Digitale Be­steue­rungs­ver­fahren - 25. Mai 2016

Kommunikation ohne Papier

Die Nutzung moderner In­for­ma­tions­tech­no­lo­gien ist längst in den Ar­beits­ab­läufen der Steuer­kanz­leien an­ge­kommen. Pa­pier­basierte Ver­fah­rens­ab­läufe werden dabei zu­neh­mend durch elek­tro­nische ersetzt.

Die Nutzung moderner Informationstechnologien ist längst in den Arbeitsabläufen der Steuer­kanzleien angekommen. Spürbar wird dies insbesondere bei den Vorgängen, die die Kom­muni­kation zwischen den am Steuerverfahren Beteiligten betreffen, konkret also zwischen Steuer­pflich­ti­gen und deren Steuerberatern und dem zuständigen Finanzamt. Das entscheidende Stichwort hinsichtlich der Kommunikation ist ganz klar: elektronisch. Papierbasierte Ver­fah­rens­ab­läufe werden zunehmend durch elektronische ersetzt, sei es durch die Einführung der Pflicht zur Abgabe von elektronischen Steuererklärungen oder der E-Bilanz. Nicht von allen Steuerberatern wird diese Entwicklung als Erleichterung für den Kanzleiablauf wahrgenommen. Den bisherigen Belastungen versuchen Bund und Länder nunmehr erfreulicherweise ent­ge­gen­zu­steuern. Als ersten Schritt dieses Mammutprojekts stellten sie den Diskussionsentwurf zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens Ende 2014 zur Erörterung. Neben technischen Neuerungen, die zur Umsetzung einer gesetzlichen Legitimation bedürfen, sind dort auch eine Reihe untergesetzlicher Maßnahmen vorgesehen. Im Fokus steht hier insbesondere der Datenschutz personenbezogener Informationen. Durch die Übermittlung via ELSTER soll eine hochsichere Datenübertragung gewährleistet werden. Mit welchen technischen Neuerungen kann insoweit in den nächsten Jahren gerechnet werden?

Nachrichtenversand

Ein zentraler Punkt ist der ­sichere elektronische Nachrichtenversand.

Ein für die Praxis zentraler Punkt ist der sichere elektronische Nachrichtenversand. Bereits jetzt ist es beispielsweise in einigen Bundesländern, wie in Bayern, Berlin oder Nordrhein-Westfalen, möglich, elektronisch Einsprüche via ELSTER einzulegen. Hier ist nicht nur ein bundesweites Angebot geplant. Auch Änderungsanträge sollen künftig mittels ELSTER übermittelt werden können. Des Weiteren sehen die Bestrebungen mittelfristig die Erweiterung des Schriftverkehrs um elektronische Anlagen vor. Nach der derzeitigen Grobplanung des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) kann mit einer Eröffnung dieser Möglichkeiten in 2019 gerechnet werden. Daneben ist bis 2019 die Übermittlung von Nachrichten seitens des Finanzamts zurück an den Steuerpflichtigen avisiert. Die Reduzierung der Medienbrüche ist der maßgebliche Beitrag zur Minimierung des Arbeitsaufwands. In diesem Zusammenhang darf jedoch das Haftungsrisiko eines Steuerberaters nicht außer Acht gelassen werden. Um dem Mandanten gegenüber den übermittelten Inhalt belegen zu können, bedarf es zwingend eines aussagekräftigen Sendeprotokolls. Dieses sollte gleichfalls die Funktion einer Empfangsbestätigung erfüllen. Nur so ist beispielsweise ein Nachweis über die Wahrung von Fristen zu erreichen.

Übermittlung von elektronischen Belegen

Neben der Erweiterung des allgemeinen elektronischen Schriftverkehrs wird auch die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung von Belegen zur Steuererklärung forciert. Neben eingescannten Papierbelegen sollen zudem originär elektronisch erstellte Dokumente, wie beispielsweise elek­tro­nisch signierte Rechnungen, von der Finanzverwaltung über ELSTER empfangen werden können. Nun ist beabsichtigt, den digitalen Belegversand sowohl zeitgleich mit der Übermittlung der Steuererklärung als auch im Nachgang bei Aufforderung seitens des Finanzamts zu eröffnen. Die Grobplanung des BMF stellt eine Umsetzung dieser Pläne bis 2019 in Aussicht. Der or­ga­ni­sa­to­rische Aufwand bei der Bearbeitung von Steuererklärungen würde so erheblich minimiert und die Kanzleien entlastet.

