Jeden Berührungspunkt für die Markenbildung nutzen - 20. Mai 2013

Mit Kontakten punkten

Ob Telefonat, Meeting oder Weihnachtsgruß – jeder Kontakt mit dem Kunden hinterlässt Spuren. Darum sollten Kanzleien alle ihre Touchpoints systematisch zum Markenaufbau nutzen.

Marken sind allgegenwärtig. Längst ist Markenführung nicht mehr nur Thema für Konsumgüterhersteller oder die Global Player der Automobilbranche. Auch Dienstleister müssen Überzeugungsarbeit beim Kunden leisten. Kanzleien sind davon nicht ausgeschlossen. Schließlich zahlt der Kunde für eine Leistung, die er im Vorfeld nicht beurteilen kann. Umso wichtiger ist eine starke Kanzleimarke als Orientierungs- und Vertrauensanker. In Anbetracht des steigenden Wettbewerbsdrucks wird es für diese immer wichtiger, die eigenen Wettbewerbsvorteile herauszustellen und sich eindeutig und differenzierend zu positionieren.
Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der Zielgruppen. Das Vorstellungsbild einer Marke – das Markenimage – wird über ihren Auftritt geprägt. Am Ende des Tages beinhaltet das Markenimage all das, was von der Marke wahrgenommen wurde. Dabei verfügt jede Marke wie ein Mensch über ein Gesicht. Dieses wird durch die Markenidentität bestimmt. Sie gibt den Kurs vor und beschreibt, wofür eine Marke steht, umfasst ihre essentiellen, wesensprägenden Merkmale und ist Ankerpunkt für die Positionierung. Die Positionierung einer Marke sollte an allen Kontaktpunkten umgesetzt und konkret wahrnehmbar werden.
Jede Kanzlei sollte wissen, wer sie ist und was sie besonders macht, wofür sie steht und wofür sie eben nicht steht und warum Kunden genau diese Kanzlei wählen sollten und keine andere. Fragt man willkürlich bei Kanzleien an, so können Inhaber und Mitarbeiter auf diese einfachen Fragen häufig keine Antworten geben. Wie soll dann aber ein Kunde den Unterschied zu anderen Kanzleien spüren?
Die Umsetzung ist dann besonders wirksam, wenn die Marke wahrnehmbar und eigenständig mit den gleichen Inhalten und immer mit demselben Gesicht auftritt. So kann es einer Marke gelingen, eine einzigartige und präferenzbildende Position in den Köpfen der Zielgruppen aufzubauen.

Jeder Kontaktpunkt ist ein Fingerabdruck der Marke

Marken sind ständig auf Sendung. Und jeder Kontaktpunkt mit einer Marke hinterlässt Spuren. Auch eine Kanzlei muss sich dessen bewusst sein, wenn sie eine starke Marke werden möchte. Über die Festlegung einer authentischen Identität und über eine eigenständige Umsetzung kann es einer Kanzlei gelingen, Markenbekanntheit aufzubauen und ihr Image nachhaltig zu stärken.
Wenn Sie als Steuerberater Ihren Mandanten einen herausragenden Service versprechen, die Kunden aber vergeblich auf einen avisierten Telefonanruf warten, hinterlässt dies einen Eindruck. Wenn Sie dem Kunden persönliche Beratung anbieten, jedoch nur wenige Gesprächstermine zur Verfügung stehen, hinterlässt dies einen Eindruck. Wenn die von Ihnen gesendete Rechnung unübersichtlich und nicht eindeutig die in Rechnung gestellten Leistungen wiedergibt, hinterlässt dies einen Eindruck.
Marken stehen für klare Versprechen und bilden für Kunden im Meer der Angebote einen zentralen Vertrauensanker. Deshalb lautete das Credo von Robert Bosch: „Lieber Geld verlieren als Vertrauen.“ Auch Kanzleimarken müssen ihr Versprechen halten – und dies bei jedem Kundenkontakt. Gerade Steuerberater genießen ein außergewöhnlich großes Vertrauen bei Mandanten, müssen aber auch einem hohen Leistungsanspruch gerecht werden. Dem direkten Kundenkontakt kommt bei der Gestaltung der Mandantenbeziehung eine besonders große Bedeutung zu. Dessen Einfluss ist enorm hoch und kann das Bild der Kanzlei, das ein Mandant hat, in wenigen Sekunden völlig verändern. Mediale Kommunikation wie ein Flyer oder ein Werbebrief kann dann nur noch schwer das Bild der Marke im Kopf der Mandanten beeinflussen. Es bleibt festzuhalten: Der direkte Kundenkontakt hat einen wesentlich stärkeren Einfluss auf die Wahrnehmung Ihrer Kanzleimarke als werbliche Kommunikation wie Prospekte oder Briefe, wenngleich diese eine größere Anzahl an Personen erreichen kann. Umgekehrt schafft gerade die werbliche Kommunikation eine Erwartungshaltung, die eine Marke erfüllen muss.

