Stiftungen - 25. September 2020

Die Qual der Wahl

Einen angehenden Stifter können diverse Motive antreiben – gemeinnützige Ziele, der Wunsch nach finanzieller Absicherung der Familie oder der Wunsch nach Erhalt des Unternehmens. Für die Umsetzung dieser Pläne und deren Gestaltung gibt es mehrere Optionen.

Wenn man von Stiftungen spricht, hat der Mandant vor allem das Bild der rechtsfähigen gemeinnützigen Stiftung des bürgerlichen Rechts vor Augen. Diese Stiftungen bilden sicherlich auch den größten Anteil aller Stiftungen in Deutschland. Daneben existiert auch eine Vielzahl von kirchlichen oder öffentlich-rechtlichen Stiftungen. Außerdem sind die nicht rechtsfähigen Treuhandstiftungen zu berücksichtigen, die insbesondere bei kleineren Vermögen oder Stiftungen auf Zeit eine interessante Alternative sind. Überhaupt ist der Begriff der Stiftung nicht auf eine bestimmte Rechtsform festgelegt. Daher gibt es neben den Vorgenannten zum Beispiel auch Stiftungsvereine oder Stiftungs-GmbHs. Die Errichtung einer Stiftung setzt ein gewisses Grundstockvermögen voraus. Außerdem muss die Stiftung mit einer eigenen Organisation ausgestattet sein, um dauerhaft den Stiftungszweck verfolgen zu können. Viele Mandanten wollen das, ohne die vorstehenden Anforderungen zu erfüllen. Dann ist über Alternativen nachzudenken.

Zustiftung

Durch die Zustiftung wird eine schon bestehende (gemeinnützige) Stiftung begünstigt. Die Zustiftung erhöht das Vermögen dieser Stiftung dauerhaft. Dabei sollte eine Stiftung gewählt werden, die sowieso die Zwecke des Stifters verfolgt. Ab einer entsprechenden Höhe kann mit der Empfängerstiftung auch eine Vereinbarung getroffen werden, wonach die Erträge aus der Zustiftung dauerhaft für konkret bezeichnete Ziele des Zustifters verwendet werden und beispielsweise auch der Zustifter namentlich benannt wird. Dadurch erreicht man eine gewisse Verselbstständigung der Zustiftung, ohne eine eigene Stiftungsorganisation aufbauen zu müssen. Dabei muss allerdings der Zweck der schon existierenden Stiftung die vom Mandanten verfolgten Ziele umfassen. Beispiel: Die Stiftung verfolgt den Zweck des Tierschutzes und die Mandantin will gezielt Katzen helfen. Die Stiftung betreibt ein Tierheim und errichtet dort ein Katzenhaus. Name und Bild der Mandantin werden an prominenter Stelle am Haus angebracht.

Treuhandstiftung

Die Treuhandstiftung ist keine rechtsfähige Stiftung, sondern eine Vereinbarung mit einem Träger, etwa einer anderen Stiftung oder einem Unternehmen. Der Träger erhält vom Stifter ein Treuhandvermögen zur Verfügung gestellt und verpflichtet sich, die Erträge daraus auf Dauer für den Stiftungszweck zu verwenden. Die gemeinnützige Treuhandstiftung ist ebenfalls steuerbegünstigt.

Verbrauchsstiftung

Die rechtsfähige Stiftung ist grundsätzlich darauf angelegt, ewig das Stiftungsvermögen zu verwalten und aus dessen Erträgen den Stiftungszweck zu verfolgen. Gerade bei geringen Erträgen kann die Verbrauchsstiftung eine interessante Alternative sein. Die Verbrauchsstiftung ist eine echte rechtsfähige Stiftung. Anders als die ewige Stiftung verwendet sie aber nicht nur die Erträge ihres Vermögens, sondern verbraucht auch das Vermögen selbst im Verlauf von mindestens zehn Jahren für den Stiftungszweck. Zu beachten ist bei der Verbrauchsstiftung aber, dass hier nur ein Spendenabzug nach § 10b Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Betracht kommt, nicht auch nach § 10b Abs. 1a EStG.

