Der Schlüssel zu einer skalierten Prüfung liegt in der konsequenten Umsetzung des risikoorientierten Prüfungsansatzes.
Sowohl die nationalen als auch internationalen Prüfungsstandards sind nach herrschender Meinung prinzipienbasierte Regelwerke. Die Prüfungsstandards können somit situationsspezifisch ausgelegt und verhältnismäßig angewandt werden. Diese Sichtweise findet sich inzwischen auch in der Berufssatzung wieder (§ 24b Abs. 1 BS WP/vBP). Was Skalierbarkeit wirklich bedeutet, ist im Berufsstand noch nicht allgemein bekannt. Skalierbarkeit bedeutet nicht die Prüfung nach einem besonderen Regelwerk für KMU oder die rein proportionale Variation des quantitativen Prüfungsumfangs mit der Unternehmensgröße. Der Schlüssel zu einer skalierten Prüfung liegt vielmehr in der konsequenten Umsetzung des risikoorientierten Prüfungsansatzes.1 Es kommt darauf an, die richtigen Schwerpunkte problemorientiert zu setzen. So kann wirksam und wirtschaftlich geprüft werden.
Unternehmensverständnis
Zu Beginn einer skalierten Prüfung sind zunächst die Probleme zu identifizieren. Nur wenn die Probleme bekannt sind, kann der Prüfer auf diese zielgerichtet und planvoll reagieren. Überflüssige Prüfungshandlungen werden so vermieden. Die Prüfungsstandards der International Standards Of Auditing (ISA) und vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) setzen ein umfassendes Verständnis des Unternehmens voraus. Durch die eingehende Beschäftigung mit dem Unternehmen, dessen Geschäftsprozesse und Kontrollen sowie durch eine Analyse des Unternehmensumfelds können die für die Rechnungslegung wesentlichen Fehlerrisiken erkannt und beurteilt werden. Diese sogenannten Prüfungshandlungen zur Risikobeurteilung sind Weichen stellend für das weitere Prüfungsvorgehen und ein wichtiger Schritt zur skalierten Prüfungsdurchführung. Der Umfang der Prüfungshandlungen zur Risikobeurteilung wird maßgeblich beeinflusst durch die Komplexität der Unternehmensstrukturen und -prozesse. Einfachere Strukturen und Prozesse führen in der Regel zu einem schnelleren Verständnis. Eine schlechte Organisation des Rechnungswesens hingegen kann auf der anderen Seite den Prüfungsaufwand erhöhen. Ein wichtiger Faktor bei der Risikobeurteilung und der Festlegung von Art, Zeitpunkt und Umfang der Prüfungshandlungen ist die Berücksichtigung der Wesentlichkeit. Die Prüfung ist darauf auszurichten, mit hinreichender Sicherheit wesentliche falsche Angaben aufzudecken. Eine effiziente Prüfung sollte sich also auf die Risiken konzentrieren, die zu wesentlichen falschen Angaben führen können.
Schwerpunkte
Eine gute Organisation der Prüfung im Sinne eines konsequenten Projektmanagements ist ein weiterer Ansatzpunkt bei der skalierten Prüfung. Die Reaktionen auf die beurteilten Fehlerrisiken sind zielgerichtet zu planen.2 Ein Verzicht auf eine (individuelle) Planung unter Hinweis auf ein Prüfungsvorgehen „von links oben nach rechts unten“ ginge in die falsche Richtung. Die International Federation of Accountants (IFAC) unterstellt, dass eine Stunde, die in die Planung investiert wird, bei der Ausführung bis zu fünf Stunden einsparen kann.3 Ungeachtet der exakten Relation im Einzelfall, liegt ein beträchtliches Effizienzpotenzial in diesem Prozessschritt. Die Kunst besteht darin, die richtigen Schwerpunkte zu setzen, indem die geplanten Prüfungshandlungen den Fokus auf Bereiche legen, in denen wesentliche Fehlerrisiken identifiziert wurden. Dies fördert nicht nur die Effizienz der Prüfung, sondern auch deren Qualität. Art und Umfang der im Einzelfall erforderlichen Prüfungshandlungen können und sollen somit nicht vom Grünen Tisch vorgegeben werden, sondern bedürfen der fallweisen Beurteilung und liegen mithin im pflichtgemäßen Ermessen des Abschlussprüfers.4 Die Ausübung des Ermessens durch den Abschlussprüfer bei der Einschätzung des Fehlerrisikos, der Festlegung der Prüfungsstrategie und des Prüfungsprogramms sowie der Beurteilung, ob ausreichende und geeignete Prüfungsnachweise erlangt wurden, ist somit ein entscheidender Faktor bei einer wirksamen und wirtschaftlichen Prüfung.
