Rahmen eines Bieterverfahrens zu erwerben. Ihren geplanten Zielkaufpreis mussten sie zweimal nachbessern, um als Höchstbietende den Kauf tätigen zu können. Der gemeinsame Businessplan sah vor, dass D für den Ankauf den wesentlichen Teil des von der Bank geforderten Eigenkapitals stellt und im Übrigen der Ankauf sowie die Sanierungskosten über Bankdarlehen finanziert werden. A, B und C, drei langjährige Sanierungsexperten, wollten das Management, insbesondere die Entmietung, die Generalsanierung, die Neuvermietung und den Abverkauf nach der steuerlichen Haltefrist von zehn Jahren, übernehmen. Das Eigenkapital von D sollte nach Tilgung der Bankdarlehen mit dem Verkaufserlös bevorzugt mit marktüblicher Equity-Verzinsung an ihn zurückgeführt werden. Der übrig bleibende Gewinn sollte unter den Gesellschaftern gleichmäßig verteilt werden. So weit, so gut.
Der Plan geht nicht auf
Tatsächlich aber wies die Immobilie einen starken Instandhaltungsstau auf, was die Miteigentümer aber erst nach Ankauf realisierten. Ein Rückgriff auf den Verkäufer war vertraglich ausgeschlossen. Die Immobilie hatte Leerstand auf 20 Prozent der Flächen, die Mieten waren deutlich unter der Marktmiete und es gab offensichtlich Zahlungsprobleme bei bestehenden Mietern. Der Businessplan ging von Anfang an nicht auf. Die Immobilie wurde zu teuer eingekauft und hatte einen höheren Sanierungsbedarf als ursprünglich angenommen. Die Baukosten waren zu niedrig kalkuliert; die Entmietung klappte nicht wie geplant. Und da sich die Baugenehmigungen für den Ausbau der Dachflächen zu Wohnraum behördlicherseits verzögerten, konnte erst verspätet mit der Sanierung begonnen werden, weshalb die Finanzierungskonditionen für den Ausbau aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Zinserhöhung deutlich teurer waren als geplant. Die Sanierung der Wohnungen sowie der Allgemeinflächen wurde nur zum Teil umgesetzt. D wollte kein weiteres Kapital einschießen und hatte das Vertrauen in seine Mitstreiter verloren. Die restlichen Miteigentümer wollten und konnten kein weiteres Kapital zur Verfügung stellen. D will nun den Deal beenden, so schnell wie nur möglich. A, B und C wollen abwarten und den Zustand erhalten. Die finanzielle Situation der Bruchteilsgemeinschaft ist jedoch dramatisch und die Bank wird unruhig.
Ausweg aus der Misere
Diese Situation, hier überspitzt charakterisiert, kann typisch sein für Investorengemeinschaften. Das Engagement der einen wird gebremst von den anderen. Oft sind die Gespräche so verhärtet, dass ein Miteigentümer nur noch rauswill. Es sind typischerweise die Miteigentümer, die den höchsten Totalverlust befürchten müssen, oft ohne mit der Materie hinreichend vertraut zu sein. Falls dann die Miteigentümer dem scheidungswilligen Sozius den Anteil nicht abkaufen oder ihn nicht freistellen wollen (Regelfall) und auch sonst nicht kooperativ im Sinne eines gemeinsamen Verkaufs sind, kommt nur die Teilungsversteigerung infrage. D wird sich in dieser Situation zur Teilungsversteigerung positionieren müssen.
