Sei authentisch. Gehe erst mal kleine Schritte. So wird dein Unternehmen erfolgreich. Was sich wie die Empfehlungen eines Coachs anhört, sind die Ratschläge von Steuerberater Alexander Reichenberger. Er sieht sich eher als Unternehmensberater unter Einbezug seiner klassischen steuerlichen Ausbildung. Eine Nische für den Berufsstand?
Mandanten reagieren häufig nur auf Druck äußerer Umstände: wenn plötzlich Marktanteile wegbrechen oder das Unternehmen zu niedrige Erträge generiert. Die Klassiker für einen betriebswirtschaftlichen Beratungseinstieg sind also Liquiditätsprobleme, Finanzierungsabsagen, Überforderungszustände bei Inhaber und Personal oder Verlust von Marktanteilen. Hat ein Mandant beispielsweise Liquiditätsprobleme, so bereitet die Kanzlei Reichenberger auf das Bankgespräch vor. Welches Finanzierungsangebot ist das bessere? Wie überzeugen man die Bank von dem Vorhaben?
Es wächst eine neue Generation von Unternehmern heran, die betriebswirtschaftlich ganz anders aufgeklärt und zum Teil auch vorgebildet ist.
Strategie bedeutet für Reichenberger, klare Ziele zu definieren und zu analysieren, mit welchen Rahmenbedingungen gestartet werden sollte. Dann werden Teilziele und Maßnahmen definiert und regelmäßig überprüft. Die Kanzlei Reichenberger hat verstanden, dass der größte Hebel in jedem Unternehmen nicht die steuerliche, sondern die strategische und dann konsequenterweise auch die betriebswirtschaftliche Ausrichtung der Ziele ist. Hierauf legt die Kanzlei großen Wert und damit auch intern die meisten Kapazitäten. Denn, so sagt er selbst, im Grunde geht es immer um Potenzialentfaltung. Oder anders gesagt: Jeder Unternehmer, der hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt, bietet ihm einen perfekten Beratungsanlass.
DATEV magazin hat mit Alexander Reichenberger über die Gründe gesprochen, warum Mandanten aus seiner Sicht die Wirtschaftlichkeitsanalyse in professionelle Hände geben sollten.
DATEV magazin: Herr Reichenberger, Sie sind Steuerberater und interessieren sich für betriebswirtschaftliche Zusammenhänge. Wie kam es dazu?
ALEXANDER REICHENBERGER: Ich habe mich schon als Angestellter sehr dafür interessiert, warum manche Unternehmer erfolgreich sind und andere nicht, obwohl sie hart arbeiten. Richtig eingestiegen bin ich in das Thema aber erst mit der Gründung der eigenen Kanzlei. Die Gründung war vollständig bankenfinanziert, da ich nach meiner Steuerberaterausbildung kein Eigenkapital mehr hatte. Die Aufstellung meines eigenen Business-Plans hat somit den Grundstein gelegt für die Arbeit mit den Mandanten. Daher habe ich mich auch von Beginn an auf Gründungsberatung eingelassen, hier wurde ich als authentisch und kompetent von den Mandanten wahrgenommen.
Den Job des Steuerexperten haben tatsächlich inzwischen meine Berufskollegen hier im Kanzleiteam übernommen. Ich verstehe mich da eher als strategischer Controller und auch als Begleiter bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Zielerreichung in den mittelständischen Unternehmen, die wir betreuen. Daher habe ich mich auch ganz bewusst für die Aufgabe der Teamleitung unserer Rechnungswesenabteilung, also für die permanente unterjährige Begleitung der Mandanten, hier im Hause entschieden, die durch das Know-how von Mitarbeitern im betriebswirtschaftlichen Bereich stark aufgewertet wird.
DATEV magazin: Warum ist es wichtig, bei der Beratung authentisch zu sein?
ALEXANDER REICHENBERGER: Stellen Sie sich vor, Sie raten Ihrem Mandanten, viel Geld in die Hand zu nehmen. In Ihrem eigenen Büro stehen aber nur Büromöbel aus den 70er-Jahren. Ihr Mandant wird Sie nicht als authentisch wahrnehmen. Oder ein anderes Beispiel: Wer kein funktionierendes eigenes Kanzlei-Controlling hat, wird sich schwertun, andere in dem Punkt zu beraten. In Gesprächen mit Kollegen merkt man auch immer noch sehr häufig, dass anstelle einer Soll-Ist-Betrachtung der gute alte Vorjahresvergleich bevorzugt wird in Bezug auf die eigene Kanzlei. Strategische Instrumente wie die Balanced-Scorecard-Methode haben nur die wenigsten im Einsatz.
