Das digitale Netzwerk - 20. November 2018

Datenverkehr ist das Rückgrat

Daten müssen fließen können. Vor allem in einem kom­plexen System, das aus mehreren Partnern, Pro­grammen und Platt­formen besteht. Andern­falls würde es nicht funk­tio­nieren und niemand hätte einen Vorteil. Ab­tei­lungs­leiter Georg Bögerl ver­ant­wortet bei DATEV das digitale Öko­system und Big Data Analytics und erklärt, wie man den Daten­fluss or­ga­ni­siert und warum sich Steuer­be­rater auf Big Data freuen können.

Wenn man Georg Bögerl zuhört, klingt alles ganz einfach. Maschinen müssen nur gut zusammenarbeiten, dann verbessern sich Prozesse und Ergebnisse. Um diese Maschinenkooperation kümmern sich Software-Entwickler, indem sie schon frühzeitig ansprechbare Schnittstellen in ihrem Code verankern. Ganz so simpel ist es dann aber doch nicht, wie sich im weiteren Verlauf des Gesprächs schnell zeigt.

Technische Schnittstellen in der API-Economy

In der Welt der digitalen Systeme entstehen Informationen überall und in verschiedensten Systemen.

In geschlossenen Systemen verhält es sich so, dass ein Anwender ein Problem zu lösen hat und dafür ein Computerprogramm nutzt. Über eine entsprechende Oberfläche gibt er Informationen ein, dort werden sie dann verarbeitet, gespeichert und entsprechend aufbereitet auch wieder zurückgegeben. Die Schnittstelle, die hierbei eine Rolle spielt, nennt sich User Interface (UI), sie verbindet Mensch und Maschine. Von dieser Anwenderschnittstelle reden wir in diesem Kontext nicht. Wichtig ist die Programmierschnittstelle, das sogenannte Application ­Programming Interface (API), das die Kommunikation unter Maschinen nach bestimmten festgelegten Standards ­ermöglicht.
„In der Welt der digitalen Systeme entstehen Informationen überall und in verschiedensten Systemen“, führt Georg Bögerl aus. „Andererseits können die vielfältigen Probleme, die typischerweise in einer Firma zu lösen sind, nicht mit einem System vollständig realisiert werden.“ Die Herausforderung bestehe darin, diese Systeme zusammenzubringen. In einem betrieblichen Kontext gibt es beispielsweise Warenwirtschaftssysteme, die Unternehmen nutzen, oder in der Welt des E-Commerce existieren eine Reihe entsprechender Webshop-Systeme. Größere Firmen setzen sogenannte Personalmanagementsysteme ein. Eine Integration kann man nur gestalten, indem man beispielsweise Kooperationen mit diesen Softwareherstellern eingeht. Denn: „Es gibt kein Unternehmen auf der ganzen Welt, das für die vielfältigen betrieblichen Prozesse alleine eine Komplettlösung anbieten kann und will“, so Georg Bögerl. Dafür gebe es unterschiedliche Spezialisten. Zudem hat DATEV selbst auch sehr viele Systeme wie Rechnungswesen, Lohn, Steuern oder Wirtschaftsberatungsprogramme. Online-Lösungen genauso wie Programme, die im Unternehmen installiert werden. Auch diese müssen gut zusammenarbeiten.
Ein digitales Ökosystem, das über das Internet die Systeme so miteinander verbindet, dass ein reibungsloser Austausch der Daten in beide Richtungen möglich ist, bringt den Beteiligten viel.
Der Status quo bei der Zusammenarbeit einer Steuerberatungskanzlei mit ihren Mandanten stellt sich heute oft so dar: Der Mandant liefert einmal in der Woche seine Belege oder er digitalisiert sie und schickt sie via Unternehmen online. EDV zu Fuß nennt das Georg Bögerl.
Denkbar ist eine Zukunft, in der der Mandant mit einem System arbeitet, das die ausgeführten Transaktionen unmittelbar in die Buchführung der Kanzlei überführt, ganz ohne manuelle Eingriffe. Die Kanzlei hätte so immer ein aktuelles Bild der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens und könnte die in ihren DATEV-Systemen erzeugten Verarbeitungsergebnisse automatisiert dem Mandantensystem ­zurückspielen. So ließen sich beispielsweise Erkenntnisse darüber gewinnen, wie es um die Zahlungsmoral der Kundschaft des Mandanten bestellt ist. Dieser automatisierte Datenaustausch in Echtzeit ermöglicht es der Kanzlei, frühzeitig die Entwicklung der Liquidität in der Mandantschaft im Blick zu behalten.

Security

Kann DATEV bei einer so umfassenden Vernetzung noch die Datensicherheit garantieren? Ja, jeder Nutzer einer Schnittstelle ist bekannt. Jedes System, jedes Programm und jeder Mensch, der sich vernetzen möchte, muss sich über ein DATEV-Authentisierungsverfahren legitimieren. Die Daten selbst werden ausschließlich verschlüsselt übermittelt. „Neben dieser verschlüsselten Kommuni­kation, die ein Standard ist, gibt es weitere Techniken, die Angriffe entlang der Datenströme verhindern“, so Georg ­Bögerl.