Elektronische Bekanntgabe von Verwaltungsakten

Nicht nur die nachrichtliche Kommunikation wird elektronisch ausgebaut. Vielmehr wird auch der Weg für die elektronische Bekanntgabe von Verwaltungsakten bereitet. Das Ge­setz­ge­bungs­ver­fahren zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens legt mit der Einführung eines neuen § 122a Abgabenordnung (AO) den Grundstein dafür. Demnach können, das widerrufbare Einverständnis des Steuerpflichtigen vorausgesetzt, Verwaltungsakte bekannt gegeben werden, indem sie zum Datenabruf durch Datenfernübertragung bereitgestellt werden. Üblicherweise wird die abrufberechtigte Person, also der Steuerpflichtige oder eine von ihm bestimmte Person, wie etwa sein Steuerberater, eine E-Mail erhalten, die über die bereitstehenden Daten informiert. Da die E-Mail-Nachrichten selbst keine besonders schützenswerten per­so­­nen­be­zo­genen In­for­ma­tio­nen enthalten, werden diese künftig ohne Verschlüsselung übermittelt. Der Gesetzgeber schafft hierfür die entsprechende rechtliche Grundlage. Ergänzend sind Neuerungen für die Bekanntgabe von Steuerbescheiden, Einspruchsentscheidungen und Prüfungsanordnungen vorgesehen. Diese dürfen explizit den Beteiligten elektronisch erteilt werden. Soweit die technischen oder organisatorischen Voraussetzungen erfüllt sind, können Verwaltungsakte ab 2017 elektronisch bekannt gegeben werden. Jedoch ist mit einer abschließenden elektronischen Umsetzung nach derzeitiger Einschätzung des BMF erst in 2019 zu rechnen. Allerdings müssen die bereits gegenwärtig bestehenden technischen Schwierigkeiten bei der Datenübermittlung von Steuerbescheiden zeitnah gelöst werden. Nur die Einrichtung reibungsloser Prozesse ge­währ­leis­tet künftig die Akzeptanz des elektronischen Verwaltungsakts. Anderenfalls kann die Einwilligung zur digitalen Bereitstellung der Daten nicht empfohlen werden, da bei fehlerhafter Übertragung Rechtspositionen des Steuerpflichtigen gefährdet wären.

Rückübermittlung von Bescheiddaten

Mittelfristig ist die Rückübermittlung seitens der Finanzverwaltung von erweiterten Be­scheid­daten vorgesehen. Die Besteuerungsgrundlagen sollen detaillierter als im bisherigen Steuer­be­scheid auf­ge­schlüsselt werden. Die Prüfung von Abweichungen zu Steuer­er­klä­rungs­an­gaben würde bedeutend erleichtert. Die Erweiterung bedarf jedoch der Entscheidung über ein bisher noch nicht vorliegendes einheitliches Datenformat von der Steuer­er­klä­rung bis zur Weiter­ver­ar­bei­tung in der Finanzverwaltung, welches die maschinelle Auswertbarkeit der Erklärungen sicherstellt. Zuvor müssen die Festsetzungsverfahren vereinheitlicht werden. In einem ersten Schritt wird geprüft, inwieweit eine Rückübermittlung gegebenenfalls ohne einheitliches Datenformat teilweise erweitert werden kann. Mit einer fertigen Implementierung der Maß­nah­men dürfte frühestens in 2022 zu rechnen sein.

Elektronischer Zugriff auf eigene Daten

Eine weitere technische Neuerung betrifft die Datenzugriffsmöglichkeit des Steuerpflichtigen, die zum Teil im Wege der Erweiterung der sogenannten Vorausgefüllten Steuererklärung angedacht ist. Zudem ist geplant, die verbindliche E-Bilanz, die einer Veranlagung zugrunde gelegt wurde, elektronisch abzurufen. Vorgesehen ist eine stufenartige Umsetzung. Erst in der letzten Stufe, nach Einrichtung entsprechender Bearbeitungsfunktionen in der Finanzverwaltung, könnte die gegebenenfalls vom Finanzamt geänderte E-Bilanz zum Abruf bereitgestellt werden. Darüber hinaus ist als eine weitere Ausbaustufe eine elektronische Weitergabe von Daten, wie etwa Steuerbescheiden, an andere Behörden für Nachweiszwecke in Planung. Die Maßnahmen werden voraussichtlich in 2019 fertiggestellt sein. Diese Entwicklung führt für Steuerpflichtige zu mehr Transparenz und Rechtssicherheit. Zudem steigt durch ein erweitertes Serviceangebot auch die Akzeptanz für die vermehrte Datenspeicherung.

Fazit

Die aufgezeigten Punkte verdeutlichen, dass Bund und Länder die Kommunikation zunehmend medienbruchfreier gestalten wollen. Abzuwarten ist, ob der ambitionierte Zeitplan eingehalten wird und wie die Maßnahmen im Detail ausgestaltet werden. Äußerst positiv in diesem Zu­sam­men­hang ist zu werten, dass Bund und Länder zur Umsetzung der geplanten IT-Maßnahmen sowie der Weiterentwicklung der Anwenderfreundlichkeit von ELSTER einen Anwenderbeirat eingerichtet haben. Das Gremium ist mit ausgewählten Vertretern aus der Praxis besetzt und soll den Prozess in beratender Funktion in den nächsten Jahren kontinuierlich begleiten.

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Zu den Autoren

DE
Daniela Ebert

Referentin für Steuerrecht (LL.M.), Deutscher Steuerberaterverband e.V., Berlin

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SM
Sylvia Mein

Steuerberaterin und Rechtsanwältin, Leiterin der Steuerabteilung, Deutscher Steuerberaterverband e.V., Berlin

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