99 von 100

Managern sagen: „Wir nutzen unsere Kontaktpunkte nicht voll aus.“

Dokumentenmappe, Büroeinrichtung oder telefonischer Kontakt

Zunehmend sind sich Steuerberater und Rechtsanwälte über den Einfluss ihrer Kontaktpunkte bewusst. Dennoch ist weiter Aufklärungsarbeit zu professionellem Customer Touchpoint Management zu leisten – branchenübergreifend. Wie eine Studie von „ESCH. The Brand Consultants“ bei über 100 Managern unterschiedlicher Branchen ergab, machen sich viele Unternehmen über die Interaktion und die Vielzahl ihrer Berührungspunkte mit ihren Ansprechpartnern noch zu wenig Gedanken. Nur sieben Prozent der befragten Manager bewerten die Professionalität ihres Touchpoint Managements als hoch. 99 Prozent sehen noch ein mittleres bis hohes Optimierungspotenzial. Und dies, obwohl jeder Kontaktpunkt einen positiven oder negativen Beitrag für die Marke leisten kann. Je nach Branche sind unterschiedliche Schwerpunkte zu legen. Bei einem Online-Händler wie Zalando kann die Gestaltung des Pakets entscheidend sein, beim Stromanbieter die Rechnung oder beim Logistikunternehmen der Warencontainer.
Beim Steuerberater kann bereits die Dokumentenmappe, in der er Dokumente aushändigt und präsentiert, zur Markenbildung in eigener Sache beitragen. Eigenständig gestaltete Geschäftsbriefe oder die Präsentation des Jahresabschlusses in einer besonderen Mappe können einen positiven Eindruck hinterlassen. Derartige Möglichkeiten, Kontaktpunkte mit den Mandanten zu nutzen, gibt es viele. Auch kleine Kanzleien können ein unverwechselbares und differenzierendes Markenbild aufbauen. Auch die DATEV bietet ihren Mitgliedern Marketingpakete und Beratung zur besseren Ausgestaltung der Kontaktpunkte an.
Dennoch ist für Kanzleien der Bekanntheitsaufbau schwieriger als für andere Dienstleistungsunternehmen. Häufig suchen potenzielle Mandanten aktiv nach Informationen und stützen sich in ihrer Wahl auf Empfehlungen aus ihrem Familien- und Freundeskreis. Indirekte Kontaktpunkte wie Mundpropaganda sind nur schwer von den Kanzleien steuerbar. Umso wichtiger ist es, bei bestehenden Mandanten die Kontaktpunkte so zu nutzen, dass ein positives inneres Bild der Marke aufgebaut wird und eine hohe Weiterempfehlungsbereitschaft entsteht. Denn zufriedene Mandanten empfehlen ihren Berater weiter – die unzufriedenen kosten jedoch womöglich zahlreiche Kunden.

Nur

7%

stufen den Grad der Professionalität in ihrem Unternehmen als hoch ein.

