Bei der geplanten Veräußerung eines Betriebs sind nicht nur zivilrechtliche Aspekte zu beachten. Den gesamten Prozess begleiten auch vielschichtige steuerrechtliche Fragestellungen, die es frühzeitig zu bedenken gibt.
Ende August war wieder die heiße Phase der Registergerichte. Viele Unternehmen nutzten die Möglichkeit, Umwandlungen noch bis Ende des Monats vorzunehmen und im Handelsregister eintragen zu lassen. Dabei haben Umwandlungen oft verschiedenste Ursachen: Unternehmensnachfolge, strategische Neuausrichtung, Sanierung eines Betriebs oder die geplante Veräußerung eines Unternehmens beziehungsweise eines Unternehmensteils. In allen diesen Situationen und im gesamten Prozess einer Umwandlung sind steuerliche Fragestellungen von wesentlicher Bedeutung. Sie beeinflussen die Art der Durchführung, die Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden sowie die Ausgestaltung der Verträge. Ende 2006 wurde das Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (SEStEG) verkündet. Das führte zu grundlegenden Änderungen im Umwandlungssteuerrecht. Das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) wurde im Vergleich zur bis dahin geltenden Fassung umfassend europäisiert. Gleichzeitig wurden aber auch die steuerlichen Vorgaben für steuerneutrale Umwandlungen und Übertragungen reformiert. Mit Veröffentlichung des Umwandlungssteuererlasses Ende 2011 wurde der Praxis hierzu ein ausführlicher Leitfaden an die Hand gegeben. Das Gesellschaftsrecht – mithin das Umwandlungsgesetz (UmwG) – ist grundsätzlich auch maßgeblich für das UmwStG. Das gilt für Verschmelzungen, Auf- und Abspaltungen sowie für den Formwechsel oder vergleichbare ausländische Vorgänge. Bei Einbringungen ist die zivilrechtliche Ausgestaltung demgegenüber nicht entscheidend, es können also Umwandlungen mit Gesamtrechtsnachfolge, aber auch Vorgänge mit Einzelrechtsnachfolge zugrunde liegen.
Grundsatz des gemeinen Werts
Ist der erforderliche Antrag nicht gestellt, kann das höchst unangenehme Folgen haben.
Mit Ausnahme der Pensionsrückstellungen, die mit dem ertragsteuerlichen Wert nach § 6a EStG (Teilwert) angesetzt werden müssen, sind die im Rahmen einer Umwandlung oder Einbringung übergehenden Wirtschaftsgüter beziehungsweise ist das eingebrachte Betriebsvermögen im Grundsatz mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Eine eigene Definition des gemeinen Werts ist dem UmwStG dabei nicht zu entnehmen. Es besteht jedoch auch das Wahlrecht auf einen Buch- oder Zwischenwertansatz, mit dem in der Folge stille Reserven übertragen werden können. Die Bedeutung der umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen liegt in den ertragsteuerlichen Konsequenzen auf Ebene der jeweils beteiligten Rechtsträger sowie auf Ebene des Anteilseigners des übertragenden Rechtsträgers, mithin also im Bereich der Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer. Auf der Ebene des übertragenden Rechtsträgers sowie des übernehmenden Rechtsträgers stellen Umwandlungen und Einbringungen Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge hinsichtlich des übertragenen Vermögens dar. Abweichend von den zivilrechtlichen Wertungen im UmwG gilt dies für ertragsteuerliche Zwecke auch für den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft und umgekehrt. Bedeutung hat das insbesondere für die künftige Abschreibung eines im Rahmen einer Umwandlung nach §§ 3 ff. oder §§ 11 ff. UmwStG übertragenen (und bereits zuvor vorhandenen) derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts beim Zwischenwertansatz. Die steuerliche Abschreibung eines solchen Geschäfts- oder Firmenwerts ist beim übernehmenden Rechtsträger wieder einheitlich über 15 Jahre (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG) vom aufgestockten Buchwert vorzunehmen.
