Mandantenstruktur - 25. Mai 2016

Neue Mandanten entdecken

Den klassischen mittelständischen Mandanten, den Steuerberater heute betreuen, wird es künftig so nicht mehr geben. Das hat viele Ursachen und bedeutet zugleich Chance und Risiko für die Zukunft des Steuerberaters.

Ein Heizungs- und Sanitärmeister beschäftigt fünf Mitarbeiter, ist dabei selten im Betrieb, sondern fast immer beim Kunden. Die Büroarbeit erledigt seine Ehefrau, um die wesentlichen Dinge des Rechnungswesens kümmert sich ganz selbstverständlich seit vielen Jahren der Steuerberater. Von den Details will der Meister nichts wissen. Zahlen interessieren ihn erst am Jahresende. Mit dieser Haltung ist er nicht allein, sondern steht beispielhaft für eine ganze Reihe von Handwerksfirmen und anderen kleinen Betrieben. Für die beratenden Kanzleien ist diese Tatsache einerseits beschwerlich, denn von sinnvollen Neuerungen wie etwa dem digitalen Belegwesen lassen sich solche Mandanten eher schwer überzeugen. Auf der anderen Seite sind die kleinen Unternehmen loyale und verlässliche Umsatzbringer. Sie bezahlen den Steuerberater für das Rundum-sorglos-Paket. Darauf sind die Kanzleien laut STAX-Befragung der Bundessteuerberaterkammer angewiesen, da sie im Durchschnitt über ein Drittel ihres gesamten Umsatzes mit den Dienstleistungen Lohn und Rechnungswesen erwirtschaften. Betreut werden von den kleineren und mittleren Kanzleien heute überwiegend Unternehmen und Selbstständige in einer Größenordnung von bis zu zehn Mitarbeitern. Daneben zählen in der Regel noch einige wenige größere GmbHs zum Mandantenkreis, den zahlreiche Privatmandanten komplettieren. Die wichtigste Mandantengruppe sind aber ganz klar die Unternehmen: Die Kanzleien erzielen laut STAX durch ihre Aufträge zwei Drittel ihres gesamten Überschusses.

Umsatz pro Mandant sinkt leicht

Insgesamt betreuten Einzelkanzleien im Jahr 2011, auf das die letzte ausgewertete STAX-Umfrage Bezug nimmt, knapp 220 Mandate; bei Sozietäten waren es durchschnittlich knapp 450 (im Gesamtdurchschnitt 313). Verloren gingen davon im Schnitt sechs Mandate (vier in Einzelkanzleien), gewonnen wurden 15 (13 in Einzelkanzleien). Vergleicht man dies nun mit der Umsatzentwicklung der Kanzleien laut Umsatzsteuerstatistik des Statistischen Bundesamts (–0,49 Prozent in 2011), so stellt man fest, dass diese damit nicht Schritt halten kann. Zieht man zudem mit in Betracht, dass Kanzleiumsätze aus Mandatsgewinnen möglicherweise erst im Folgejahr wirksam werden und betrachtet das Jahr 2012, so ergibt sich ein durchschnittliches Umsatzwachstum von 2,8 Prozent pro Kanzlei. Vergleicht man nun den prozentualen durchschnittlichen Mandantenzugewinn (2,9 Prozent) damit, wird offenkundig, dass der durchschnittliche Umsatz pro Mandat leicht abnimmt. In der Einzelkanzlei ist dieses Phänomen deutlich stärker ausgeprägt.

Kostendruck nimmt zu

Auch der Steuerberater ist ein Kostenpunkt, der dem Rotstift zum Opfer fallen kann.

Dies hat vielfältige Ursachen. Zum einen steigt der Kostendruck innerhalb der Mandantenunternehmen. Der Steuerberater ist dabei auch einer der Kostenpunkte, die dem Rotstift zum Opfer fallen. Zwar werden eher selten unmittelbar die Ausgaben für ihn gekürzt, wohl aber wird das Budget gedeckelt und in der Folge auf Leistungen verzichtet. Wie sich der Kostendruck heute in den Unternehmen auswirkt und welche Erwartungen ihre Lenker für die Zukunft haben, offenbaren zahlreiche Studien. So sparen deutsche Unternehmen nach einer Umfrage der Beratungsgesellschaft Ernst & Young sogar an Investitionen für Digitalisierung, insbesondere die Automobilbranche tut dies. Besonders stark betroffen vom Kostendruck sind auch die Energie- oder die Logistikbranche. Doch nicht nur die finanzielle Situation der einzelnen Betriebe, auch die Struktur des Mittelstands selbst verändert sich. So bilden sich neben den Großunternehmen immer mehr zwar mittelstandsähnliche, aber lediglich rechtlich selbstständige Einheiten heraus, die als Mandanten für kleine und mittelständische Steuerkanzleien durch die starke Bindung an einen Konzern eher weniger infrage kommen. Gleichzeitig schwindet die Basis der wirtschaftlich gesunden kleineren Unternehmen, die Steuerberater traditionell betreuen. Diese haben laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln ebenso wie die Großbetriebe in den vergangenen Jahren Beschäftigte verloren. Wohl als Mandate zu gewinnen, aber weniger lukrativ sind die zahlreichen Einzelselbständigen, die in einigen Branchen immer stärker an Bedeutung gewinnen. Hinzu kommt eine wachsende Zahl von Familienbetrieben von Inhabern mit Migrationshintergrund.

