Die Übernahme und Durchführung von Testamentsvollstreckungen ist ein wichtiger Baustein in der Nachfolgeberatung. Für Steuerberater kann es eine lukrative Tätigkeit sein, die zudem berufsrechtlich zulässig ist.
Der Mandant legt häufig und zu Recht Wert darauf, dass sein Steuerberater auch die Testamentsvollstreckung übernimmt. Denn er ist meist die Person, die den Erblasser, dessen Unternehmen sowie dessen Familie am besten kennt, zudem das Vertrauen des Erblassers genießt und fachkundig die Nachfolgeplanung begleitet hat.
Das kann wesentlicher Teil einer erfolgreichen, streitvermeidenden sowie unternehmenssichernden Nachfolgestrategie sein. Daher sollte jeder Steuerberater, der auch Nachfolgeberatungen übernimmt, dieses Tätigkeitsfeld in seinen Beratungsumfang mit aufnehmen.
Zulässigkeit
Die Übernahme des Amtes als Testamentsvollstrecker ist unter dem Gesichtspunkt des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) zwischenzeitlich sowohl durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 11.11.2004 – I ZR 182/02, DStR 2005, 573 m. Anm. Hund = NJW 2005, 968; BGH vom 11.11.2004 – I ZR 213/01 NJW 2005, 969) als auch durch den Gesetzgeber geklärt.
Auch berufsrechtlich ist es jedem Steuerberater gestattet, das Amt als Testamentsvollstrecker zu übernehmen.
Der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers liegt nicht im Bereich der Rechtsberatung, sondern in der Vermögensverwaltung. Damit unterliegt es nicht den Vorbehalten des RDG. Das stellt § 5 Abs. 2 RDG ausdrücklich klar, sodass auch die mit einer Testamentsvollstreckung einhergehenden Rechtsdienstleistungen gestattet sind.
Auch berufsrechtlich ist es jedem Steuerberater gestattet, das Amt als Testamentsvollstrecker zu übernehmen, da es sich um eine zulässige vereinbare Tätigkeit im Sinne des § 57 Steuerberatungsgesetz (StBerG) handelt. Nur bei einer Testamentsvollstreckung, in deren Rahmen der Steuerberater selbst eine gewerbliche Tätigkeit übernimmt, bedarf es einer Genehmigung der zuständigen Steuerberaterkammer, § 57 Abs. 4 Nr. 1 HS. 2 StBerG. Gemeint sind insbesondere Fälle, in denen der Berater ein im Nachlass befindliches Unternehmen als Treuhänder der Erben fortführt.
Haftpflichtversicherung
Der Steuerberater ist für diese Nebentätigkeit regelmäßig auch durch seine allgemeine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung versichert.
Sollte sich die Risikostruktur in der Tätigkeit des Steuerberaters aber wesentlich verändern, muss er das seiner Versicherung anzeigen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn bei einem Großmandat bisher nur in kleineren Einzelfragen beraten wurde und nun als Testamentsvollstrecker auf Jahre hinweg ein Vermögen von beispielsweise 500 Millionen Euro verwaltet werden soll. Das wird regelmäßig zu einer Anpassung der Versicherungsprämie führen.
Unternehmerische Risiken, die aus einer Testamentsvollstreckung resultieren können, sind regelmäßig nicht mit versichert, sondern ausdrücklich ausgenommen.
Honorar
Die Vergütung als Testamentsvollstrecker richtet sich nicht nach der allgemeinen Steuerberatungsvergütungsverordnung (StBVV), sondern nach den Bestimmungen des § 2221 BGB (siehe ausführlicher Wälzholz, NWB 2013, S. 2168 ff.). Danach ist eine angemessene Vergütung geschuldet.
Dafür haben sich in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche unterschiedliche Vergütungstabellen durchgesetzt, die jedoch nur allgemeine Anhaltspunkte liefern und im jeweiligen Einzelfall anzupassen sind. Bei besonders einfachen, pro-blem- und streitlosen, schnellen Testamentsvollstreckungen sind Abschläge vom allgemeinen Tabellenbetrag vorzunehmen, sofern hingegen besonders viele Schulden vorhanden und zu ermitteln sind, zahlreiche Prozesse zu führen sind, Auslandsvermögen vorhanden ist oder Unternehmen umstrukturiert werden müssen, sind wiederum Zuschläge vorzunehmen.