Dieses Wahlrecht ist allerdings – abhängig von der konkret einschlägigen Norm des UmwStG – von bestimmten Voraussetzungen abhängig. Im Falle der Verschmelzung von Körperschaften besteht dieses Antragsrecht beispielsweise nur, soweit sichergestellt ist, dass die übergehenden Wirtschaftsgüter später der Besteuerung mit Körperschaftsteuer unterliegen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG), das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der übertragenen Wirtschaftsgüter bei der übernehmenden Körperschaft nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG) und eine Gegenleistung nicht gewährt wird oder in Gesellschaftsrechten besteht (§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UmwStG). Das Wahlrecht ist spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung zuständigen Finanzamt des übertragenden Rechtsträgers beziehungsweise in Einbringungsfällen der übernehmenden Gesellschaft auszuüben. Ist jedoch der für eine Buchwertfortführung erforderliche Antrag nicht gestellt, kann das höchst unangenehme Folgen haben. Mangels Antragstellung gilt der gemeine Wert steuerlich als Regelwert, es kommt also – ohne dass der Steuerpflichtige dies beabsichtigt hat – zur Aufdeckung und Versteuerung der gesamten stillen Reserven.
Ansatz- und Bewertungsvorschriften
Soweit der übertragende Rechtsträger von seinem Wahlrecht zum Buchwertansatz keinen Gebrauch macht oder die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind, weil etwa das Besteuerungsrecht in Deutschland im Hinblick auf die übertragenen Wirtschaftsgüter ausgeschlossen oder beschränkt wird (vgl. zum Beispiel § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG), enthält das UmwStG eigene Ansatz- und Bewertungsvorschriften. In der steuerlichen Schlussbilanz sind sämtliche übergehenden aktiven und passiven Wirtschaftsgüter, einschließlich nicht entgeltlich erworbener und selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter (auch ein Geschäfts- oder Firmenwert) anzusetzen. Die steuerlichen Ansatzverbote des § 5 EStG gelten für die steuerliche Schlussbilanz nicht. Entsprechend findet zum Beispiel auch eine in der Handelsbilanz gebildete Drohverlustrückstellung entgegen § 5 Abs. 4a EStG in der steuerlichen Schlussbilanz ihre Berücksichtigung. Das Gesetz sieht von diesem Grundsatz nur für Pensionsrückstellungen eine Ausnahme vor. Diese sind auch in Umwandlungsfällen nur mit ihrem steuerlichen Teilwert nach § 6a EStG anzusetzen. Der übernehmende Rechtsträger ist in seiner Übernahmebilanz an die Werte in der steuerlichen Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers gebunden, das heißt, auch der übernehmende Rechtsträger hat zum Beispiel einen Geschäfts- beziehungsweise Firmenwert oder eine Drohverlustrückstellung zu aktivieren beziehungsweise zu passivieren. Da Umwandlungen nach den allgemeinen Grundsätzen hinsichtlich der übergehenden Wirtschaftsgüter auf Ebene des übertragenden sowie des übernehmenden Rechtsträgers Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge sind, ist der im Rahmen einer Umwandlung erworbene originäre Geschäfts- oder Firmenwert auch in der Folgezeit zu bilanzieren.
Ausnutzung steuerlicher Verlustvorträge
Die übertragende Körperschaft kann anstatt des Buchwerts auch den Ansatz der übergehenden Wirtschaftsgüter mit einem Zwischenwert beantragen. Dabei kann das Wahlrecht nur einheitlich für alle Wirtschaftsgüter ausgeübt werden. Ein Zwischenwertansatz bietet sich in der Praxis insbesondere dann an, wenn die übertragende Körperschaft über steuerliche Verlustvorträge verfügt, die infolge der Umwandlung rechtlich untergehen würden (vgl. §§ 4 Abs. 2 Satz 2, 12 Abs. 3 2. Hs. UmwStG). Durch die Wahl des Zwischenwertansatzes ist es möglich – gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung der Mindestbesteuerung nach § 10d Abs. 2 EStG – laufende Verluste beziehungsweise Verlustvorträge des übertragenden Rechtsträgers in erhöhtes Abschreibungspotenzial beim übernehmenden Rechtsträger umzuwandeln.