DATEV magazin: Wie könnte für einen Steuerberater ein idealer Einstieg in die betriebswirtschaftliche Beratung aussehen?
ALEXANDER REICHENBERGER: Der erste Schritt ist, die eigene Kanzlei als ersten Mandanten anzusehen. Ich rate dazu, Dienstleistungen und Software-Lösungen auszuprobieren, mit Partnern und Mitarbeitern angebotene Auswertungen im Hinblick auf ihren Mehrwert als Steuerungsinstrument zu diskutieren und diese Abläufe zu einer Routine werden zu lassen. So beginnt die Standardisierung für erste Mandantenlösungen. Lieber sollte man ein oder zwei kleinere Dienstleistungspakete anbieten anstelle einer großen Dienstleistungspalette.
DATEV magazin: Wie gestalten Sie Ihr Dienstleistungsangebot?
ALEXANDER REICHENBERGER: Wir haben unsere Leistungen entsprechend der Lebenszykluskurve in jedem Unternehmen bausteinartig aufgebaut. Der Gründer hat andere Sorgen – er will beispielsweise Kunden gewinnen – als der etablierte Unternehmer, der schon ganz andere Details in seinem Unternehmen unter die Lupe nimmt. So hat sich natürlich auch meine Perspektive mit der Entwicklung der Kanzlei nachhaltig weiterentwickelt.
DATEV magazin: Welche Rolle spielt die betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA)?
ALEXANDER REICHENBERGER: Die BWA-Besprechung ist natürlich die Steilvorlage für eine betriebswirtschaftliche Beratung. Aber ich spicke inzwischen fast jedes Gespräch mit strategischen oder betriebswirtschaftlichen Aspekten, selbst das erste Gespräch eines neuen Gasts. Der Mandant ist bei mir, um sich Rat für sein Unternehmen zu holen. Da benötige ich keine schriftliche Einladung, um auch unser Dienstleistungsangebot und den Nutzen für den Mandanten zu erwähnen.
DATEV magazin: Wann ist für Sie die Beratung erfolgreich?
ALEXANDER REICHENBERGER: Wenn sich der Mandant mit einer wertschätzenden Haltung nach einer Besprechung verabschiedet und sagt „Danke, das waren jetzt echt wertvolle Impulse für mich.“ Schnell ist der Erfolg, weil es hierzu oft nur einer Unterhaltung von etwa 30 Minuten bedarf. Gerade dann, wenn wenig erwartet wird, ist die Wirkung entsprechend groß. Ganz extrem merkt man das bei Mandanten, die neu zu uns gekommen sind und ohne jegliche Erwartung in eine BWA-Besprechung starten. Die Begeisterung darüber, wie simpel die Lösungen sein können, ist hier noch am deutlichsten spürbar. Hier heben wir uns sehr deutlich vom Wettbewerb in der Region ab.
DATEV magazin: Warum tun sich Ihre Berufskollegen Ihrer Meinung nach so schwer mit der betriebswirtschaftlichen Beratung?
ALEXANDER REICHENBERGER: Der Berufsstand des Steuerberaters und meiner Erfahrung nach umso mehr der des Wirtschaftsprüfers scheint mir von einer Ausrichtung auf Risiken und Nebenwirkungen geprägt zu sein, weniger von mutigem unternehmerischen Tun. Gerade da sollte man aber seine Mandanten abholen und sich mit ihnen auf Augenhöhe austauschen.
DATEV magazin: Warum vergibt man sich eine Chance, wenn man nicht in die betriebswirtschaftliche Beratung einsteigt?
ALEXANDER REICHENBERGER: In erster Linie, weil eine neue Unternehmergeneration heranwächst. Diese Generation ist betriebswirtschaftlich ganz anders aufgeklärt und zum Teil auch vorgebildet. Das Internet macht es möglich. Sie schätzt nach meiner Erfahrung Impulse eines versierten Beraters auf diesem Gebiet unheimlich. Die Zeiten der Unternehmer, die wenig für diese Themen übrig hatten, sind bald vorbei. Es ist also klug, sich als Kanzleiinhaber diesem wichtigen Mandantenpotenzial als Partner darzustellen. Wer das nicht tut und zudem noch die Digitalisierung verschläft, verliert eine gesamte Generation. Und wer möchte schließlich nicht wachsende Mandate und sichere Honorare?
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Beratung betrieblicher Mandanten – Modul 1: Unterjähriges Controlling, Überblick über wichtige Programmfunktionen zur Erstellung einer Qualitäts-BWA
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