­Wachstumsbranche: Unternehmensdienstleister

Mittelstandsforscher sprechen mit Blick auf diese Entwicklungen von einem grundlegenden Wandel der Unternehmenslandschaft weg von der Managerwirtschaft und hin zur sogenannten Entrepreneurial Economy. Die Veränderung wird freilich nicht in allen Branchen gleichförmig verlaufen. So prognostiziert das Bundesarbeitsministerium insbesondere dem Bereich der Unternehmensdienstleistungen Wachstum: Bis zum Jahr 2030 sollen dort 750.000 Arbeitsplätze entstehen. Als Treiber dafür werden vor allem China und Indien auf ihrem Weg in die Hochtechnologie gesehen, was zu einem weiteren Abbau der Produktionskapazitäten im Inland führt und gleichzeitig die Spezialisierung auf technische Dienstleistungen forciert. Darüber hinaus sollen Finanzdienstleistungen – durch das wachsende Privatvermögen einerseits und durch die künftige Investorenrolle deutscher Unternehmen im Ausland andererseits – und die sozialen Dienstleistungen Erziehung, Gesundheit und Sozialwesen wichtige Wachstumsbranchen sein. Rückläufige Zahlen prognostiziert das Ministerium dagegen dem verarbeitenden Gewerbe, dem Handel und Verkehr, dem öffentlichen Dienst, der Bauwirtschaft, der Energie- und Wasserversorgung und der Landwirtschaft.

Qualitätsbewusst und preissensibel

Diese Transformationsprozesse bleiben nicht ohne Folgen für die Art des Mandatsverhältnisses, auf das sich Steuerberater künftig einlassen müssen. In dem Moment, in dem Selbstständige und Unternehmer ihre Tätigkeit nur als Übergangszustand begreifen, verschwindet der Automatismus des jahrzehntelangen Dauermandats. Der Generationenwechsel in den Unternehmen tut ein Übriges dazu. Die jüngere Generation ist markenbewusst und preissensibel, wie eine Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC herausgefunden hat. Quer über alle Altersgruppen hinweg setzt sich zudem ein stärkeres Qualitätsbewusstsein durch. Das lässt sich etwa an der Entwicklung im Handel ablesen, wo Discounter mittlerweile langsamer wachsen als inhabergeführte Supermärkte. Gleichzeitig hält die Preissensibilität an. Für Steuerberater bedeutet dies Chance und Risiko zugleich: Zwar können sie sich durch innovative Dienstleistungen im digitalen Bereich und in der betriebswirtschaftlichen Beratung durch eine hohe Qualität profilieren und treffen dabei höchstwahrscheinlich auf dankbare Abnehmer. Unterlassen sie dies aber, gelten sie als austauschbar, und es trifft sie der gnadenlose Wettbewerb, der allein über den Preisvergleich funktioniert.

Steuerberatung muss Nutzen bringen

Mandanten werden durch die fortschreitende Digitalisierung und die damit verbundene Automatisierung in Zukunft immer weniger Standarddienstleistungen nachfragen. Die Kompetenz ihres Steuerberaters werden sie vor allem dann wahrnehmen, wenn er es versteht, ihnen einen über die Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten hinaus gehenden Nutzen zu versprechen. Kommunikation und Service der Kanzlei müssen sich dabei an dem orientieren, was im Konsumbereich Standard ist. Noch sind Steuerberatungskanzleien nicht zuletzt durch das Berufsrecht daran gehindert, allzu vieles smart, mobil und vernetzt zur Verfügung zu stellen. Doch die Mandanten erwarten dies zunehmend von ihnen. Und es spricht einiges dafür, dass sich dieser Trend in Zukunft fortsetzen wird. Hinzu kommt, dass selbst kleinere Unternehmen in der Mandantschaft dazu gezwungen sind, sich immer stärker zu professionalisieren. Das betrifft ihr Produkt oder ihre Dienstleistung, aber auch Organisation und Prozesse. Finanzverwaltung, öffentliche Hand und ihre größeren Kunden nötigen ihnen dies zunehmend ab.

Künftig einzelne Gruppen ansprechen

Von ihrem Dienstleister Steuerberater erwarten Mandanten daher, dass er sie tatsächlich aktiv berät und auf Möglichkeiten zur effizienteren Prozessgestaltung rund um den gesamten finanzwirtschaftlichen Bereich anspricht. In Zukunft wird es immer stärker darum gehen, Lösungen zu präsentieren – und zwar solche, bei denen alle Teile mitgeliefert werden. Mandanten wollen nicht mehr nur ihre Buchführung erledigt haben, sondern erwarten, dass der Steuerberater ihnen zeigt, wie sie ihr Rechnungswesen effizient organisieren, und ihnen erklärt, wie sie welche Software einsetzen sollen. Im Problemfall soll er möglichst rund um die Uhr zur Verfügung stehen.

Fazit

Inwiefern Kanzleien diese Erwartungshaltungen künftig überhaupt erfüllen können oder wollen, ist eine andere Frage. Jede Kanzlei muss dies strategisch klären und sich höchstwahrscheinlich entweder auf Mandantengruppen oder auf ein bestimmtes Dienstleistungsangebot begrenzen.

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Zur Autorin

AB
Alexandra Buba

M.A., Wirtschaftsredakteurin, buba.medientext

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