Wenn die Sonne Strom erzeugt - 11. September 2013

Heiter bis wolkig

Für viele Fotovoltaikanlagenbetreiber sind die Regelungen zum Einspeisemanagement mit der Pflicht zur Nachrüstung und Abschaltung von Anlagen ein ganz neues Thema.

Die Möglichkeit der Anlagenfernregulierung wird bei Fotovoltaikanlagen (PV-Anlagen) im Erneuerbare-Energien-Gesetz 2012 (EEG) erheblich ausgeweitet. Hintergrund ist der hohe Zubau an installierter Leistung, heißt es dazu aus den beteiligten Ministerien. Betreiber von 2009 bis 2011 installierten Anlagen mit einer Leistung zwischen 30–100 kWp müssen noch bis Ende 2013 auf eigene Kosten nachrüsten.

Neuanlagen (Inbetriebnahme ab 1.1.2012)

Während gemäß § 6 EEG 2009 nur Großanlagen (> 100 kWp) über eine technische Vorrichtung zur ferngesteuerten Reduzierung der Einspeiseleistung verfügen mussten, ist nach § 6 Abs. 2 EEG nicht nur bei PV-Neuanlagen der Größe 30–100 kWp eine solche Einrichtung mit zu installieren.
Auch Betreiber von PV-Anlagen < 30 kWp sind von der Neuregelung betroffen. Die 70-Prozent-Regelung in § 6 Abs. 2 Nr. 2b EEG erlaubt diesen aber eine Wahlmöglichkeit: Entweder sie wählen die technische Vorrüstung oder sie drosseln die Einspeisung direkt auf 70 Prozent. Die übrigen 30 Prozent können dann zum Eigenverbrauch genutzt werden oder sie müssen verpuffen.

Altanlagen (Inbetriebnahme bis 31.12.2011)

Zudem muss bei PV-Altanlagen mit einer Leistung von 30–100 kWp, die nach dem 31.12.2008 in Betrieb gingen, gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 2 EEG nachgerüstet werden – als Frist hat der Gesetzgeber den 31.12.2013 festgelegt. Liegt die erstmalige Inbetriebnahme davor, so gibt es derzeit keine Vorgaben.
Zufrieden können Betreiber von Anlagen sein, deren Leistung unter 30 kWp liegt und die vor dem 1.1.2012 in Betrieb genommen wurden. Da sie in den Übergangsbestimmungen nicht erwähnt werden, müssen sie weder nachrüsten noch drosseln.

Vergütung

Betreiber haben gemäß § 16 EEG zunächst nur ein Recht auf Vergütung des eingespeisten Stroms. Damit sie bei einer Fernabschaltung keinen zu großen finanziellen Schaden erleiden, hat der Gesetzgeber eine Härtefallregelung getroffen. § 12 Abs. 1 EEG legt fest, dass Anlagenbetreiberinnen und -betreibern, die aufgrund von Maßnahmen nach § 11 Abs. 1 EEG Strom nicht einspeisen konnten, zu entschädigen sind. Sollte nichts anderes vereinbart sein, so liegt die Entschädigung aktuell bei 95 Prozent der entgangenen Einnahmen zuzüglich der zusätzlichen Aufwendungen und abzüglich der ersparten Aufwendungen, sofern die durch die Abschaltung nicht eingespeiste Energie bei unter einem Prozent des Jahresertrags liegt, ansonsten 100 Prozent.
Für Anlagen, die vor dem 31.12.2011 in Betrieb genommen wurden, dürfte noch die alte Entschädigungsregelung nach § 12 Abs. 1 EEG 2009 fortgelten, wonach die entgangenen Vergütungen und Wärmeerlöse zu 100 Prozent abzüglich der ersparten Aufwendungen zu zahlen sind.

