Wenn das zu prüfende Unternehmen seine Rechnungslegung oder sein internes Kontrollsystem an spezialisierte Dienstleistungsunternehmen ausgelagert hat, stellen sich für den Abschlussprüfer dieses Unternehmens besondere Herausforderungen an die Prüfung des internen Kontrollsystems.
Bei Großunternehmen, aber auch immer mehr bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen ist verstärkt zu beobachten, dass Funktionen und Geschäftsprozesse an spezialisierte Dienstleistungsunternehmen ausgelagert werden. Im Sommer 2013 wurde eine Befragung deutscher Unternehmen zur Nutzung von Dienstleistern für rechnungslegungsbezogene Prozesse durchgeführt (vgl. Schmidt, WPg 3/2014, S.121 ff., hier 122 f.). Danach betreffen die häufigsten Auslagerungen die Rechnungslegung für den Einkaufs- beziehungsweise Verkaufsprozess und die Abschlusserstellung. Argumente hierfür sind insbesondere die Professionalisierung der Prozessabwicklung und die Senkung der Prozesskosten. Dieser Trend birgt aber sowohl für die auslagernden Unternehmen als auch für deren Abschlussprüfer gewisse Risiken wie Kontrollverlust, wirtschaftliche und sicherheitstechnische Risiken sowie die Verfügbarkeit der Daten. Für die Beurteilung des internen Kontrollsystems (IKS) des auslagernden Unternehmens durch deren Abschlussprüfer kann daher auch die Beurteilung des dienstleistungsbezogenen IKS des Dienstleistungsunternehmens notwendig werden. Der Abschlussprüfer hat mögliche Informationslücken zusammen mit dem zu prüfenden Unternehmen zu schließen.
Abschlussprüfung bei Auslagerung
Zur Beurteilung des IKS beim Dienstleistungsunternehmen sind ausreichende Informationen einzuholen und ergänzende Prüfungshandlungen durchzuführen.
Der IDW PS 331 (Stand: 09.09.2010; vgl. FN-IDW 2010, S. 423 ff.) wird derzeit beim Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) überarbeitet. Nach IDW PS 331 muss der Abschlussprüfer des auslagernden Unternehmens beurteilen, inwieweit die Auslagerung die Rechnungslegung betrifft, und er muss die damit verbundenen Risiken für wesentliche falsche Angaben in der Rechnungslegung einschätzen. Zur Entwicklung seiner Prüfungsstrategie hat er ferner zu beurteilen, inwieweit das IKS einschließlich des Rechnungslegungssystems des zu prüfenden Unternehmens durch die Auslagerung von Teilen der Rechnungslegung auf das Dienstleistungsunternehmen berührt wird. Kommt der Abschlussprüfer zu dem Ergebnis, dass die Beurteilung des Kontrollrisikos beim zu prüfenden Unternehmen nicht durch das IKS des Dienstleistungsunternehmens beeinflusst wird, ist eine „normale“ Prüfung des IKS des zu prüfenden Unternehmens nach IDW PS 261 n.F. ausreichend; eine gesonderte Beurteilung des IKS des Dienstleistungsunternehmens ist dann nicht erforderlich. Kommt der Abschlussprüfer dagegen zu dem Schluss, dass die Tätigkeit des Dienstleistungsunternehmens für das zu prüfende Unternehmen und dessen Abschlussprüfung von Bedeutung ist, hat er ausreichende Informationen einzuholen, um ein Verständnis für das IKS des Dienstleistungsunternehmens zu entwickeln und dadurch das Kontrollrisiko beurteilen zu können; in diesem Fall sind ergänzende Prüfungshandlungen beim Dienstleistungsunternehmen durchzuführen (vgl. IDW PS 331, Tz. 13 f.). Der Abschlussprüfer wird bei der Beurteilung des Kontrollrisikos des zu prüfenden Unternehmens in Abhängigkeit vom konkreten Fall wie folgt vorgehen (vgl. IDW PS 331, Tz. 15):
- Durchführung von Systemprüfungen der vom zu prüfenden Unternehmen vorgesehenen Kontrollmaßnahmen über die Tätigkeit des Dienstleistungsunternehmens,
- Verwertung des Berichts eines externen Prüfers des Dienstleistungsunternehmens zur Wirksamkeit des IKS des Dienstleistungsunternehmens (IDW PS 951 n.F.),
- Durchführung weiterer Systemprüfungen bei dem Dienstleistungsunternehmen.
IKS-Prüfung beim Dienstleistungsunternehmen
Die Unternehmensleitung bleibt auch im Fall der Auslagerung des IKS für ordnungsgemäße Geschäftsführung und Jahresabschluss verantwortlich.
