Steuerlicher Querverbund - 25. September 2014

Doppelt warm

In einer idealen Welt unterstützen sich kommunale Betriebe nicht nur gegenseitig, sondern sparen genau dadurch auch noch Steuern. Eine Möglichkeit: Das Schwimmbad wird mit der Abwärme eines Blockheizkraftwerkes warm gehalten.

Im Rahmen der Daseinsvorsorge unterhalten Kommunen verschiedenartige Betriebe gewerblicher Art (BgA). Hierzu zählen neben den gewinnträchtigen Versorgungsbetrieben (Gas, Strom, Wasser, Fernwärme) auch die verlustträchtigen Verkehrs- und Bäderbetriebe. Grundsätzlich sind die Kommunen mit jedem ihrer BgA gesondert körperschaftsteuerpflichtig. Eine steuerlich vor­teil­haf­te Saldierung von Gewinnen und Verlusten ist damit im Grundsatz ausgeschlossen. Während Versorgungsbetriebe mit Verkehrsbetrieben nach der langjährigen Bundesfinanzhof-­Recht­sprech­ung (vgl. BFH-Urteil vom 08.02.1966, I 212/63, Bundessteuerblatt III 1966, 287) und seit 2009 nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 Kör­per­schaft­steu­er­ge­setz stets mit steuerlicher Wirkung zusammengefasst werden können, ist die Zu­sam­men­fas­sung mit Bä­der­be­trie­ben nur unter engen Voraussetzungen möglich.

Entstehungsgeschichte und Fortentwicklung

Als Voraussetzung für die Zusammenfassung hat der Große Senat des BFH bereits 1967 (vgl. BFH-Beschluss vom 16.01.1967, GrS 4/66, BStBl. III 1967, 240) den Begriff der „engen wech­sel­sei­ti­gen, technisch-­wirtschaftlichen Verflechtung“ geprägt. Die Tatsache, dass Ver­sor­gungs-, Verkehrs- und Bäderbetriebe im Allgemeinen der Versorgung der Bevölkerung dienen oder dass die Ver­sor­gungs­be­trie­be dem Bäderbetrieb die wichtigsten Betriebsstoffe (Wasser, Wärme, Strom) liefern, genügt insoweit nicht. In der Folgezeit ergänzte der BFH den Begriff noch um das Merkmal der „Gewichtigkeit“, ohne jedoch auch dieses genauer zu definieren. Im Rahmen des Jah­res­steu­er­ge­set­zes 2009 wurde der Begriff in § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG in den Ge­set­zes­wort­laut aufgenommen.
Der Entscheidung des BFH zugrunde lag vereinfacht der Fall einer süddeutschen Großstadt, die mehrere Heizkraftwerke zur Erzeugung von Strom und Fernwärme unterhielt. Da der zur Kühl­was­ser­ver­sor­gung genutzte Fluss insbesondere in den Sommermonaten zu wenig Wasser führte, wurden mehrere Hallen- und Freibäder mit den Kraftwerken verbunden. Ein eventuell ent­steh­en­der Überdruck im Kühlkreislauf wurde durch Erwärmung des Beckenwassers wieder ausgeglichen. Die technische Verflechtung war damit wechselseitig, für beide Betriebe mit wirtschaftlichen Vorteilen verbunden und von einigem Gewicht.
Obwohl der BFH betont hat, dass diese Voraussetzungen immer nur im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beurteilt werden können und sich allgemeingültige Regeln nicht aufstellen lassen, versuchte die Praxis in der Folgezeit, möglichst gleichmäßige Be­ur­tei­lungs­kri­ter­ien zu erstellen. Insbesondere die Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt vom 27. Juli 1995 (S 2706 A-16-St II 12, Der Betrieb 1995, 2094) enthielt zu den Merk­ma­len der technischen Verflechtung, der Wechselseitigkeit und der Wirtschaftlichkeit hilfreiche Ausführungen. Allein zur Frage, wann eine Verflechtung auch gewichtig im Sinne der BFH-Rechtsprechung be­zieh­ungs­wei­se des späteren Gesetzeswortlauts ist, existierte keine einheitliche Positionierung der Fi­nanz­ver­wal­tung. Teilweise wurde in der Literatur hierzu die Auffassung vertreten, das Kraftwerk müsse mindestens 25 Prozent des Wärmebedarfs des Bades abdecken und die erzeugte Wärme müsse auch mindestens zu 25 Prozent zur Beheizung des Bades genutzt werden (vgl. Krämer in D/P/M, KStR, Rz. 125 zu § 4 KStG bis Dezember 2010).

Auswirkungen des technischen Fortschritts

In der Regel erfolgt die Herstellung des Querverbundes mittels eines Blockheizkraftwerkes (BHKW), das im Rahmen der Verbrennung eines Primärenergieträgers (Gas, Öl) einen Generator zur Stromerzeugung antreibt. Die Verbrennungswärme wird zusätzlich zur Beheizung des Schwimmbades genutzt.
In den letzten Jahren hat der technische Fortschritt jedoch dazu geführt, dass immer kleinere BHKW entwickelt wurden und mittlerweile auch für Einfamilienhäuser angeboten werden. Im Grunde stellt sich damit die Frage, ob auch diese Anlagen dazu geeignet sind, den steuerlichen Querverbund herzustellen. Im Zuge der Diskussion innerhalb der Finanzverwaltung wurden die kommunalen Spitzenverbände im Juli 2012 und nochmals im November 2013 um Stellungnahme gebeten. Im Hinblick auf die Diskussion sind viele Finanzämter dazu übergegangen, zu Fragen der technisch-wirtschaftlichen Verflechtung keine verbindlichen Auskünfte mehr zu erteilen.