Rechtliche Bewertung

Wie etwa aus dem Steuerrecht bereits bekannt, ist es dem Gesetzgeber möglich, für die Zukunft Gesetze erlassen und ändern, sofern er die verfassungsrechtlichen Vorgaben einhält. Ein Vertrauensschutz auf die Beibehaltung von gesetzlichen Regelungen für die Zukunft besteht grundsätzlich nicht.
Für PV-Anlagen, die nach dem 31.12.2012 in Betrieb genommen wurden bzw. werden, konnte der Gesetzgeber grundsätzlich den Einbau von ferngesteuerten Abschaltungsvorrichtungen fordern, das Einspeisemanagement auf alle Anlagen ausdehnen und die aufgrund der Härtefallregelung zu gewährende Entschädigung auf 95 Prozent reduzieren. Dies insbesondere, wenn, wie geschehen, die Härtefallregelung den Eingriff auf ein Prozent der Jahreseinnahmen begrenzt.
Hierdurch wird sowohl dem Gleichbehandlungs- als auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung getragen, da der Anlagenbetreiber nicht von seiner Netzumgebung und deren Auslastung abhängig sein soll. Es mag zwar auch hier besondere Problemfälle geben, jedoch müssten diese einer konkreten Einzelfallprüfung unterworfen werden.
Das Einspeisemanagement wurde generell für EEG-Anlagen > 100 kWp bereits mit dem EEG 2009 zum 1.1.2009 eingeführt. Konkret betroffen von den Regelungen im EEG sind deshalb die PV-Anlagen bis 100 kWp. Wie oben dargestellt, ist für PV-Anlagen < 30 kWp, die vor dem 1.1.2012 in Betrieb genommen wurden, keine Nachrüstung vorgesehen, genauso wie für PV-Anlagen zwischen 30 und 100 kWp, die vor dem 31.12.2008 in Betrieb genommen wurden. Konkret betroffen sind aber (zehn)tausende PV-Altanlagen zwischen 30–100 kWp, die ab dem 1.1.2009 in Betrieb gingen.

Ein­griffe in ­schützens­werte Positionen setzen voraus, dass über­ragende Belange des ­Gemein­wohls vorliegen.

Wie bereits bei der erst­maligen Mit­ein­be­ziehung von Be­stands­anlagen ins Ein­speise­manage­ment durch das EEG 2009 geht die herr­schende Meinung davon aus, dass die Be­stands­an­lagen­be­treiber im Hin­blick auf ihre privi­leg­ierte Position bezüg­lich eines un­ein­ge­schränkten Ab­nahme­anspruchs gegen­über den Netz­be­treibern schutz­würdiges Ver­trauen bilden konnten, das durch den Gesetz­geber ent­täuscht wurde.
Nach der Recht­sprechung des Bundes­verfassungs­gerichts darf dann, sofern eine „echte Rückwirkung“ vorliegt, ein Ein­griff in die schützens­werte Position nur erfolgen, wenn „über­ragende Belange des Gemein­wohls, die dem Prinzip der Rechts­sicher­heit vorgehen“, vorliegen.
Netzstabilität und Ver­sorgungs­sicherheit, die letztlich auch die Funktions­weise des Abnahme- und Vergütungs­systems des EEG aufrecht­erhalten, stellen nach über­wiegender Meinung solche Belange dar. Da die Härte­fall­regelung zudem damals den „Ausfall“ zu 100 Prozent abdeckte und noch abdeckt, ist die Regelung ver­fassungs­rechtlich zulässig.
Hier muss indirekt auch berücksichtigt werden, dass bei den damals betroffenen „Großanlagen“ die Investition für die ferngesteuerte Abschaltungsregelung im Verhältnis zur getätigten Investition nur geringfügig war. Da die PV-Altanlagen zwischen 30–100 kWp, um die es hier eigentlich nur noch geht, wohl auch noch eine 100-prozentige Entschädigung erhalten, kann es für die Beurteilung der Zulässigkeit nur noch auf das Invest für die Nachrüstung im Verhältnis zur getätigten Investition ankommen.
Sollte das Investment nur bei einigen 100 Euro liegen, dürfte dies zumutbar und verhältnismäßig sein. Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber wohl Anlagen < 30 kWp von der Miteinbeziehung ins Einspeisemanagement ausgenommen.

Fazit

Gesetzesänderungen für die Zukunft, auch solche des EEG, also Neuanlagen betreffend, sind bei Einhaltung der allgemeinen verfassungsrechtlichen Vorgaben zulässig.
Auch die Miteinbeziehung von Bestandsanlagen, wie durch das EEG geschehen, ist grundsätzlich als verfassungsmäßig anzusehen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass es Extremfälle gibt, bei denen eine Wertung anders ausfallen kann.

Zum Autor

Dr. Rupert Sachsenhauser

Rechts­anwalt, Sachsen­hauser Rechts­an­wälte, ist Vor­sitz­ender des Ver­bands der Photo­voltaik­an­lagen­be­treiber e. V.
www.verband- photovoltaik.de

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