Kanzleien können neue Medien nutzen, um ihre Leistungen darzustellen und den Kontakt zu den (potenziellen) Mandanten zu pflegen. Eine mobile Website, die über jedes Smartphone unabhängig vom Betriebssystem optimal dargestellt wird, kann bei der ersten Internetrecherche einen positiven Eindruck vermitteln. Auch der Auftritt über eine Social-Media-Plattform wie Facebook kann dazu dienen, Mandanten zu akquirieren oder zu binden. Allerdings muss hier immer die Unkontrollierbarkeit dieser Medien beachtet werden. Es müssen kontinuierlich Zeit und personelle Ressourcen in die Pflege dieser Kontaktpunkte investiert werden.

Professioneller Touchpoint

Ein systematisches Customer Touchpoint Management erfolgt in fünf Schritten. Das systematische Management der Kontaktpunkte offenbart erhebliche Potenziale und ist ein Schlüssel für den Aufbau einer starken Kanzleimarke. Gleich, ob Konsumgut oder Dienstleistung – Markenführung bedarf einer langfristigen Planung und Kontinuität kommunikativer Maßnahmen.

  1. Internal Touchpoint Audit
    Bei der Ermittlung und Bewertung der Kontaktpunkte gilt: nichts auslassen und nüchtern bewerten.
    Zunächst sind alle Kontaktpunkte systematisch zu sammeln, diese in die Kontaktphasen (Bekanntheits- und Imageaufbau, Beratung usw.) mit einem Mandanten einzuordnen und anschließend in Makround Subberührungspunkte zu systematisieren. Ein Beispiel: Das Büro eines Steuerberaters ist ein wichtiger Makrokontaktpunkt. Dort spielt das Erscheinungsbild, der Eingangsbereich oder die Büroeinrichtung eine wichtige Beeinflussungsrolle, die es zu analysieren gilt.
  2. External Touchpoint Audit
    Hier zählt, was der Mandant denkt und will. Viele Kanzleien setzen aufs falsche Pferd.
    Bei der externen Analyse ist die Relevanz aus Mandantensicht zu erfassen und zu klären, wie gut die jeweiligen Kontaktpunkte aus ihrer Sicht umgesetzt sind.
  3. Touchpoint Evaluation
    Es gilt: Wirkung zählt.
    Hier sind Außen- und Innensicht zusammenzubringen und eine Adjustierung der Wahrnehmung vorzunehmen. So wurden bei einem Telekommunikationsunternehmen die Häufigkeit der Kontakte und die Relevanz der Filiale für Kunden aus Sicht des Managements deutlich überschätzt, die telefonische Betreuung hingegen wurde unterschätzt.
    Auf der dritten Stufe kann der Impact on Investment berechnet werden. Hierzu gilt es, die vorher gemessenen Indikatoren für die Kundenrelevanz und die Leistungsstärke zu einem Wirkungsfaktor zu verdichten, um diesen dann mit den in die jeweiligen Kontaktpunkte getätigten Investitionen (Kosten) abzugleichen.
  4. Touchpoint Action Plan
    Hier werden systematisch Maßnahmen zur Optimierung, Ergänzung, Verstärkung oder Eliminierung je Kontaktpunkt definiert. Es gilt: erst denken, dann handeln.
    Auf Basis der vorangegangenen qualitativen und quantitativen Analysen kann eine Optimierung der Kontaktpunkte vorgenommen und Einsparmaßnahmen identifiziert werden.
  5. Touchpoint Tracking
    Die regelmäßige Kontrolle ermöglicht eine kontinuierliche Optimierung der Kontaktpunkte.
    Die Entwicklung eines Touchpoint Trackings hilft, die Wirkung der Maßnahmen zu prüfen, ein besseres Verständnis für Wirkungszusammenhänge zu erhalten und dadurch auch eine effektivere und effizientere Steuerung der Investments in die relevanten Kontaktpunkte.

Zu den Autoren

Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch

Direktor, Institut für Marken- und Kommunikationsforschung, EBS Business School, Oestrich-Winkel. Gründer von ESCH. The Brand Consultants, Saarlouis

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Andrea Klaus

Senior Associate, ESCH. The Brand Consultants, Saarlouis

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