Die gesetzlichen Regeln der Arbeitnehmerüberlassung führen teilweise zu unklarer Rechtslage. So warf vor allem die vorübergehende Überlassung Fragen auf, die nun höchstrichterlich, zumindest vorübergehend, beantwortet sind.
Seit der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) im Jahr 2011 hat die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher vorübergehend zu erfolgen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG). Nach Ansicht des Gesetzgebers soll die Stammbelegschaft nicht dauerhaft durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern ersetzt werden.
Vor der Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung ist ein etwa bestehender Betriebsrat des Entleihers zu beteiligen (§ 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG). Seither wurde die Zustimmung zur Einstellung häufig unter Berufung auf die Dauerhaftigkeit der Überlassung als ein Gesetzesverstoß gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verweigert. Regelmäßig kommt es dann zu einem sogenannten Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG, gegebenenfalls kombiniert mit einer vorläufigen Maßnahme nach § 100 BetrVG, in dessen Rahmen dem Tatbestandsmerkmal „vorübergehend“ entscheidende Bedeutung zukommt.
Unklare Rechtslage
Leider waren die mit der Problematik befassten Landesarbeitsgerichte (LAG) bis dato unterschiedlicher Auffassung. Wie uneinig sich die Gerichte in dieser Frage sind, wird besonders deutlich bei zwei unterschiedlichen Entscheidungen von zwei verschiedenen Kammern des LAG Berlin-Brandenburg.
„Die Überlassung ist jedenfalls dann vorübergehend, wenn für die Überlassung ein sachlicher Grund nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) vorliegt“, sagt die 7. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 19.12.2012 – 4 TaBV 1163/12). „Die Überlassung ist jedenfalls dann nicht vorübergehend, wenn Dauerarbeitsplätze mit Leiharbeitnehmern besetzt werden und dadurch ein Dauerbeschäftigungsbedarf abgedeckt wird“, führt demgegenüber die 15. Kammer des LAG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 9. Januar 2013 aus (15 Sa 1635/12).
„Vorübergehend“ ist dabei arbeitsplatz- und nicht personenbezogen auszulegen. Vorübergehend kann der Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen dann sein, wenn das zum Beispiel aufgrund eines konkreten Vertretungsbedarfs für den auf dem Dauerarbeitsplatz beschäftigten Arbeitnehmer erforderlich ist.
„Vorübergehend bedeutet eine gewisse Zeit dauernd; nicht vorübergehend ist jedoch eine Dauerbeschäftigung. Eine solche liegt vor, wenn die Einstellung des Leiharbeitnehmers ausdrücklich unbefristet erfolgt und auch weder ersichtlich ist, dass der Beschäftigungsbedarf auf dem in Aussicht genommenen Arbeitsplatz befristet ist, noch der Arbeitsplatz selbst wechselnden Personaleinsatz erfordert“, sagt wiederum das LAG Niedersachsen (Beschluss vom 19.09.2012 – 17 TaBV 124/11).
„Vorübergehend ist eine flexible Zeitkomponente, die sich nach der Planungsabsicht des Arbeitgebers unabhängig von einer genauen Höchstfrist bestimmt. Eine Befristung der Überlassung ist aber ebenso wenig erforderlich wie eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG)“, meint hingegen das LAG Düsseldorf (Beschluss vom 02.10.2012 – 17 TaBV 38/12).
„Vorübergehend ist alles, was nicht endgültig ist“, lautet schließlich verkürzt die Antwort des LAG Schleswig-Holstein (Beschluss vom 14.11.2012 – 12 TaBV 62/12).
Rechtsfolgen
„Wer als Leiharbeiter beschäftigt ist, hat auch bei längerer Einsatzdauer keinen Anspruch auf eine Festanstellung im Entleihbetrieb“, entschied schließlich der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG-Urteil vom 10.12.2013 – 9 AZR 51/13). „Der Gesetzgeber habe bei einer Arbeitnehmerüberlassung, die mehr als nur vorübergehend sei, bewusst nicht angeordnet, dass daraus ein Anspruch auf ein Arbeitsverhältnis entstehe“, so das höchste deutsche Arbeitsgericht. „Insoweit fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke, was Voraussetzung für die analoge Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG wäre.“ Keine Antwort gibt die Entscheidung laut Pressemitteilung darüber, was „vorübergehend“ in zeitlicher Hinsicht bedeutet.
Mit seinem Beschluss vom 10. Juli 2013 (7 ABR 91/11) hatte das BAG festgehalten, dass „der Betriebsrat des Entleiherbetriebs seine Zustimmung zum Einsatz von Leiharbeitnehmern verweigern kann, wenn diese dort nicht nur vorübergehend eingesetzt werden sollen“, weshalb Betriebsräte von Entleihern danach erleichtert die „Machtprobe wagten“.
Der Entleiher hatte seine Entleihpraxis hierauf einzustellen und die aktuell im Raum stehenden Folgen von „nicht vorübergehend“ zu beachten. Er sollte erkennen, dass bei einer unbefristeten Überlassung von Leiharbeitnehmern an Entleiher und bei der Besetzung von Dauerarbeitsplätzen beim Entleiher mit Leiharbeitnehmern zur Abdeckung eines Dauerbeschäftigungsbedarfs die Überlassung als nicht vorübergehend angesehen werden kann.
Fazit
Die Entscheidung des BAG vom 10. Dezember 2013 bringt Entleihern die erhoffte Rechtssicherheit. Die vom Gericht geforderte Anpassung des AÜG dürfte nur eine Frage der Zeit sein, wie dem vorliegenden Koalitionsvertrag entnommen werden kann. Im Zusammenhang mit „vorübergehend“ sind aber noch weitere Fragen in Bezug auf die aktuelle Gesetzesfassung zu klären.
Praxis-Tipps
Praxis-Tipps
1. Die Besetzung von Dauerarbeitsplätzen mit Leiharbeitnehmern vermeiden.
2. Im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag eine Rückkehr bzw. Wechseloption des Leiharbeitnehmers regeln.
3. Sich an den Fallgruppen der Befristung mit Sachgrund gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 TzBfG orientieren: Wenn ein Sachgrund vorliegt, der den befristeten Einsatz eines Arbeitnehmers rechtfertigen würde, dürfte das auch bedeuten, dass ein Leiharbeitnehmer für eine entsprechende Zeit vorübergehend bei einem Entleiher eingesetzt werden kann.
4. Sich an der sachgrundlosen Befristung (§ 14 Abs. 2 TzBfG) orientieren: Befristung der Überlassung eines Leiharbeitnehmers von Anfang an auf maximal zwei Jahre.