Innovation

Die Frage, warum diese Entwicklung unter der Überschrift Ökosystem verhandelt wird und nicht einfach als Teil der Digitalisierung begriffen wird, drängt sich auf. Es sei natürlich schon so, dass hier ein technologischer Wandel stattfindet. Auch die Erwartungshaltung von Mandanten ändere sich grundlegend. Sie wollen die technischen Entwicklungen, die sie im Privaten erleben, natürlich auch in der Zusammenarbeit mit ihrem Steuerberater erleben dürfen. „Plus natürlich, dass wir uns selber auch Richtung Cloud-Lösungen orientieren.“
Bei DATEV hat man sich auch schon vor über zehn Jahren aus dem damals geschlossenen System bewegt und mit Banken oder der Finanzverwaltung elektronisch zusammengearbeitet. Der wesentliche Unterschied liegt in der Skalierbarkeit. „Wir sprechen nicht länger nur mit großen Institutionen zum Thema Datenaustausch, sondern wir reden auch mit kleinen innovativen Software-Häusern, Start-ups, die eine winzige Nische gefunden haben, die wir vielleicht auch gar nicht besetzen wollen“, erklärt Georg Bögerl. Die Anzahl der Software-Lösungen, die für DATEV relevant sind, wachse dabei exponentiell. Häufig handele es sich dabei um Warenwirtschaftssysteme, Personalmanagementsysteme oder ERP-Systeme, mit denen sich die Genossenschaft vernetzen muss. Hinzu kommen Webshop-Systeme und neue Payment-Provider, wie PayPal. Banken müssen sich mittlerweile mit API öffnen. Daran sieht man schon, welche Bedeutung das Thema API im Hintergrund für die Vernetzung hat. Nicht umsonst spreche man schon von einer API-Economy. Innerhalb dieser Economy gibt es nun auch neue Ansprechpartner. Bisher adressierte DATEV als Zielgruppe primär die Kanzlei, dann die Mandanten und die Zusammenarbeit zwischen Mandant und Kanzlei. „Jetzt haben wir als Zielgruppe auch explizit den Software-Entwickler, der Software für einen Mandanten schreibt, und der muss wieder anders angesprochen werden.“ Wie andere Firmen auch will DATEV diese Ansprache über ein Developer Portal organisieren, in dem Software-Entwickler alle Informationen finden, die sie brauchen, um etwa bestimmte Schnittstellen im DATEV-Ökosystem anschreiben zu können.

Big Data

Welche Rolle spielen Big-Data-Analysen in einem digitalen Ökosystem? Big-Data-Analysen umkreisen immer Fragen, die man nur beantworten kann, wenn man über den eigenen Tellerrand blickt. „Eine Fibu-Automatisierung ist ohne Big Data kaum möglich“, räumt Georg Bögerl ein, „vor allem, wenn man Handlungsempfehlungen geben will, die auf verlässlichen Vorhersagen beruhen sollen.“ Wenn man etwa wissen will, wie sich bestimmte Gehaltsprofile entwickeln werden, ist das seriös nur möglich, indem man mehrere Datenbestände ins Auge fasst. Die Auswertungen, die DATEV bislang vorgelegt hat, haben eher einen deklarativen Charakter. Da Steuerberater künftig verstärkt in die Richtung betriebswirtschaftliche Beratung gehen werden und sich zu einer Art Business-Begleiter entwickeln, benötigen sie auch entsprechende Informationen. Diese kommen aus den Mandantensystemen und aus sonstigen externen Systemen. Nur so kann eine Kanzlei einen holistischen Blick auf einen Sachverhalt gewinnen. Die ganze Arbeit des Systems verändert sich dabei fundamental: weg von der Eingabe, Verarbeitung und Ausgabe hin zu automatisierten und vernetzten Systemen, die intelligente Mechanismen steuern und dann in Ausnahmefällen die Interaktion eines Entscheiders motivieren.
Künstliche Intelligenz lebt nun mal von Daten. Als eine „unverschämte Effektivität von Daten“ bezeichnet Georg Bögerl diesen Umstand. Je mehr Daten, desto besser die Voraussage. Deswegen sind die wirklich großen Player in dem Bereich wie Facebook, Google, Amazon, Microsoft oder Apple auch führend beim Thema künstliche Intelligenz (KI). ­
Georg Bögerl jedenfalls zeigt sich zuversichtlich, was den Umgang mit Big Data bei DATEV angeht: „Ich glaube, dass wir als Genossenschaft natürlich besonders dafür prädestiniert sind, verantwortungsvoll mit den Daten umzugehen und unseren Mitgliedern dennoch neue Chancen und Möglichkeiten erschließen können.“

MEHR DAZU

Weitere Informationen zum Thema Digitale Datenanalysen finden Sie unter www.datev.de/datenpruefung

Zum Autor

Dietmar Zeilinger

Redaktion DATEV magazin

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