Vor- und Nachteile
Die Teilungsversteigerung ist ein kompliziertes Verfahren. Als betroffener Miteigentümer sollte man über die Vor- und Nachteile Bescheid wissen. Vorteilhaft ist, dass die Teilungsversteigerung ein Verfahren ist, das man hürdenlos ohne Vollstreckungstitel betreiben kann. Zudem gibt es keine Haftungsrisiken gegenüber dem Erwerber. Während bei jedem freihändigen Verkauf die Haftungsparameter fein justiert werden und professionelle Käufer auch bei unsanierten Altbauten oder, wie in unserem Praxisbeispiel, einer teilsanierten Immobilie immer Haftungselemente mit einfordern dürften – sei es für die Freiheit von Altlasten, für die baurechtliche Genehmigungssituation, für die laufenden Zahlungen der Versicherungs- und der Erschließungsbeiträge oder für das Unterlassen der Kenntnisweitergabe von Haftungstatbeständen –, hat der Erwerber bei einer Teilungsversteigerung keinen Haftungsschuldner. Die Miteigentümer sind bei einer durchgeführten Teilungsversteigerung gegenüber dem Erwerber also haftungsfrei. Darüber hinaus ist die Teilungsversteigerung eine vom Gesetzgeber vorgesehene Möglichkeit, auch bei schwierigsten Miteigentumsverhältnissen als Miteigentümer auszuscheiden. Schillers „Reu“ ist also endlich und nicht unendlich. Vorteilhaft ist auch, dass ein vom Gericht bestellter Sachverständiger ein Gutachten über den Wert der Immobilie erstellt. Dies kann dazu führen, dass durch amtliche Klarheit über die wertbildenden Faktoren die Miteigentümer wieder miteinander reden und einen freihändigen Verkauf vereinbaren. Schließlich spart man sich bei der Teilungsversteigerung eine Vertriebsprovision, etwa für einen Makler, und grundsätzlich auch den Vertriebsaufwand, wie zum Beispiel Besichtigungen und Auskünfte über das Objekt, da die Bieter alle gleichmäßig und umfassend durch das Gutachten informiert sind. Eine Teilungsversteigerung weist im Gegenzug aber auch eine Reihe von Nachteilen auf. So muss der Initiator einer Teilungsversteigerung Vorschuss leisten und er hat immer das Risiko, dass er sich nur dann bei den Miteigentümern anteilig schadlos halten kann, wenn nach Abschluss des Verfahrens ein verteilungsfähiger Erlös vorhanden ist. Darüber hinaus können sowohl der Initiator als auch die Miteigentümer nach Abschluss der Teilungsversteigerung finanziell schlechter dastehen als zuvor. Zudem können Teilungsversteigerungen, wenn sie schon laufen, von einem betroffenen Miteigentümer zumindest verzögert werden; die Verzögerung kann jedoch auch den Effekt haben, dass die bereits erwähnten Gesprächskanäle wieder anspringen und ein freihändiger Verkauf, der oft einen höheren Erlös beschert, möglich ist. Schließlich müssen Drittgläubiger eines Miteigentümers, wie etwa das Finanzamt, die aus einem gepfändeten Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft die Teilungsversteigerung betreiben – oft, um die Miteigentümer unter Druck zu setzen –, ausgebremst werden. Dies kann unter Umständen sehr beratungs- und damit kostenintensiv sein.
Empfehlung
Allen, die sich freiwillig oder unfreiwillig mit der Teilungsversteigerung beschäftigen, sollten immer die nachfolgenden Aspekte berücksichtigen. Teilungsversteigerungen sollten immer das letzte Mittel der Wahl sein. Gespräche und Verhandlungen mit den Miteigentümern müssen immer priorisiert werden. Teilungsversteigerungen können und sollten im Vorfeld durch kluge vertragliche Vorkehrungen verhindert werden. Und der Initiator einer Teilungsversteigerung, der durch Zuschlag Alleineigentümer werden will, sollte alle rechtlichen Möglichkeiten prüfen, die seine Position stärken können, wie etwa
- die Höhe des geringsten Gebots mit zu bestimmen,
- dinglich gesicherte Gläubiger zu einer Minderanmeldung zu zwingen,
- als Meistbietender die Sicherheitsleistung zu vermeiden,
- sich den Zuschlag zu sichern,
- sich nicht durch Gebote der Miteigentümer hochtreiben zu lassen,
- den Erlös der Miteigentümer zu blockieren oder
- den Eigenanteil am Gebot nicht (sofort) leisten zu müssen.
Fazit
Die Teilungsversteigerung hat aktive und passive Teilnehmer. Mit ihr beschäftigen sich Personen, bei denen investitionsseitig oder auf der persönlichen Ebene mit den Miteigentümern bereits etwas schiefgelaufen ist. Die Teilungsversteigerung ist hürdenlos, das heißt, man kann als Miteigentümer jederzeit und ohne Vorwarnung von einem weiteren Miteigentümer überrascht werden. Selbst eine Teilungsversteigerung durchzuführen oder sich gegen eine solche erfolgreich zur Wehr zu setzen, bedarf eines fachlichen Know-hows, das man sich idealerweise durch professionelle rechtliche Beratung und Betreuung sichern sollte.