Das MicroBilG tritt in Kraft - 15. März 2013

Ist das wirklich ein großer Wurf?

Das Bundeskabinett hat die Micro-Richtlinie der EU verabschiedet. Damit will der Gesetzgeber kleinste Kapitalgesellschaften in der Rechnungslegung und Offenlegung entlasten. Ist das MicroBilG nun eine bahnbrechende Neuerung oder nur eine Veränderung in homöopathischer Dosis?

Die EU-Kommission, unterstützt von der High Level Group  („Stoiber-Kommission“), hat sich die Entlastung kleiner und mittlerer Unternehmen auf die Fahnen geschrieben. Als Folge dieses Programms („Small Business Act“) wurde am 14. März 2012 die sogenannte Micro-Richtlinie der EU verabschiedet. Das Bundeskabinett hat am 19. September 2012 den Entwurf des Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetzes (MicroBilG) verabschiedet. Das Gesetzgebungsverfahren konnte noch im alten Jahr abgeschlossen werden und das MicroBilG in Kraft treten.
Mit dem MicroBilG werden unter Inanspruchnahme der durch die EU-Micro-Richtlinie eröffneten Mitgliedstaatenwahlrechte Rechnungslegungs- und Offenlegungserleichterungen umgesetzt. Dies ist natürlich zu begrüßen, aber einen großen Wurf oder gar eine Rechnungslegungsrevolution stellen diese vorgeschlagenen Regelungen nicht dar.
Zunächst werden die Größenklassen für Kleinstkapitalgesellschaften in einem neuen § 267a Handelsgesetzbuch (HGB) festgelegt. Kleinstkapitalgesellschaften sind nach einer Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums etwa 500.000 Unternehmen in Deutschland. Es sind Kapitalgesellschaften und ihnen gleichgestellte Rechtsformen (beispielsweise GmbH & Co. KG), die an zwei aufeinanderfolgenden Abschlussstichtagen zwei der drei Kriterien nicht überschreiten:

  • Umsatzerlöse bis 700.000 Euro
  • Bilanzsumme bis 350.000 Euro
  • zehn Arbeitnehmer (im Jahresdurchschnitt)

Erleichterungen

Die Kleinstkapitalgesellschaft kann künftig auf die Erstellung eines Anhangs zur Bilanz vollständig verzichten, wenn sie bestimmte Angaben unter der Bilanz macht (§ 264 Abs. 1 HGB). Insbesondere sind das Angaben zu Haftungsverhältnissen und gewährten Vorschüssen und Krediten an Mitglieder der Organe. Darüber hinaus gewährt das MicroBilG weitere Möglichkeiten, die Darstellungstiefe im Jahresabschluss zu verringern. Bei der Gewinn-und-Verlust-Rechung kann die Kleinstkapitalgesellschaft gemäß § 275 Abs. 5 HGB ebenfalls ein verkürztes Gliederungsschema verwenden. Eine Kombination dieser Erleichterungen mit denen von § 276 Abs. 1 Satz 1 HGB (Rohergebnis als Saldo aus Umsatzerlösen, sonstige Erträge und Materialaufwand) ist nicht möglich.
Neben diesen zentralen Erleichterungsvorschriften enthält das MicroBilG weitere weniger wichtige Detailregelungen. Dabei handelt es sich unter anderem um redaktionelle Klarstellungen. Geändert wurden § 264b HGB (Mutterunternehmen kann seinen Sitz auch außerhalb Deutschlands haben) und § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB (Erstreckung auch auf ausländische Investmentvermögen).

An die Vereinfachungs­vorschläge der „Stoiber-Kommission“ wurden hohe Erwartungen geknüpft.

Offenlegung

Kleinstkapitalgesellschaften können künftig gemäß § 326 Abs. 2 HGB wählen, ob sie die Offenlegungspflicht durch Veröffentlichung (Bekanntmachung der Rechnungslegungsunterlagen) oder nur durch Hinterlegung der Bilanz erfüllen. Auch die Hinterlegung erfolgt beim elektronischen Bundesanzeiger, wobei Dritte auf Antrag eine kostenpflichtige Kopie der Bilanz erhalten
(§ 9 Abs. 6 HGB). Anders als zum Teil behauptet, führt das MicroBilG nicht zur Abschaffung der Publizitätspflichten von Kleinstkapitalgesellschaften. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Hürden für den Zugang für Dritte etwas erhöht, da nunmehr ein kostenpflichtiger Antrag zu stellen ist.

Inkrafttreten und Geltung

Die Neuregelungen des MicroBilG gelten für alle Geschäftsjahre, deren Abschlussstichtage nach dem 30. Dezember 2012 liegen, also auch bereits für den Jahresabschluss zum 31. Dezember 2012. Dies gilt jedenfalls für die skizzierten Änderungen, die aus der Umsetzung der EU-Micro-Richtlinie resultieren. Andere Regelungen, die insbesondere Klarstellungen darstellen – so die missverständliche Formulierung in der Begründung zum Referentenentwurf – kommen erst für Jahres- und Konzernabschlüsse nach dem 31. Dezember 2012 zur Anwendung.

Fazit

Die mit großen Erwartungen verknüpften Vereinfachungsregelungen für Micro-Unternehmen haben bereits auf europäischer Ebene zu eher homöopathischen Veränderungen der Rechnungslegung geführt. Sämtliche Kommentatoren sind sich einig, dass die erwarteten Kosten­einsparungen in der Praxis kaum spürbar sein dürften. Die Einschränkungen der Publizitätspflichten sind zudem eher formaler Natur. Der Zugriff auf die hinterlegte Bilanz wird zwar erschwert, bleibt aber im Ergebnis erhalten. Hinzu kommt, dass durch § 5b Einkommensteuergesetz buchführungspflichtige Unternehmen unabhängig von den handelsrechtlichen Größenklassen gezwungen sind, das detaillierte Gliederungsschema der sogenannten E-Bilanz zu beachten.

Zum Autor

Prof. Dr. Jens Poll

ist Partner von RBS RoeverBroennerSusat und Chairman von Moore Stephens Europe.

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