Einbringung in Per­so­nen­­ge­­sell­­schaften - 26. März 2015

Auf ausgeglichene Bezahlung achten

Eine betriebliche Sachgesamtheit kann steuer­neutral in eine Personen­ge­sell­schaft eingebracht werden. Voraus­set­zung ist ein aus­ge­glichenes Verhältnis zwischen Ge­sell­schafter­rech­ten und ihrer Gegenleistung.

Das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) ermöglicht die steuerneutrale Einbringung einer betrieblichen Sachgesamtheit (eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines Anteils an einer Mitunternehmerschaft) in eine Mitunternehmerschaft (§ 24 UmwStG). Für den Mittelstand ist das in der Praxis von großer Bedeutung. Die Anwendung der Norm eröffnet Chancen, ist aber auch mit Klippen verbunden. Der folgende Beitrag geht auf normspezifische Aspekte ein, welche in jüngerer Zeit Emphase durch die Finanzverwaltung und Rechtsprechung erfahren haben.

Aktives Handeln erforderlich

Der Anwendungsbereich des § 24 UmwStG ist häufiger eröffnet, als ein erster Blick glauben macht. Dies ist von wesentlicher Bedeutung. Denn wird übersehen, einen dem Tatbestand des § 24 UmwStG zu subsumierenden Sachverhalt realisiert zu haben, droht eine Gewinnrealisation in Gestalt der Aufdeckung der stillen Reserven. Der nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG zulässige Ansatz der Buchwerte durch die eine betriebliche Sachgesamtheit übernehmende Mitunternehmerschaft ist nämlich davon abhängig, dass nach § 24 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 20 Abs. 2 Satz 3 ­UmwStG spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die übernehmende Personengesellschaft zuständigen Feststellungsfinanzamt ein Antrag auf Buchwertfortführung gestellt wird. Dies setzt ein aktives Handeln der Betroffenen voraus.

Anwendungsbereich

Der Katalog der Anwendungsfälle des § 24 UmwStG ist der Rdn. 24.01 i. V. m. Rdn. 01.47 Umwandlungssteuererlass (UmwSt-Erlass 2011) zu entnehmen. Danach fällt in den Anwendungsbereich der Norm neben offenkundigen Fällen wie der Aufnahme eines Gesellschafters (oder mehrerer Gesellschafter) in ein Einzelunternehmen gegen Geldeinlage oder Einlage anderer Wirtschaftsgüter sowie der Übertragung betrieblicher Sachgesamtheiten auf eine bereits bestehende oder neue Personengesellschaft auch der Eintritt eines weiteren Gesellschafters in eine bestehende Personengesellschaft gegen Geld- oder Sacheinlage. In ­diesem Falle wird fingiert, die bisherigen Gesellschafter der Personengesellschaft bringen ihre Mitunternehmeranteile in eine neue, durch den hinzutretenden Gesellschafter vergrößerte Personengesellschaft ein. Dieser Fall ist etwa gegeben, wenn eine freiberufliche Sozietät ­einen weiteren Partner aufnimmt, der eine Leistung in sein Kapitalkonto zu erbringen hat (was auch durch das Stehenlassen von Gewinnanteilen darstellbar ist). Auch die Aufstockung eines bestehenden Mitunternehmeranteils (Kapitalerhöhung) durch Geldeinlage oder Einlage anderer Wirtschaftsgüter ist ein Anwendungsfall des § 24 UmwStG. Die nicht an der Kapitalerhöhung teilnehmenden Gesellschafter der Personengesellschaft bringen in diesem Fall ihre Mitunternehmeranteile an der bisherigen Personengesellschaft in eine neue, durch die Kapitalerhöhung in den Beteiligungsverhältnissen veränderte Personengesellschaft ein.