Die Unternehmensleitung des auslagernden Unternehmens bleibt auch im Fall der Auslagerung des IKS für die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und die ordnungsgemäße Aufstellung der Jahresabschlüsse verantwortlich. Hierbei hat sie vor allem dafür zu sorgen, dass das IKS ihres Unternehmens im Zusammenspiel mit den Kontrollen des Dienstleistungsunternehmens angemessen und wirksam ist. Aus Sicht des Abschlussprüfers ist es somit entscheidend, dass zwischen dem auslagernden Unternehmen und dem Dienstleistungsunternehmen vereinbart wird, dass erforderliche IKS-Prüfungen von einem Prüfer des Dienstleistungsunternehmens, vom Abschlussprüfer oder von der internen Revision des auslagernden Unternehmens durchgeführt werden und die Ergebnisse dieser Prüfungen in der Abschlussprüfung verwertet werden können (vgl. Schmidt, WPg 3/2014, S. 124). Die Unternehmensleitung des Dienstleistungsunternehmens erstellt eine IKS-Beschreibung, in der neben der Art der erbrachten Dienstleistungen und der verarbeiteten Geschäftsvorfälle vor allem die Kontrollziele und die zur Sicherung der Erreichung dieser Ziele eingerichteten Kontrollen dargestellt sind. Der vom Dienstleistungsunternehmen beauftragte Abschlussprüfer beurteilt die IKS-Beschreibung auf Basis der hierzu abgegebenen „Erklärung der gesetzlichen Vertreter“ (vgl. Anlage 3 des IDW PS 951 n.F.). Die Prüfung der IKS-Beschreibung hat folgende vier Ziele (vgl. IDW PS 951 n.F., Tz. 11):
- Aussage, ob die zur Ausgestaltung des IKS des Dienstleistungsunternehmens zugrunde gelegten Kriterien einschließlich der hieraus abgeleiteten Kontrollziele für den vorgesehenen Anwendungszweck geeignet und in der IKS-Beschreibung sachgerecht dargestellt sind,
- Aussage, ob die IKS-Beschreibung durch das Dienstleistungsunternehmen die tatsächliche Ausgestaltung und Einrichtung des dienstleistungsbezogenen IKS sachgerecht darstellt,
- Aussage, ob die in der IKS-Beschreibung dargestellten Kontrollen angemessen ausgestaltet sind (Zeitpunkt bzw. Zeitraum),
- sofern beauftragt: Aussage, ob in der IKS-Beschreibung dargestellte Kontrollen während des zu prüfenden Zeitraums wirksam sind.
Der Abschlussprüfer des Dienstleistungsunternehmens hat über die Prüfungsfeststellungen zu den oben genannten vier Zielen einen Prüfungsbericht anzufertigen und eine Bescheinigung zu erteilen. Die Prüfung und der Bericht werden bestimmt durch die zeitpunkt- bzw. zeitraumbezogene Betrachtung (vgl. IDW PS 951 n.F., Tz. 15 ff.):
- zeitpunktbezogene Prüfung: Es wird nur beurteilt, ob die Kontrollen des Dienstleistungsunternehmens angemessen ausgestaltet und zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeführt waren (Aufbauprüfung) – Typ-1-Bericht,
- zeitraumbezogene Prüfung: Hier wird darüber hinaus geprüft, ob die Kontrollen in einem bestimmten Zeitraum (in der Regel zwölf, mindestens aber sechs Monate) wirksam waren; dazu sind Funktionsprüfungen des IKS vorzunehmen – Typ-2-Bericht.
Die Typ-1-Berichte haben aus der Sicht des Abschlussprüfers nur einen begrenzten Nutzen, da zur tatsächlichen Funktion des IKS im Dienstleistungsunternehmen keine Aussagen getroffen werden; hier sind weitere Prüfungsnachweise zur Wirksamkeit des IKS einzuholen. Anders bei den Typ-2-Berichten, bei denen die Effektivität der Kontrollen direkt beurteilt werden kann. Dies ermöglicht dem Abschlussprüfer in der Regel die IKS-Prüfungsergebnisse zu verwerten, ohne den Abschlussprüfer des Dienstleistungsunternehmens individuell instruieren oder dessen Arbeiten nachprüfen zu müssen. Der IDW PS 951 n.F. regelt im Einzelnen die Prüfungsanforderungen und -planung sowie die Prüfungsdurchführung. Der Bericht über die Prüfung des dienstleistungsbezogenen IKS hat folgende Bestandteile (vgl. IDW PS 951 n.F., Tz. 104):
- Auftrag und Auftragsdurchführung,
- Prüfungsurteil über die Prüfung des dienstleistungsbezogenen IKS
- Anhang 1: Bescheinigung (hierzu enthält der IDW PS 951 n.F. in Anlage 1 und 2 zwei Formulierungsbeispiele),
- Anhang 2: Beschreibung des dienstleistungsbezogenen IKS durch die gesetzlichen Vertreter des Dienstleistungsunternehmens,
- Anhang 3: Darstellung der durchgeführten Prüfungshandlungen einschließlich der Kontrollziele und geprüften Kontrollen,
- Anhang 4: schriftliche Erklärung der gesetzlichen Vertreter des Dienstleistungsunternehmens (vgl. Anlage 3 des IDW 951 n.F.),
- Anhang 5: sonstige Informationen durch die gesetzlichen Vertreter des Dienstleistungsunternehmens,
- fakultativ: Vollständigkeitserklärung.
Auslagerung auf Wirtschaftsprüfer/Steuerberater
Damit stellt sich die Frage, inwieweit auf Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater ausgelagerte Dienstleistungen, insbesondere Buchführung und Abschlusserstellung, zum Anwendungsbereich des IDW PS 951 n.F. und des IDW PS 331 gehören. Der geplante Entwurf einer Neufassung des IDW PS 331 sieht hier eigene Prüfungshandlungen in Bezug auf den Dienstleister vor. Dabei sind folgende Aspekte zu berücksichtigen (vgl. FN-IDW 11/2013, S. 496):
- berufliche Qualifikation des Dienstleisters (Wirtschaftsprüfer, Steuerberater),
- Art der Leistungserbringung (zum Beispiel Übernahme der kompletten Buchführung, Durchführung von Abschlussbuchungen zur Erstellung des Jahresabschlusses),
- Anwendung von fachlichen Verlautbarungen bei der Abschlusserstellung (IDW S7 bzw. die Verlautbarung der BStBK zu den Grundsätzen für die Erstellung von Jahresabschlüssen),
- Ausgestaltung der Leistungserbringung (zum Beispiel individuelle Dienstleistungen nur für Einzelmandate oder standardisierte Dienstleistungen mit entsprechenden Prozessabläufen für eine Vielzahl von Mandanten).
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