E-Bilanz - 28. Mai 2014

Datenprüfung der Verwaltung

Der große Datentransfer hat begonnen. Jahresabschlüsse für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2012 beginnen, müssen nun elektronisch übertragen werden. Das ermöglicht neue Prüfmethoden der Finanzverwaltung.

Neben dem eigentlichen Jahresabschluss müssen auch die Eröffnungsbilanzen (Betriebseröffnung), Aufgabebilanzen, Liquidationsbilanzen, Umwandlungsbilanzen sowie Sonder- und Ergänzungs-bilanzen bei Personengesellschaften elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden. Die Buchführungssysteme sind darauf eingestellt. Da die Übertragung der Jahresabschlüsse überwiegend erst ab 2014 erfolgt, gibt es bisher noch keine Erfahrungswerte zur E-Bilanzprüfung. Konkrete Maßnahmen der Verwaltung sind zudem noch nicht bekannt. Die Datenanalysen werden jedoch zukünftig beim Innendienst wie auch bei den Prüfungsdiensten eine erhebliche Rolle einnehmen und zu einem veränderten Risikomanagement führen. Wie bei der elektronischen Übermittlung der Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) werden Risikofilter (Plausibilitätsprüfungen) eingeführt werden. Im Veranlagungsbereich können durch digitale Plausibilitätsprüfungen Sachverhalte herausgefiltert werden und anschließend durch separate Bearbeitung im Einzelnen überprüft werden. Unter dem Grundsatz der Gesetzesmäßigkeit der Verwaltung und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 Abgabenordnung, AO) wird die Finanzverwaltung konkrete Prüfschritte nicht nach außen geben. Wäre dies der Fall, bestünde die Möglichkeit, dass Unternehmen sich auf solche Prüfszenarien und Strategien einstellen können.

Beispiel

Die Finanzverwaltung beabsichtigt, als Prüfungsschwerpunkt im Kalenderjahr 2015 die Aufwendungen für Minijobs zu überprüfen. Dabei sollen beispielsweise nur Fälle mit Kosten von über 50.000 Euro überprüft werden. Wäre diese Aufgriffsgrenze/dieser Risikofilter bekannt, bestünde die Möglichkeit, die Kosten anders zu verbuchen. Somit würde der Risikofilter nicht in jedem Fall zum Erfolg führen. Für Minijobs werden pauschale Abgaben für Krankenversicherung, Rentenversicherung, pauschale Lohnsteuer etc. erhoben. Die Konten der Minijobs sind Mussfelder, das heißt, sie müssen ausgefüllt werden. Damit ist klar: Aufwendungen für Minijobs können mit den steuerlichen Abgaben bei Vorliegen der E-Bilanzdaten einschließlich G+V auf Plausibilität maschinell überprüft werden.

Risikofilter

Die Risikofilter, deren sich die Finanzverwaltung künftig bedient, werden sich ständig ändern.

Die Finanzverwaltung hat die Aufgabe sicherzustellen, dass Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt oder versagt werden. Grundsätzlich muss daher zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen geprüft werden. Die Risikofilter, deren sich die Finanzverwaltung künftig bedient, werden sich ständig ändern. Jedes Jahr können sich neue Prüfungsschwerpunkte ergeben. Diese müssen sich auch an die Gesetzeslage anpassen. Da künftig kein Medienbruch mehr durch die digitale Übermittlung der E-Bilanz herrscht, wird es für die Finanzverwaltung einfacher, wirtschaftlicher und effizienter, Steuersachverhalte zu bearbeiten.
Für die Prüfungsdienste (Betriebsprüfung) ergeben sich unendlich viele digitale Prüfungsansätze. Daten der Buchführung lagen der Finanzverwaltung nur im Rahmen eines Datenzugriffs bei einer
Betriebsprüfung vor. Diese Daten mussten aufwendig aufbereitet werden, um die Bilanz und G+V des Unternehmens darzustellen. Nur so konnte beispielsweise ein elektronischer interner oder externer Betriebsvermögensvergleich durchgeführt werden. Durch die E-Bilanzen entfallen diese Schritte, und die Bilanz und G+V müssen nicht mehr händisch in die Prüf- und Steuerberechnungsprogramme der Finanzverwaltung eingegeben werden. Da die Taxonomie vorgeschrieben ist, sind auch Vergleiche mit anderen, branchengleichen Betrieben denkbar. Auffällige Positionen in der E-Bilanz bzw. G+V werden vermutlich maschinell herausgefiltert. Wenn eine Gegenüberstellung (Periodenvergleich) zeigt, dass beispielsweise in einem Kalenderjahr die Umsatzerlöse mit ermäßigtem Steuersatz erheblich von den gleichen Umsätzen anderer Kalenderjahre abweichen, würde die maschinelle Plausibilitätsprüfung einen Hinweis ausgeben, der den beauftragten Prüfer veranlasst, einen Prüfungsschwerpunkt zu bilden. Mit solchen Auswertungen würden auch die Umsatzsteuersonderprüfung und Lohnsteueraußenprüfung beauftragt.

Schlüssigkeitsprüfungen

Je nach Betriebsgröße und Branchen können Bilanz- und Gewinn-und-Verlust-Rechnungs-Positionen für Schlüssigkeitsprüfungen durch die Betriebsprüfung herangezogen werden, beispielsweise Rückstellungen, Firmenwert, Grundstücke, Abgrenzung der Herstellungskosten zum Erhaltungsaufwand, Entnahmen, erhaltene Anzahlungen, hohe Kassenbestände etc. Soweit größere Datenbestände über alle Unternehmen und mehrere Zeiträume vorhanden sind, liegt es auf der Hand, dass auch hier statistisch-mathematische Prüfmethoden zum Einsatz kommen werden.

Ausblick

Auch ein Abgleich mit anderen an das Finanzamt elektronisch übermittelten Daten, wie Kapitalertragsteueranmeldungen, Zuwendungsbestätigungen, Umsatzsteuervoranmeldungen, Lohnsteuerbescheinigungen, wird möglich sein. Außerdem ist ein Datenaustausch mit dem Zoll im Zusammenhang mit elektronischen Ausfuhrbescheinigungen und anderen Daten vorstellbar. Dem Ideenreichtum bei der Analyse der E-Bilanz sind keine Grenzen gesetzt. Die Fallauswahl für die Betriebsprüfung wird künftig unter anderem gezielt nach den Kennzahlen der E-Bilanz erfolgen. Dies betrifft alle Betriebsgrößen.

Zum Autor

Joachim Zimmermann

Diplom-Finanzwirt (FH), ist EDV-Fachprüfer beim Finanzamt Waldshut-Tiengen, Finanzverwaltung Baden-Württemberg.

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