Die Regierung plant erhebliche Änderungen der Rahmenbedingungen. So werden die Wettbewerbsvorteile durch eine besondere Ausgleichsregelung gestrichen und auch die Ökostromumlage entfällt. Im Gegenzug wird eine bundeseinheitliche Solarpflicht für Dächer von gewerblich genutzten Gebäuden kommen.
Seit dem 8. Dezember 2021 ist die Regierung aus SPD, Grünen und FDP im Amt. Bereits dem Koalitionsvertrag ließ sich entnehmen, dass die Koalitionäre zahlreiche Änderungen an den aktuellen energierechtlichen Rahmenbedingungen vornehmen wollen. Mit Blick auf die Belastung durch Strompreise sowie den Ausbau erneuerbarer Energien zeichnen sich aktuell die nachfolgenden Änderungen ab, wobei für alle bekannten Gesetze und auch Gesetzesvorschläge gilt, dass Bestandsgebäude nicht betroffen sind.
Abschaffung der EEG-Umlage
Bereits im Koalitionsvertrag einigten sich die Regierungsparteien darauf, die EEG-Umlage (Ökostromumlage) spätestens zum 1. Januar 2023 in den Haushalt zu übernehmen. Dies bedeutet die Abschaffung des Wälzungssystems mit Umlage der EEG-Kosten auf die Letztverbraucherinnen und -verbraucher. Der Strompreis soll entlastet werden. Nach dem Osterpaket zum EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) wird die EEG-Umlage nun bereits zum 1. Juli 2022 abgeschafft. Die Abwicklung der weiter bestehenden Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz-(KWKG)-Umlage und Offshore-Umlage wird in einem neuen Energie-Umlagen-Gesetz (EnUG) geregelt. Das Paket steht unter Beihilfevorbehalt. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat die dafür erforderlichen Mittel zugesagt. Die Abschaffung der EEG-Umlage lässt die Besondere Ausgleichsregelung (BesAR) entfallen. Diese hatte stromkostenintensiven Unternehmen, also Unternehmen, bei denen die vom Gesetzgeber vorgegebenen maßgeblichen Stromkosten ein bestimmtes Verhältnis zur Bruttowertschöpfung überschreiten, die Begrenzung der EEG-Umlage auf laufende Stromrechnungen ermöglicht, um Wettbewerbsnachteilen vorzubeugen. Ab dem 1. Juli 2022 werden die Stromkosten für alle energieintensiven Unternehmen gleichermaßen entlastet.
Begrenzungsanträge stellen
Beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) können nun bis zum 30. Juni 2022 Begrenzungsanträge gestellt werden, die sich auf die KWKG- und Offshore-Umlage auswirken werden. Da die Antragstellung Beratungskosten sowie Kosten für ein Wirtschaftsprüfungstestat verursacht, werden Unternehmen wegen der weitaus geringeren wirtschaftlichen Dimension der genannten anderen Umlagen genau kalkulieren müssen, ob sich der Aufwand zur Reduzierung dieser Umlagen in Zukunft noch lohnt.
Konsequenzen für KWK- und StromNEV-Begrenzung
Konsequenzen hat die Abschaffung der EEG-Umlage auch auf die Pflicht zur Einführung eichrechtskonformer Messkonzepte. So müssen seit dem 1. Januar 2022 alle umlagepflichtigen Strommengen mit einem Messkonzept eindeutig voneinander abgegrenzt werden. Das betrifft insbesondere von Dritten verbrauchte Strommengen, damit sichergestellt wird, dass eine reduzierte EEG-Umlage in Eigenversorgungskonzepten (Photovoltaik-Anlagen, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen) auch nur dem Betreiber dieser Anlagen selbst zugutekommt. Ohne EEG-Umlage – und in der Folge ohne Begünstigung der EEG-Umlage in Eigenversorgungskonzepten – verlieren die bislang geforderten Messkonzepte vor dem Hintergrund der Abgrenzung von Strommengen nach dem EEG an Relevanz.
Schnellerer Ausbau erneuerbarer Energien
Darüber hinaus enthält das Osterpaket weitere Änderungen im Rahmen der Novellierung des EEG. Mit der Novellierung sollen die Ausschreibungsmengen für erneuerbare Energien so erhöht werden, dass 2030 bereits 80 Prozent des erzeugten Stroms erneuerbar sind. Gleichzeitig soll die Prognose für den Stromverbrauch im Jahr 2030 auf 715 Terawattstunden erhöht werden.
Mehr Flächen für Solaranlagen
Während die bundesweiten Pläne hierzu – mit Ausnahme eines Gesetzesvorschlags der Grünen vom August 2021 – noch in Arbeit sind, sind einige Bundesländer schon weiter. Baden-Württemberg ist das erste Flächenland, das eine umfassende Solarpflicht beschlossen hat. Für gewerbliche Neubauten gilt sie seit dem 1. Januar 2022, für Wohngebäude seit dem 1. Mai 2022. In Schleswig-Holstein ist seit dem 1. Januar 2022 eine Installation auf geeigneten Dachflächen beim Neubau sowie bei Renovierung von mehr als zehn Prozent der Dachfläche von allen Nichtwohngebäuden vorgeschrieben. In Berlin, Hamburg, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen gelten ab 2023 unterschiedlich ausgestaltete Gesetze mit einer Solarpflicht. Weitere Länder haben eine Solarpflicht in Planung.
Ausschreibungen für größere Freiflächenanlagen
Auch nach Öffnung der Flächenkulisse für Freiflächenanlagen werden Betreiber von neuen Photovoltaik-Freiflächenanlagen mit einer Leistung von über 750 Kilowatt-Peak nur dann eine finanzielle Förderung nach dem EEG erhalten, wenn sie eine Ausschreibung gewinnen. Daneben bleibt das Recht der Anlagenbetreiber, den in ihren Anlagen erzeugten Strom ohne Inanspruchnahme einer finanziellen Förderung direkt zu vermarkten, unberührt. Direktvermarktungsverträge sind vor allem in der Form von Power Purchase Agreements (PPA) oder Virtual Power Purchase Agreements (VPPA) zukunftsrelevant.