Eine effiziente Prüfungs-Software dient der Gesamtsteuerung der Planung, Durchführung und Überwachung von Abschlussprüfungen
Dokumentation
Die Anforderungen an die Prüfungsdokumentation dürfen eine verhältnismäßige Anwendung der Prüfungsstandards nicht konterkarieren. Die Prüfungsdokumentation dient dem Nachweis der ordnungsgemäßen Planung und Durchführung der Abschlussprüfung. Hierzu ist es weder notwendig noch praktikabel, dass der Prüfer alle berücksichtigten Sachverhalte, Überlegungen oder Ermessensentscheidungen bei der Prüfung dokumentiert.5 Entscheidend ist, dass der Prüfer festhält, was er im Rahmen der Prüfung getan hat, und nicht das, was er nicht getan hat. Ein am Zweck der Dokumentation orientiertes Verständnis muss vor allem auch der Berufsaufsicht und Qualitätskontrolle zugrunde liegen. Sie sind es, die faktisch den größten Einfluss auf den Dokumentationsaufwand haben. Daneben wirken sich die Größe des Prüfungsteams sowie auch die fachliche Kompetenz und die Erfahrung der Mitglieder des Prüfungsteams auf Art und Umfang der Prüfungsdokumentation aus. Eine weniger detaillierte Dokumentation zur Vermittlung eines grundlegenden Unternehmensverständnisses kann beispielsweise ausreichend sein, wenn das Prüfungsteam ausschließlich aus langjährig beschäftigten und erfahrenen Mitarbeitern besteht, während bei einem Team mit weniger erfahrenen Mitarbeitern mehr Informationen hierzu erforderlich wären.6
Weitere Aspekte der verhältnismäßigen Prüfungsdurchführung und Dokumentation hat das IDW in einer Anwendungshilfe veröffentlicht.7
Hilfsmittel
Eine gute Software-Lösung ist ebenfalls ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Eine effiziente Prüfungs-Software dient der Gesamtsteuerung der Planung, Durchführung und Überwachung von Abschlussprüfungen. Die Software muss den Abschlussprüfer verlässlich durch den Prozess führen, darf ihn aber nicht gängeln und in ein starres Handlungskonzept zwingen. Eine in diesem Sinne praxisorientierte und skalierbare Software-Lösung kann dabei helfen, bei der Abschlussprüfung Qualitäts- und Kostenbewusstsein miteinander zu verbinden.
Fazit
Die Anwendung des risikoorientierten Prüfungsansatzes ist kein Widerspruch zur wirtschaftlichen Prüfung und Dokumentation. Ganz im Gegenteil. Es kommt darauf an, die richtigen Schwerpunkte zu setzen und die Prüfung dadurch effizient und wirksam zu gestalten. Die Ziele des Abschlussprüfers bei der Prüfung von unterschiedlichen Unternehmen sind dieselben, der Weg dorthin hängt jedoch maßgeblich von den Prüfungsverhältnissen wie der Größe, der Komplexität und den Risiken des zu prüfenden Unternehmens ab. Da sowohl die nationalen als auch internationalen Prüfungsstandards als prinzipienbasierte Regelwerke zu verstehen sind, ist es also erforderlich, die Prüfungsstandards situationsspezifisch auszulegen und verhältnismäßig anzuwenden. Letztendlich liegt es also in der Verantwortung des Abschlussprüfers, die Möglichkeiten zur Skalierung und somit zur Effizienzsteigerung zu nutzen, indem er die Prüfung risikoorientiert, man könnte auch sagen problemorientiert, organisiert, durchführt und dokumentiert.
1 Vgl. Naumann/Feld, IDW Live im Netz, Berufspolitik im Dialog FN-IDW 12/2011, S. 741.
2 Vgl. IDW PS 230, Tz. 6.
3 Vgl. IFAC Guide to Using ISAs in the Audits of Small- and Medium-Sized Entities, Third Edition, Volume 2, Practical Guidance, S. 82.
4 Vgl. IDW PS 200, Tz. 18.
5 Vgl. ISA 230.A7; siehe auch IDW PS 460 n.F., Tz. 11, 14.
6 Vgl. ISA 315.A133; IDW PH 9.100.1, Tz. 82.
7 S. Hinweise und Beispiele zur Prüfungsdokumentation bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen nach ISA und IDW Prüfungsstandards.
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