Zusagen an Gesell­schafter-Geschäfts­führer - 17. März 2014

Auf Pension verzichten?

Die aktuelle Zins­ent­wick­lung am Kapital­markt ver­größert die Deckungs­lücke­ ­zwischen Ver­sorgungs­ver­pflichtung und Rück­deckungs­ver­sicherung. Die ­steuer­lichen Folgen eines (Teil-) Verzichts zur Beseiti­gung dieser Deckungs­lücken sind immer noch nicht vollständig geklärt.

Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer, die nicht unter das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) fallen, werden grundsätzlich erst mit Erreichen der Altersgrenze unverfallbar. Durch den Bundesfinanzhof (BFH) ist geklärt, dass der Verzicht auf eine verfallbare Anwartschaft im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zu einer verdeckten Einlage und damit zu einem Lohnzufluss beim verzichtenden Gesellschafter führt (BFH vom 08.06.2011, I R 62/10, GmbHR 2011, 1171). Nach Auffassung des I. Senats konnte es dahingestellt bleiben, ob wegen der Verfallbarkeit kein einlagefähiger Vermögensvorteil vorlag oder ob dieser wegen der Verfallbarkeit einen Teilwert von null Euro hatte.

Folgen bei Verzicht

Auf der Gesellschafterseite ist der Verzicht in diesen Fällen damit ohne steuerliche Folgen. Die Auswirkungen bei der Kapitalgesellschaft beschränken sich auf den Ertrag aus der Rück­stellungs­ausb­uchung, der ge­ge­benen­falls wegen laufender Verluste oder Verlust­vorträge keine Ertrag­steuer­belastung auslöst. Etwas anderes dürfte dann gelten, wenn die für sich betrachtet steuerlich unbeachtliche Aufhebung einer vertraglichen Unver­fall­bar­keits­klausel in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der späteren Beendigung des Dienstverhältnisses steht und insoweit unter die Gesamt­plan­recht­sprechung fällt. Eine Schenkung nach § 7 Abs. 8 Erbschaft­steuer­gesetz (ErbStG) kommt nach Auffassung der Finanzverwaltung ebenfalls nicht in Betracht, da eine Begrenzung der Werterhöhung der Anteile auf den Wert der hingegebenen Leistung erfolgt (Tz. 3.4.2 der gleichlautenden Ländererlasse vom 14.03.2012, BStBl. I 2012, 331).

Fortgesetztes Dienstverhältnis

Bisher hat der ­Bundes­finanzhof die Abfindungs­verein­barungen aus­drücklich nur für nicht beherr­schende Gesell­schafter-Geschäfts­führer anerkannt.

Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer auf eine verfall­bare Anwart­schaft ver­zichtet, ohne dass das Dienst­ver­hältnis beendet wird, ist nach einer Ent­scheidung des Finanz­gerichts Nürnberg die für den Verzicht gewährte Abfindung in Höhe des Barwertes der erdienten Anwartschaft nicht gesell­schafts­rechtlich veran­lasst (FG Nürnberg vom 27.11.2012, 1 K 229/11, juris, Rev. I R 28/13). Denn anders als in den vom BFH bisher ent­schie­denen Fällen bestehe bei fortgesetztem Dienst­ver­hältnis die Möglichkeit, dass die Anwart­schaft auf Alters­versorgung zum Vollrecht erstarke. Sowohl ein Erwerber des Betriebs als auch die Gesellschaft beziehungsweise der Versorgungsberechtigte hätten daher der Verpflichtung den Wert beimessen müssen, der durch den künftigen Bedingungseintritt wahrscheinlich realisiert würde.
Im Rahmen des anhängigen Revisionsverfahrens I R 28/13 wird der BFH zum einen die Frage der Qualifikation der Abfindungszahlung als Arbeitslohn oder verdeckte Gewinnausschüttung klären können. Zum anderen bietet sich dem BFH damit auch die Gelegenheit, zur Frage des möglichen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot durch nachträgliche Aufnafahme der Ab­findungs­klausel Stellung zu nehmen. Bisher hat der BFH die Zulässigkeit von Ab­findungs­ver­ein­barungen ausdrücklich nur für nicht be­herr­schende Gesell­schafter-Geschäfts­führer anerkannt (vgl. BFH-Urteil vom 28.04.2010, I R 78/08, BStBl. II 2013, 41). Im Schrifttum wird teilweise die Auffassung vertreten, bei beherrschenden Gesell­schafter-Geschäftsführern müsse eine Ab­findungs­ver­einbarung bereits in der ursprüng­lichen Zusage getroffen werden (unter anderem Gosch, KStG, Rz. 1075 zu § 8).
Bis zur Entscheidung des BFH kann der fehlende Zufluss einer verfallbaren Anwartschaft nur bei Beendigung des Dienstverhältnisses und außerhalb des Gesamtplans als geklärt angesehen werden.

Future Service

Der Verzicht auf den sogenannten Future Service ist ebenfalls nicht vollständig geklärt. Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer als Arbeitnehmer in der GmbH weiter beschäftigt wird, kommt neben dem Vollverzicht auch ein nur teilweiser Verzicht in Betracht. Nach dem BMF-Schreiben vom 14. August 2012 führt der gesellschaftsrechtlich veranlasste Verzicht auf Teile einer Pensions­an­wart­schaft insoweit zu einer verdeckten Einlage, als der Barwert der bisher erdienten Ver­sorgungs­leistungen den Barwert der nach dem Teil­ver­zicht ver­blei­benden Ansprüche übersteigt (BMF vom 14.08.2012, BStBl. I 2012, 874). Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Verzichts­verein­barung nur auf künftig noch zu er­dienende Anwart­schaften bezieht oder nicht.
Für die Beurteilung der Frage, ob eine verdeckte Einlage vorliegt, ist diese rein steuer­bilan­zielle Betrachtung zutreffend, weil insoweit stets auf den Unterschiedsbetrag im Sinne des § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) abzustellen ist. Auch hat die Beschränkung der Verzichts­ver­einbarung auf künftig zu erdienende Anwartschaften keine Auswirkungen auf die Pensionsrückstellung in der Steuerbilanz, weil insoweit im laufenden Dienstverhältnis stets der Gleichverteilungsgrundsatz Anwendung findet (vgl. OFD Niedersachsen vom 15.06.2011, DB 2011, 1778).

