Es ist die Aufgabe eines jeden Kanzleiinhabers, die eigene Kanzlei für die Zukunft gut aufzustellen. Eine Zukunftsstrategie ist laut der Studie Steuerberatung 2020 die betriebswirtschaftliche Beratung.
Denkt der Berufsstand zu eingleisig? Die Oxford-Forscher Frey und Osborne sind davon überzeugt, dass Steuersparmodelle in Zukunft nicht mehr von Experten erstellt, sondern unter Zuhilfenahme von Big Data optimiert werden. Ein Szenario, das sicher überstrapaziert ist, aber durchaus realistisch für denjenigen, der nicht rechtzeitig die Weichen stellt. Denn Fakt ist, dass ein erheblicher Teil der Tätigkeiten des Steuerberaters schon heute automatisiert abläuft.Der Markt für Steuerberatung wird sich in den kommenden Jahren weiter verändern. Insbesondere neuere Entwicklungen durch die Government-Gesetze der Bundesregierung und die Digitalisierungsprozesse im Steuerrecht sind hierfür verantwortlich. Die Anzahl von Gesetzesänderungen wird also nicht geringer. Und auch die wachsende Konkurrenz aus anderen Branchen wird die klassischen Geschäftsfelder der Steuerberatungskanzleien zunehmend beeinflussen. Deklaration weicht der echten Beratung. Das fordert unweigerlich Gegenstrategien heraus, die aufzeigen, wie der Beruf des Steuerberaters unter den veränderten Rahmenbedingungen fortbestehen kann. Vor dem Hintergrund, dass Mandanten zunehmend das Bedürfnis nach standardisierter und professioneller Beratung haben, liegt der Einstieg in die betriebswirtschaftliche Beratung nahe, zumal die Bundessteuerberaterkammer die betriebswirtschaftliche Beratung der Mandanten als eine der selbstverständlichen Aufgaben des Steuerberaters ansieht.
Eng miteinander verzahnt
Volker Andres, Chef der Steuerberatungskanzlei ADJUVANTIS, hat sich schon vor Jahren mit der betriebswirtschaftlichen Beratung ein weiteres Standbein neben der herkömmlichen Steuerberatungsgeestaltung geschaffen. Bereits vor sechs Jahren schrieb er im DATEV magazin 4/2011 („Einen Schritt voraus“) seine ersten Schritte bei der Einführung des Geschäftsfelds der betriebswirtschaftlichen Beratung. Die Mandanten waren mit betriebswirtschaftlichen Fragen auf ihn zugekommen, wollten wissen, welche Möglichkeiten der Finanzierung es gibt oder wie sie sich vor Krisen wappnen können.
Darauf war die Kanzlei zunächst nicht vorbereitet. Volker Andres suchte daher Hilfe bei seinem DATEV-Berater. Dieser half bei der Analyse, welche Voraussetzungen und Kenntnisse in der Kanzlei gegeben sind. Daraus leitete er einen Maßnahmenplan ab. „Zunächst konzentrierten wir uns auf die Existenzgründungs- sowie Sanierungs- und Insolvenzberatung. Dazu implementierten wir die Wirtschaftsberatungsprogramme der DATEV“, blickt Andres zurück. Bereits nach wenigen Monaten machte die betriebswirtschaftliche Beratung 30 Prozent des Kanzleiumsatzes aus.
In fast allen Beratungsgebieten sind steuerliche und betriebswirtschaftliche Belange so eng miteinander verzahnt, dass eine optimale steuerliche Lösung ohne gleichzeitige betriebswirtschaftliche Beratung kaum möglich ist. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse sind heutzutage ein zentraler Bestandteil der Ausbildung von Steuerberatern. Zukünftige Steuerberater müssen vertiefte Kenntnisse in Betriebswirtschaft und Rechnungswesen nachweisen. Dabei beschränkt sich die Ausbildung und Prüfung nicht allein auf die theoretische Vermittlung von Fachwissen, sondern verlangt konkrete praktische Erfahrungen.
Die Bundessteuerberaterkammer hat reagiert und unterstützt Steuerberater dabei, die betriebswirtschaftliche Beratung besser in das Beratungsportfolio ihrer Kanzleien zu integrieren. In Schulungen werden ihnen hierzu der INQA-Unternehmens-Check „Guter Mittelstand“ und das speziell im Rahmen einer Kooperation entwickelte betriebswirtschaftliche Beratungs-Tool als Instrumente vorgestellt. Diese sollen es den Berufsangehörigen in der Praxis erleichtern, ihr betriebswirtschaftliches Know-how nutzbringend in die Mandantenunternehmen zu tragen. Angedacht ist ferner, Bildungseinrichtungen wie Universitäten oder Fachhochschulen dafür zu nutzen, in beruflichen Weiterbildungsveranstaltungen betriebswirtschaftliche Beratungen zu entwickeln.
Ohne Netzwerk geht es nicht
Volker Andres ist den Weg zusammen mit DATEV gegangen. In einem Chef-Seminar hat er sich fundiert mit betriebswirtschaftlicher Beratung beschäftigt. Ihm war klar, dass er dennoch komplexe Fragen der Finanz-, Vorsorge- und Ruhestandsplanung, der betrieblichen Altersvorsorge, der Unternehmensnachfolge, der Hinterbliebenenabsicherung und der Immobilien- und Unternehmensfinanzierung nur mit fundierter Expertise bewältigen kann. „Unsere Ressourcen sind nun einmal begrenzt. Daher begannen wir mit dem Aufbau eines Netzwerks aus externen betriebswirtschaftlichen Experten, um unsere Mandanten umfassend und zeitnah beraten zu können. Dank unserer langjährigen Erfahrung und der Expertenvernetzung konnten wir die Infrastruktur und das Know-how in der betriebswirtschaftlichen Beratung kontinuierlich ausbauen,“ so Volker Andres.
So hat der Steuerberater mittlerweile, sechs Jahre nach den ersten Schritten, zwei Unternehmensberatungen gegründet. Die ADJUVANTIS Consulting beschäftigt sich vornehmlich mit der Altersvorsorgeberatung und der Erstellung von Planungsrechnungen für die Mandanten. Die zweite Unternehmensberatung, die BENEFITEXPERT, ist Partner bei der Einführung eines strategischen Vergütungsmanagements sowie der Lohnoptimierung und -gestaltung.
„Damit begleiten wir mit einer professionellen betriebswirtschaftlichen Beratung alle Phasen der Unternehmensentwicklung – von der Existenzgründung über die Expansion bis hin zur Nachfolgeregelung“, so Andres. Die dafür erforderlichen Arbeitshilfen wie Berechnungs-Tools zur Liquiditäts- und Finanzplanung, Checklisten für die Rating-Beratung und Business-Pläne für die Gründungsberatung erhält er von DATEV.
Ob der Weg, den Volker Andres mit seiner Kanzlei gegangen ist, auch der richtige für seine Berufskollegen ist, muss jeder für sich entscheiden. Doch, was außer Frage steht, jede Kanzlei sollte sich Gedanken über ihre Zukunftsfähigkeit machen. Denn wer zu lange wartet, für den könnte irgendwann der Zug abgefahren sein.
Quelle: Steuerberaterkammer Stuttgart
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