Die Vergütung wird nicht durch das Nachlassgericht festgesetzt, sondern im Streitfall durch das Streitgericht. Nach der am häufigsten verbreiteten Tabelle, der sogenannten Neuen Rheinischen Tabelle (ZEV 2000, 181, siehe auch unter www.dnotv.de), gelten folgende Tabellensätze, die sich nach dem gemeinen Bruttonachlasswert, also ohne Schuldenabzug richten:
Bruttonachlass ohne Schuldenabzug nach gemeinen Werten
(Neue Rheinische Tabelle = Deutscher Notarverein):
bis zu 250.000 Euro | 4 % |
darüber hinaus bis zu 500.000 Euro | 3 % |
darüber hinaus bis zu 2,5 Millionen Euro | 2,5 % |
darüber hinaus bis zu 5 Millionen Euro | 2 % |
darüber hinaus | 1,5 % |
Für eine Dauertestamentsvollstreckung wird ferner eine zusätzliche Jahresvergütung von jährlich 0,33 bis 0,5 Prozent des Bruttonachlasswertes oder zwei bis vier Prozent der laufenden Einkünfte von zwei bis vier Prozent geschuldet (Winkler, Der Testamentsvollstrecker, 20. Aufl. 2010, Rn. 595 ff.).
Möglich und zulässig ist es auch, die Vergütung nicht nach diesen Tabellen festzusetzen. Der Erblasser kann in seiner Verfügung von Todes wegen auch jede andere Form der Vergütung (Festbetrag, anderer Prozentsatz des Bruttonachlasses oder des Reinnachlasses oder ähnliches) anordnen, die dann bindend ist. So können beispielsweise auch Stundensätze (zum Beispiel 250 Euro zuzüglich Umsatzsteuer) festgesetzt werden.
Um spätere Streitigkeiten hinsichtlich dieser ungeklärten Rechtsfragen zu vermeiden (siehe LG München I vom 02.02.2007 – 20 O 16805/06, ZEV 2007, 529), sollte der Erblasser in seinem Testament regeln, dass die Fertigung der Erbschaftsteuererklärung durch den Testamentsvollstrecker nach der allgemeinen StBVV zusätzlich zu vergüten ist und ebenso die Umsatzsteuer zusätzlich zu dem Tabellenbetrag anfällt.
Testamentarische Anordnung
Der entscheidende Grundstein für eine erfolgreiche Testamentsvollstreckung wird nicht erst mit der Übernahme des Amtes nach dem Tode des Erblassers gelegt, sondern mit einer guten testamentarischen Anordnung. Darin sollten insbesondere folgende Regelungen enthalten sein:
- Die Person des Testamentsvollstreckers, mit dem Recht, einen Nachfolger zu benennen und das Amt niederzulegen
- Ersatztestamentsvollstrecker
- Aufgaben und Pflichten des Testamentsvollstreckers
- Art der Vermögensverwaltung
- Freigabe von Vermögen
- Bei unternehmerischem Vermögen das Recht zur Umwandlung
- Höhe, Berechnungsmodalitäten und Fälligkeit der Vergütung des Testamentsvollstreckers
Sollte ein Steuerberater nach dem Tode des Erblassers mit einer unklaren, ungenügenden Verfügung von Todes wegen konfrontiert werden, können die potenziell streitanfälligen Fragen bei der Annahme des Amtes mit den Erben als vertragliche Vereinbarung und gegebenenfalls als Auslegungsvertrag geklärt werden.
Unternehmerische Beteiligungen
Testamentsvollstreckungen an unternehmerischem Vermögen unterliegen besonderen Beschränkungen, da der Testamentsvollstrecker die Erben nur mit dem Nachlass verpflichten kann, das Handelsrecht hingegen häufig eine unbeschränkte Haftung der Unternehmer verlangt (siehe Bisle, DStR 2013, 1037; Everts, MittBayNot 2003, 427; Priester, FS Streck, 2011, 891 ff.; Reimann, GmbHR 2011, 1297; Weidlich, NJW 2011, 641). Ferner können Konflikte mit der strengen Personengebundenheit der jeweiligen Gesellschaft entstehen (siehe dazu die Übersicht „Besonderheiten bei Beteiligungen“).