Motive für die Errichtung

Die Motive zur Errichtung von Stiftungen sind vielfältig. Dennoch lassen sich drei Hauptgruppen als wesentliche Fallgruppen für die Errichtung von Stiftungen festhalten:

  1. Gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Motive (insbesondere die steuerbegünstigenden Zwecke nach §§ 51ff. Abgabenordnung – AO) sind für den Löwenanteil aller Stiftungserrichtungen verantwortlich.
  2. Der Wunsch nach einer dauerhaften finanziellen Absicherung der Familie, losgelöst von Einzelinteressen. Die Interessen der Familienangehörigen können vielfältig in der Satzung berücksichtigt werden, zum Beispiel durch Stellung des Vorstands oder eines Familienbeirats.
  3. Das Ziel, ein selbst oder von der Familie über viele Generationen aufgebautes Familienunternehmen langfristig zu erhalten und damit das eigene Lebenswerk zu sichern.

Die Errichtung einer Stiftung

Die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung bürgerlichen Rechts erfolgt durch das (privatrechtliche) Stiftungsgeschäft sowie die anschließende staatliche Anerkennung. Im Stiftungsgeschäft legt der Stifter Name und Zweck der Stiftung fest, benennt den ersten Vorstand und verpflichtet sich, die Stiftung mit einem bestimmten Vermögen auszustatten. Teil des Stiftungsgeschäfts ist außerdem die spätere Satzung der Stiftung. Diese regelt die Details der Stiftungsorganisation, wie beispielsweise den Sitz der Stiftung, Details über die Zweckverfolgung, die Geschäftsführung und Vertretung. Wenn neben dem Vorstand weitere Organe bestellt werden sollen, zum Beispiel ein Kuratorium oder ein Aufsichtsrat, muss auch das detailliert in der Satzung geregelt sein. Dabei werden vor allem an den Stiftungszweck sowie die Maßnahmen zur Zweckverfolgung hohe Ansprüche gestellt. Hier muss der Stifter klare Vorgaben machen und die Ziele definieren. Der Stifter kann dabei den Stiftungszweck frei bestimmen. Insbesondere muss der Stiftungszweck nicht, auch nicht teilweise das Gemeinwohl fördern. Nach § 80 Abs. 2 BGB ist es lediglich erforderlich, dass der Stiftungszweck das Gemeinwohl nicht gefährdet. Die Stiftung kann auch unterschiedliche Zwecke nebeneinander oder sich ablösende, befristete oder bedingte Zwecke verfolgen. Die Stiftung entsteht durch die staatliche Anerkennung. Zuständig ist die jeweilige Stiftungsaufsicht am Sitz der Stiftung. Mit der Anerkennung entsteht die Stiftung als eigenständige und vom Stifter unabhängige juristische Person. Der Stifter kann sich zwar Sonderrechte, wie zum Beispiel Satzungsänderungen, zu seinen Lebzeiten vorbehalten. Eine Änderung des Zwecks ist aber grundsätzlich nicht mehr möglich. Die Stiftungsaufsicht prüft die Satzung detailliert und macht Verbesserungsvorschläge. Es empfiehlt sich, bereits im Vorfeld einer Stiftungserrichtung mit der Stiftungsaufsicht den Satzungsentwurf abzustimmen. Ferner überwacht die Aufsicht die Vermögensausstattung genau und macht auch hierzu Vorgaben. Stiftungen werden nur anerkannt, wenn sie mit ausreichend hohem und ertragbringendem Vermögen ausgestattet sind. Die Höhe des Vermögens richtet sich nach dem Zweck.

Errichtung von Todes wegen

Neben der Errichtung einer Stiftung durch Stiftungsgeschäft kommt auch die Errichtung von Todes wegen durch Testament oder Erbvertrag in Betracht. Viele Mandanten wünschen die Errichtung einer Stiftung erst nach ihrem Ableben. Diese Lösung ist aber verglichen mit der Errichtung unter Lebenden suboptimal. Die Stiftungserrichtung erfordert eine weitreichende Abstimmung mit dem Stifter. Wird die Stiftung erst nach seinem Tod errichtet, besteht die Gefahr, dass wichtige Fragen nicht mehr zweifelsfrei beantwortet werden können. Zwar wird regelmäßig mit der Stiftung von Todes wegen die Testamentsvollstreckung angeordnet. Außerdem kann auch die Stiftungssatzung bereits im Testament enthalten sein. Dennoch können im Zuge der Errichtung der Stiftung und mit Beginn der Tätigkeit des ersten Vorstands Fragen auftreten, die nur der Stifter beantworten kann. Außerdem nimmt der Stifter sich bei der Errichtung von Todes wegen die Möglichkeit, selbst noch mitzuerleben, wie seine Stiftung Gutes tut.

