Bei einer Arbeitnehmerüberlassung stellen sich nicht nur diverse arbeitsrechtliche Fragen. Vielmehr sind auch spezielle steuer- und sozialversicherungsrechtliche Aspekte zu berücksichtigen.
Arbeitnehmerüberlassung liegt im Trend. Unternehmen nutzen sie, um personelle Engpässe auszugleichen. Den Arbeitsuchenden bietet sie die Chance, wieder in die Erwerbstätigkeit einzusteigen. Voraussetzung sind Prüfung und Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Und insoweit von Bedeutung ist nicht nur das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) zur Regelung von arbeitsrechtlichen Fragen. Bei Personaldienstleistungen greifen zudem auch das Einkommensteuergesetz (EStG) und gegebenenfalls weitere Gesetze wie das Aufenthaltsgesetz (AufenthG), das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und Doppelbesteuerungsabkommen.
Lohnsteuer
Bei einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung haftet grundsätzlich der Entleiher.
Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer Schuldner der Lohnsteuer [§ 38 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG)]. Die Besonderheit der Arbeitnehmerüberlassung im Lohnsteuerrecht liegt aber in der ausgedehnten Lohnsteuerhaftung für den Entleiher (§ 42d Abs. 6 EStG).
Bei der erlaubten Überlassung nach § 1 AÜG scheidet sie aus, sofern die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Melde- und Mitwirkungspflichten beachtet werden.
Bei einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung (Verleiher hat keine Erlaubnis zum Arbeitnehmerverleih) haftet grundsätzlich der Entleiher. Die Haftung ist auf die Zeit der Überlassung beschränkt. Sie richtet sich nach den arbeitsrechtlichen Vereinbarungen. Die Haftung des Entleihers richtet sich zudem nach denselben Grundsätzen wie die Haftung des Arbeitgebers und scheidet erst aus, wenn der Verleiher als Arbeitgeber nicht haften würde.
Inländische Verleiher haben als Arbeitgeber sowohl bei der erlaubnispflichtigen Arbeitnehmerüberlassung (§ 1 Abs. 1 AÜG) als auch bei der nicht erlaubnispflichtigen gelegentlichen Überlassung (§ 1 Abs. 3 Nr. 2a AÜG) die gesetzliche Verpflichtung, den Lohnsteuerabzug vorzunehmen [§ 38 Abs. 1 Nr. 1 EStG, R 38.3 Abs. 1 Satz 1 Lohnsteuer-Richtlinie (LStR)].
Im Ausland ansässige Verleiher sind – vorbehaltlich gegebenenfalls anderslautender Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen – nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 EStG dazu verpflichtet, den Lohnsteuerabzug in Deutschland vorzunehmen.
Besitzt der Verleiher keine Erlaubnis zum Arbeitnehmerverleih, ist er dennoch steuerrechtlich Arbeitgeber. Die Regelung des § 10 Abs. 1 AÜG, die bei unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung den Entleiher als Arbeitgeber bestimmt, ist steuerlich nicht maßgeblich.
Wird hingegen bei einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung das Arbeitsentgelt vom Entleiher direkt an den Leiharbeitnehmer bezahlt, gilt er jedoch steuerrechtlich als Arbeitgeber (R 19.1 Satz 6 LStR).
Sozialversicherung
Der Leiharbeitnehmer unterliegt der Sozialversicherungspflicht. Bei der erlaubten Arbeitnehmerüberlassung hat der Verleiher als Arbeitgeber die Pflicht, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und den Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung abzuführen sowie die sozialversicherungsrechtlichen Melde- und Aufzeichnungspflichten zu übernehmen.
Der Entleiher haftet aber nachrangig für diese Beiträge. Bei unerlaubter Überlassung wird ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer angenommen, sodass den Entleiher die Pflicht zur Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags trifft. Zahlt in diesem Fall der Verleiher das Arbeitsentgelt jedoch weiterhin direkt an den Leiharbeitnehmer, ist er als Verleiher auch zur Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags verpflichtet.
Umsatzsteuer
Die Arbeitnehmerüberlassung gegen Entgelt erfolgt umsatzsteuerrechtlich im Rahmen eines Leistungsaustauschs. Der Leistungsort bestimmt sich nach § 3a Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) (B2B-Leistungen). Abzugrenzen hiervon sind Freistellungen durch den Arbeitgeber auch gegen Erstattung von Aufwendungen wie Lohnkosten und Sozialversicherungsbeiträgen (zum Beispiel Einsätze bei der Feuerwehr). Bestimmte Personalgestellungen sind zudem nach § 4 Nr. 27 UStG steuerfrei.
Daneben sind die Grundsätze zur sogenannten Materialbeistellung [vgl. Abschnitt 3.8 Abs. 2 bis 4 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE)] bei der Abgrenzung zwischen steuerbarer und nicht steuerbarer Leistung bei der Beistellung von Personal des Auftraggebers im Rahmen der Ausführung von Lieferungen und Leistungen zu beachten (Abschnitt 1.1 Abs. 6 und 7 UStAE).
Reisekosten
Leiharbeitnehmer üben typischerweise eine Auswärtstätigkeit im steuerrechtlichen Sinn aus.
Leiharbeitnehmer üben typischerweise eine Auswärtstätigkeit im steuerrechtlichen Sinn aus. Sie verfügen nach den Urteilen des Bundesfinanzhofs vom 17. Juni 2010 und vom 15. Mai 2013 (VI R 18/12) oftmals nicht über eine regelmäßige Arbeitsstätte, das heißt, das Reisekostenrecht kommt zur Anwendung.
Die ab 2014 gültige Neuregelung des Reisekostenrechts ersetzt den Begriff „regelmäßige Arbeitsstätte“ durch den Begriff „erste Tätigkeitsstätte“.
Letztere liegt vor, wenn der Arbeitnehmer gemäß arbeitsrechtlicher Vereinbarungen dauerhaft einer Tätigkeitsstätte zugeordnet ist. Hiervon ist auszugehen, wenn der Arbeitnehmer für die Dauer des Leiharbeitsverhältnisses oder über einen Zeitraum von mehr als 48 Monaten an einer Tätigkeitsstätte des Entleihers tätig werden soll. Für den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber können die Auswirkungen der Gesetzesänderung gravierend sein, eine Überprüfung im Einzelfall ist unerlässlich.
Fazit
Die Arbeitnehmerüberlassung gewinnt – entgegen dem vermeintlichen Trend – an Bedeutung. Das zeigen auch die jüngsten Berichte in den Medien zum Thema Werkverträge. Bereits in der Vergangenheit kam es zu einer Sensibilisierung der Prüfer für diesen Bereich bei Betriebs- und Sozialversicherungsprüfungen und somit zu einem erhöhten Entdeckungsrisiko bei Verstößen.
Daher ist die Beachtung der gesetzlichen Vorgaben sowohl durch den Verleiher als auch den Entleiher wichtiger denn je.