Neues BMF-Schreiben in Vorbereitung

Ein Querverbund entsteht, wenn ein Blockheizkraftwerk zur Beheizung eines Schwimm­bades genutzt wird.

Nach den Stellungnahmen der Spitzenverbände und den diesbezüglichen Anschreiben scheint die Fi­nanz­ver­wal­tung dabei von folgenden Grundsätzen aus­zu­ge­hen.
Auch mobile BHKW können einen steuerlichen Querverbund herstellen, wenn die durch sie er­zeug­te Wärme zu mindestens 50 Prozent an die in den Querverbund einzubeziehende Einrichtung, ins­be­son­de­re ein Bad, abgegeben wird.
Für die Wechselseitigkeit ist es erforderlich, dass der durch die Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte Strom auch tatsächlich im einzubeziehenden Versorgungsbetrieb abgesetzt werden kann. Ein Querverbund ist damit nur zu einem Endkundenversorger oder Netzbetreiber möglich, nicht hingegen zu einem reinen Stromerzeuger oder Netzverpächter. Demzufolge darf der erzeugte Strom nicht vollständig im versorgten Bad oder Ähnlichem verbraucht werden. Maßgebend dürfte dabei nur der rechnerische Strombedarf des Bades sein, weil das Kommunalunternehmen nicht nur zur Erreichung des Querverbundes dazu gezwungen werden kann, auf den Vorteil des sogenannten Eigenstromprivilegs zu verzichten. Werden also beispielsweise nur 80 Prozent des erzeugten Stroms rechnerisch selbst verbraucht, so bleibt noch ein nicht unerheblicher Anteil für die Einspeisung. Wäre der Anteil des rechnerisch selbst verbrauchten Stroms hingegen höher, so wäre das BHKW nur eine Selbstversorgungseinrichtung und die Wechselseitigkeit eines wirt­schaft­li­chen Vorteils für den Versorgungsbetrieb zu hinterfragen.
Das Tatbestandsmerkmal der Gewichtigkeit ist erfüllt, wenn mindestens 80 Prozent der erzeugten Wärme auch in der in den Querverbund einzubeziehenden Einrichtung, beispielsweise einem Bad, verbraucht werden. Ist der Anteil hingegen geringer, so wäre die Einrichtung nur einer von meh­re­ren Kunden der Anlage und die technisch-­wirtschaftliche Verflechtung wäre nicht mehr wech­sel­sei­tig von einigem Gewicht.
Die Frage, ob ein BHKW wirtschaftlich ist, ist weiterhin durch ein Gutachten nach den VDI-­Richt­li­nien nachzuweisen.
Da die vorgenannten Kriterien einer bundeseinheitlichen Handhabung dienen sollen, hat das Bundesfinanzministerium den kommunalen Spitzenverbänden Gelegenheit gegeben, zum Entwurf eines BMF-Schreibens bis Anfang September 2014 Stellung zu nehmen. Mit einer Veröffentlichung des BMF-Schreibens ist daher noch im Herbst 2014 zu rechnen.
Damit wären die maßgeblichen Kriterien für den Hauptanwendungsfall Bad/BHKW definiert. Zudem würde damit auch klargestellt, dass der steuerliche Querverbund nicht nur zu einem Bäderbetrieb hergestellt werden kann, sondern auch zu anderen Einrichtungen mit größerem Strom- und Wärmebedarf, wie zum Beispiel einer Stadthalle oder einem Eisstadion.
Je nach Inhalt der Festlegungen in dem BMF-Schreiben wäre dann aber noch zu hinterfragen, ob die Voraussetzungen des Querverbundes auch durch andere Mittel als ein BHKW erreicht werden können. Denn Ausgangspunkt der BFH-Rechtsprechung zur technisch-­wirtschaftlichen Ver­flech­tung war kein BHKW, sondern ein Fernwärmeheizwerk.
Wie die kommunalen Spitzenverbände zu Recht angemerkt haben, stellt sich zudem die Frage nach einer Übergangsregelung zu den neuen Kriterien der Finanzverwaltung. Dies betrifft nicht nur Fälle, in denen der steuerliche Querverbund durch eine verbindliche Auskunft anerkannt wurde und das Mittel zur Herstellung des Querverbundes oder die einbezogene Einrichtung selbst wegen technischen oder wirtschaftlichen Verbrauchs ersetzt wird. Ebenso stellt sich die Frage, wie mit Fällen umzugehen ist, in denen der Querverbund bisher noch nicht realisiert wurde, die wesentlichen Planungen, insbesondere die Energiekonzeption und gegebenenfalls bereits die Ausschreibungen, bereits durchgeführt wurden. Die kommunalen Spitzenverbände plädieren dafür, die neuen Leitlinien erst nach Ablauf einer mindestens einjährigen Übergangsfrist an­zu­wen­den.

Fazit

Die neuen Leitlinien der Finanzverwaltung zur Anerkennung des steuerlichen Querverbundes bieten künftig mehr Planungssicherheit. Zugleich werfen sie aber neue Zweifelsfragen für die nicht eindeutig geregelten Fälle auf. Es bleibt also abzuwarten, inwieweit das endgültige BMF-Schreiben hier noch weitere Erleichterungen und eine großzügige Übergangsregelung für verschiedene Altfälle bietet.

Zum Autor

Jochen Bürstinghaus

Diplom-Finanzwirt, ist im Unternehmenssteuerreferat der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen in Köln mit Fragen der öffentlichen Hand, Vertragsgestaltungen zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter und der betrieblichen Altersversorgung beschäftigt.

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