Handelsrecht

Handelsbilanziell ist die Formulierung der Verzichts­ver­einbarung jedoch ent­schei­dungs­erheblich für die weitere Rück­stellungs­bildung. Im Fall des aus­drück­lichen Verzichts auf den Future Service bleibt für eine rein quotale Reduktion des Bilanzausweises kein Raum, weil in diesem Fall die künftige Tätigkeit nach der vertraglichen Abrede nicht mehr mit weiteren Anwart­schafts­zuwächsen ver­bunden ist (so aus­drück­lich IDW RS HFA 30, Rz. 61, FN-IDW 2010, 437; ebenso Bertram/ Johann­leweling/Roß/Weiser, WPg 2011, 57). Die handels­bilan­zielle Auswirkung wäre dann auf die Abzinsung des Barwertes bis zum Pensionsalter begrenzt.
Da die Beschränkung der Verzichts­ver­einbarung auf den Future Service nach dem BMF-Schreiben nicht zu einer verdeckten Einlage führt, stellt sich zudem die Frage, welche Wirkungen eine solche Ver­zichts­ver­einbarung im Übrigen entfaltet.

Unverfallbarkeitsklausel

Im Regelfall enthalten Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer eine Unver­fall­bar­keits­klausel für den Fall des vor­zeitigen Aus­scheidens. Steuerlich un­proble­matisch sind diese dann, wenn sich der Umfang der Unver­fall­barkeit bei beherrschenden Personen nach dem Zeitablauf zwischen Zusage­erteilung und Pensionsalter richtet. Bei nicht beherrschenden Geschäfts­führern ist eine Berechnung bereits ab Diensteintritt möglich.
Verzichtet ein Gesellschafter-Geschäftsführer nun auf die noch nicht erdienten Teile seiner Pensions­anwartschaft, so stellt sich die Frage, ob er bei wirtschaftlich vernünftiger Betrachtung denn nicht auf der bereits erdienten Anwartschaft bestehen würde. Denn sind im Verzichts­zeitpunkt beispielsweise durch Zeitablauf 15/30 von ursprünglich 3.000 Euro zugesagter Pension unverfallbar erdient, so würde ein fremder Dritter wohl vereinbaren, dass dieser erdiente Anspruch von um­ge­rechnet 1.500 Euro auch dann erhalten bliebe, wenn er zu irgendeinem späteren Zeitpunkt nach dem Verzicht vorzeitig aus dem Dienstverhältnis ausscheiden würde.
Da jedoch nach dem BMF-Schreiben vom 14. August 2012 eine ausdrückliche Beschränkung des Verzichts auf den Future Service nicht entscheidungserheblich und damit auch nicht erforderlich ist, führt eine unterlassene Anpassung der Unverfallbarkeitsklausel im Zusammenhang mit dem Teilverzicht dazu, dass bei vorzeitigem Ausscheiden geringere Ansprüche verbleiben, als vor dem Verzicht bereits unverfallbar erdient waren. Scheidet der Gesellschafter-Geschäftsführer in dem Beispielsfall zwei Jahre nach dem Teilverzicht aus dem Dienstverhältnis aus, so erhält er ohne die Anpassung der Unverfallbarkeitsklausel nur noch eine Pension von 17/30 von 1.500 Euro, also 850 Euro. Theoretisch stünde damit in diesem Zeitpunkt wieder die Möglichkeit zum Verzicht auf den Future Service offen, was den Umfang der Pensionsverpflichtung nochmals reduziert, sofern der erneute Verzicht nicht in gesamtplanerischer Absicht oder gestaltungsmissbräuchlich erfolgt. Ab wann oder in welchem Umfang die Finanzverwaltung dies bejaht, bleibt jedoch mangels entsprechender Verlautbarungen offen.

Fazit

Selbst ein so über­schau­barer Bereich wie der (Teil-)Verzicht auf die Pensions­anwart­schaft ist in weiten Bereichen ungeklärt.

Selbst ein so überschaubarer Bereich wie der (Teil-) Verzicht auf die Pensions­an­wartschaft ist in weiten Bereichen ungeklärt. Sofern dies­be­zügliche Ent­schei­dungen des BFH oder Verwal­tungs­an­weisungen nicht abge­wartet werden können, empfiehlt es sich stets, Rechts­sicherheit über eine verbindliche Auskunft an der Stelle einzuholen, an der die größten steuerlichen Folgen drohen. Gerade bei wirtschaftlich ange­schlagenen Unternehmen ist dies jedoch nicht die Kapitalgesellschaft, sondern die Gesellschafterebene.

Zum Autor

Jochen Bürstinghaus

Diplom-Finanzwirt, ist im Unternehmenssteuerreferat der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen in Köln mit Fragen der öffentlichen Hand, Vertragsgestaltungen zwischen Kapitalgesellschaft und Gesellschafter und der betrieblichen Altersversorgung beschäftigt.

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