Der Teilbetrieb im Umwandlungssteuerrecht
Ein weiterer kritischer Aspekt im Zusammenhang mit dem Umwandlungssteuerrecht ist die neue Auslegung des Teilbetriebsbegriffs. Dem auf das EStG 1934 zurückgehenden Begriff kommt im Ertragsteuerrecht insgesamt große Bedeutung zu. Er ist vor allem bei der Errichtung, Umgestaltung und Beendigung einer unternehmerischen Betätigung zu beachten. Der Teilbetrieb ist die „kleinste Einheit einer Einkunftsquelle“ und fungiert als „kleinste begünstigt zu übertragende Einheit“. Der Teilbetriebsbegriff und damit verwandte Begriffe sind aber auch in anderen Bereichen des Steuerrechts, wie dem allgemeinen Abgaben- oder Umsatzsteuerrecht, aber auch im Arbeitsrecht von Bedeutung. Gleichwohl fehlt – zumindest im nationalen Recht, nicht aber im europäischen Sekundärrecht – eine Legaldefinition dieses Rechtsbegriffs. Speziell im Umwandlungssteuerrecht kommt dem Teilbetriebsbegriff große praktische Bedeutung zu. Eine betriebliche Einheit muss diese Mindestanforderung erfüllen, damit der sachliche Anwendungsbereich des UmwStG eröffnet ist und ein Besteuerungsaufschub erreicht werden kann. Die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter ermöglicht die Buchwertfortführung – anders als im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 EStG – nicht. Dementsprechend stellt sich die Auslegung des Tatbestandsmerkmals Teilbetrieb als eines der Kernprobleme des steuerlichen Restrukturierungsrechts dar. So knüpfen die Tatbestände der §§ 15, 20 und 24 UmwStG an den Teilbetrieb als Gegenstand einer Umwandlung an. Es handelt sich um ein rein steuerrechtliches Tatbestandsmerkmal, ein gesellschaftsrechtliches (umwandlungsrechtliches) Pendant existiert nicht.
Ertragsteuerbelastung vermeiden
Beim Teilbetrieb empfiehlt sich eine verbindliche Auskunft.
Die Normen haben – wie das gesamte Umwandlungssteuerrecht – den Zweck, eine Ertragsteuerbelastung wirtschaftlich sinnvoller Umstrukturierungen zu vermeiden. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UmwStG gelten die Vorschriften für die Verschmelzung auf eine andere Körperschaft (§§ 11 bis 13 UmwStG) – vorbehaltlich des § 16 UmwStG – entsprechend, wenn Vermögen einer Körperschaft durch Aufspaltung oder Abspaltung oder durch Teilübertragung auf eine andere Körperschaft übergeht. Das Gesetz behandelt Auf- und Abspaltung wie eine Teilverschmelzung. § 11 Abs. 2 und § 13 Abs. 2 UmwStG sind allerdings nur anzuwenden, wenn auf den Übernehmenden ein Teilbetrieb übertragen wird und im Falle der Abspaltung oder Teilübertragung bei der übertragenden Körperschaft ein Teilbetrieb verbleibt (sogenanntes doppeltes Teilbetriebserfordernis). Die Auf- und Abspaltung beziehungsweise Teilübertragung kann daher auf Ebene der übertragenden Körperschaft sowie auf Ebene der Anteilseigner der übertragenden Körperschaft nur dann zum Buchwert – und damit steuerneutral – durchgeführt werden, wenn ein Teilbetrieb übertragen wird (und im Fall der Abspaltung oder Teilübertragung bei der übertragenden Körperschaft ein Teilbetrieb verbleibt). Maßgebender Beurteilungszeitpunkt für die Frage, ob ein Teilbetrieb vorliegt, ist der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Übertragung, also die Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister beziehungsweise der Eigentumsübergang. Entgegen der geänderten Auffassung der Finanzverwaltung kommt es auf den zurückbezogenen steuerlichen Übertragungsstichtag nicht an. Die steuerliche Rückwirkung im Sinne des § 2 UmwStG betrifft allein die Rechtsfolgen der Ab- oder Aufspaltung bzw. Einbringung, nicht aber deren Tatbestandsmerkmale. Schlägt die Teilbetriebsumwandlung hingegen fehl, weil die betriebliche Einheit nicht als Teilbetrieb qualifiziert wird oder weil die dem Teilbetrieb zuzurechnenden Wirtschaftsgüter nicht in dem erforderlichen Umfang übertragen werden, kommt es sowohl auf Gesellschafts- als auch auf Gesellschafterebene zu einer Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven. Verunglückte Teilbetriebseinbringungen in Personengesellschaften im Sinne des § 24 UmwStG können aber nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 EStG steuerneutral zu behandeln sein. Es empfiehlt sich daher, je nach Komplexität des Umwandlungsfalls, eine verbindliche Auskunft bei der zuständigen Finanzbehörde einzuholen.
Fazit
Das Umwandlungssteuerrecht bietet den Unternehmen und deren Inhabern viele Fallgestaltungen an, ertragsteuerneutrale Umwandlungen vorzunehmen. Im Detail gibt es jedoch viele kritische Voraussetzungen, die in Umwandlungsfällen zu beachten sind. Eine entsprechend rechtzeitige Planung der Umwandlung unter Hinzuziehung der steuerlichen und rechtlichen Berater ist daher unausweichlich.