Die unternehmensverbundene Stiftung

Die rechtsfähigen Stiftungen sind auf eine dauerhafte, von Einzelpersonen unabhängige Vermögensverwaltung angelegt. Die Stiftung eignet sich daher gut, um einem Unternehmen Stabilität zu verleihen. Durch die Übertragung eines Teils oder aller Anteile an einem Unternehmen können insbesondere bei fehlenden oder nicht qualifizierten Erben die Nachfolge gesichert sowie die eigenen Vorstellungen des Unternehmers bezüglich der Unternehmensführung verewigt werden. Dabei kann der Zweck der Stiftung gemeinnützig sein. Denkbar ist aber auch eine Familienstiftung, die Familienangehörige unterstützt, die selbst nichts mit dem Unternehmen zu tun haben.

Sonderfall Doppelstiftung

Die unterschiedlichen Ziele der Sicherung einer Familie oder der Unternehmensfortführung sowie der Förderung gemeinnütziger Zwecke lassen sich durch ein Doppelstiftungsmodell verbinden. Dadurch wird zusätzlich der Steuervorteil einer gemeinnützigen Stiftung mit einer Familienstiftung kombiniert.

Zur Errichtung einer Doppelstiftung überträgt der Stifter einen Teil seiner Gesellschaftsanteile an einer GmbH oder GmbH & Co. KG auf eine gemeinnützige Stiftung und die restlichen Gesellschaftsanteile auf eine Familienstiftung. Die Unternehmensführung liegt bei der Familienstiftung. Im Übrigen kann in beiden Stiftungen weitgehend organisatorische Übereinstimmung bestehen. Die beiden Stiftungen verfolgen mit den Unternehmenserträgen unterschiedliche Zwecke. Durch die Doppelstiftung erreicht man zum einen die Förderung gemeinnütziger Zwecke und zum anderen die Absicherung des Familienvermögens und -einkommens. Dieses Modell der Doppelstiftung lässt sich zusätzlich noch steuerlich optimieren durch inkongruente Gewinnausschüttungen und Stimmrechte. Gesellschaftsrechtlich können zum Beispiel bei der GmbH die beiden Geschäftsanteile mit unterschiedlich hohen Stimm- und Gewinnbezugsrechten ausgestattet werden.

Auch ein völlig stimmrechtsloser Anteil wäre zulässig. In dem oben dargestellten Grundfall könnte beispielsweise die gemeinnützige Stiftung mit 70 Prozent am Vermögen beteiligt sein, aber nur 20 Prozent des Gewinns und null Prozent Stimmrecht haben. Umgekehrt wäre die Familienstiftung mit 30 Prozent am Vermögen beteiligt, hätte aber 80 Prozent des Gewinnanteils und 100 Prozent Stimmrecht. Diese Gestaltungen werden in gewissen Grenzen auch steuerlich anerkannt, sodass die Doppelstiftung auch zur Optimierung der Erbschaftsteuer in Betracht kommt. Allerdings ist gerade bei Stiftungsgestaltungen darauf zu achten, dass diese langfristig dem Erhalt eines Unternehmens oder der Absicherung einer Familie über Generationen dienen sollen. Kurzfristige steuerliche Vorteile sind zwar durchaus interessant, dürfen aber nicht den Blick auf die langfristige Sinnhaftigkeit der Konstruktion verstellen. In der Praxis existieren viele unterschiedliche Varianten des vorstehend dargestellten Grundmodells einer Doppelstiftung. Am bekanntesten dürfte die Firma Robert Bosch GmbH sein. Die Anteile an der Firma Bosch hält zu mehr als 90 Prozent eine gemeinnützige Stiftung, die aber kein Stimmrecht hat. Das Stimmrecht hält zu über 90 Prozent eine Gesellschaft der aktiven und ehemaligen Manager von Bosch, die wiederum nur einen sehr geringen Anteil am Vermögen und Gewinn der Firma Bosch hält. Die restlichen Anteile werden von der Familie des Gründers gehalten. Diese Konstruktion existiert seit mehr als 50 Jahren und beweist, dass unternehmensverbundene Stiftungen durchaus eine sinnvolle Lösung zur dauerhaften Sicherung eines erfolgreichen Unternehmens sein können.

MEHR DAZU

Lernvideo online „Gemeinnützigkeitsrecht kompakt“, Art.-Nr. 78818

Zum Autor

AH
Andreas Hintermayer

Rechtsanwalt bei Ecovis

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