Soweit eine Testamentsvollstreckung an einer Rechtsform nur eingeschränkt zulässig ist, wird dieses Problem in der Praxis regelmäßig durch folgende drei alternativen Gestaltungen gelöst:
- Anordnung der Umwandlung in eine Rechtsform, bei der die Testamentsvollstreckung unbeschränkt zulässig ist;
- Führung des Unternehmens aufgrund Vollmacht für den/die Erben
- Führung des Unternehmens als Treuhänder im eigenen Namen, aber auf Rechnung des/der Erben.
Auslandsvermögen
Sofern der Erblasser eine ausländische Staatsangehörigkeit hat oder sich ausländisches Vermögen im Nachlass befindet, muss der Testamentsvollstrecker zunächst prüfen, ob das deutsche Recht überhaupt anwendbar ist.
Sollte sich der Erbfall nach einem ausländischen Recht richten, wird ein in Deutschland tätiger Steuerberater diese Aufgabe meist nicht wahrnehmen können oder wollen.
Sofern es sich bei dem Auslandsvermögen um Schwarzgeld handelt, ist der Testamentsvollstrecker verpflichtet, nicht nur eine zutreffende Erbschaftsteuererklärung abzugeben, sondern bei positiver Kenntnis auch die zurückliegenden falschen Steuerklärungen zu berichtigen [§ 153 Abgabenordnung (AO)]. Anderenfalls macht der Testamentsvollstrecker sich selbst straf- und haftbar.
Diese Problematik lässt sich vermeiden, indem der Erblasser im Rahmen des Testaments anordnet, dass die Testamentsvollstreckung sich nur auf das Inlandsvermögen erstreckt.
Bei Auslandsvermögen und unternehmerischem Vermögen im Nachlass steigt die Komplexität deutlich.
Zusammenfassung
Das Amt als Testamentsvollstrecker ist eine lukrative und spannende Tätigkeit, die berufsrechtlich zulässig ist und von jedem Steuerberater in sein Tätigkeitsspektrum aufgenommen werden sollte. Die Aufgabe setzt allerdings gute Kenntnisse in erbrechtlichen Fragen voraus, die der Steueberater sich selbstverständlich auch durch Kooperationspartner verschaffen kann.
Der Steuerberater sollte von Anfang an auf eine klare testamentarische Regelung zu den Aufgaben und Befugnissen des Testamentsvollstreckers und dessen Vergütung Wert legen, um späteren Streit zu vermeiden. Bei Auslandsvermögen und unternehmerischem Vermögen im Nachlass steigt die Komplexität deutlich.
Besonderheiten bei Beteiligungen
Besonderheiten bei Beteiligungen
Einzelunternehmen
Unzulässig wegen eines Konflikts zwischen Handels- und Erbrecht. Stattdessen muss das Einzelunternehmen aufgrund einer Vollmacht oder als Treuhänder fortgeführt oder umgewandelt werden.
OHG und Komplementäranteil einer KG
Aus Haftungsgründen eingeschränkt, sodass der Testamentsvollstrecker nicht im Namen der OHG Verpflichtungen begründen kann. Die Wahrnehmung von Gesellschaftsrechten istgrundsätzlich auf den sogenannten Außenbereich der Beteiligung beschränkt, es sei denn, die Mitgesellschafter stimmen zu.
GbR
wie OHG
Kommanditanteil
Die Wahrnehmung von Gesellschaftsrechten ist grundsätzlich auf den sogenannten Außenbereich der Beteiligung beschränkt, es sei denn, die Mitgesellschafter stimmen zu.
GmbH und UG (haftungsbeschränkt)
Testamentsvollstreckung ist grundsätzlich unbeschränkt zulässig, soweit nicht im Gesellschaftsvertrag beschränkt.
AG, SE und Aktien an einer KGaA
unbeschränkt zulässig