Antrag auf Buchwertfortführung

Empfehlenswert ist, den in den vorstehenden Fällen zur Erlangung der steuerlichen Neutralität der Einbringung notwendigen Antrag auf Buchwertfortführung unmittelbar nach Vollzug der Einbringung schriftlich an das für die übernehmende Personengesellschaft zuständige Feststellungsfinanzamt zu richten, damit die Frist gewahrt ist, den Antrag spätestens mit der erstmaligen Abgabe der Schlussbilanz abzugeben, in der das übernommene Vermögen auszuweisen ist.
Aufmerken ließ insofern zwischenzeitlich eine Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern (vgl. Vfg. Bayerisches Landesamt für Steuern S 1978b.2.1-17/1 St32 vom 07.07.2014, DB 2014, 1889), ­wonach unter dem Begriff der steuerlichen Schlussbilanz nach § 24 ­UmwStG eine eigenständige, von der Gewinnermittlung nach den §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) zu unterscheidende Bilanz zu verstehen sei. Werde lediglich die Steuerbilanz im Sinne der §§ 4 Abs. 1 und 5 Abs. 1 EStG auf den Bilanzstichtag abgegeben, ohne dass dies mit einer weiteren Erklärung verbunden wird, könne darin keine Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz im Sinne des § 24 UmwStG gesehen werden. In diesem Fall sei die Antragsfrist des § 24 Abs. 3 Satz 3 ­UmwStG noch nicht verstrichen.

Auffassung der Verwaltung

Bedauerlicherweise kann sich die Beratungspraxis auf diese, eine Rettungsmöglichkeit nach erstmaliger Abgabe der regulären Schlussbilanz ohne vorherige Antragstellung umschließende Verwaltungsanweisung nicht stützen, denn das Bayerische Landesamt für Steuern hat seine Auffassung in einer weiteren Verfügung revidiert (vgl. Vfg. Bayerisches Landesamt für Steuern S 1978b.2.1.-17/10 St32 vom 11.11.2014, DB 2014, 2681, 2682). Danach ist mit der steuerlichen Schlussbilanz im Sinne von § 24 UmwStG die reguläre Steuerbilanz gemeint, in der das übernommene Betriebsvermögen erstmals anzusetzen ist. Diese Auffassung entspricht der allgemeinen Sicht der Dinge.
Sollte die Frist – versehentlich – nicht gewahrt worden sein, bleibt als argumentativer Ansatz vorzutragen, in der Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz, welche das übernommene Betriebsvermögen mit Buchwerten ausweist, sei ein konkludenter Antrag auf Buchwertfortführung zu sehen.

Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Wiederum anders stellt sich die Situation dar, wenn die übernehmende Personengesellschaft (beispielsweise eine freiberufliche Sozietät) den Gewinn nach Maßgabe des § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. In diesem Falle ist nach Auffassung der Finanzverwaltung der Antrag spätestens bis zur erstmaligen Abgabe einer Einbringungsbilanz (nach deren Aufstellung zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zurückgekehrt werden könne) zu stellen (vgl. Rdn. 24.03 UmwSt-Erlass 2011). Tatsächlich ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kein Erfordernis zur Erstellung einer Einbringungsbilanz, wenn bei Buchwertfortführung zulässigerweise auch die Einnahmen-Überschuss-Rechnung fortgesetzt wird (vgl. BFH-Urteil III R 32/12 vom 11.04.2013, BStBl. 2014 II, 242). Hier kann ein versäumter Antrag folglich ad infinitum nachgeholt werden.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist § 24 UmwStG nur anwendbar, „soweit der Einbringende als Gegenleistung für die Einbringung Gesellschaftsrechte erwirbt, das heißt soweit er durch die Einbringung die Rechtsstellung eines Mitunternehmers erlangt und seine bisherige Mitunternehmerstellung erweitert“ (vgl. Rdn. 24.07 UmwSt-Erlass 2011). Damit soll die aufnehmende Mitunternehmerschaft das Wert­ansatzwahlrecht zugunsten des Buchwerts (oder eines Zwischenwerts) nur ausüben dürfen, soweit der Einbringende die Gegenleistung für die Einbringung auf einem Gesellschaftereigenkapitalkonto gutgeschrieben erhält. Verschlossen ist danach der Weg, ihm im Gegenzug für die Einbringung auch eine Gutschrift auf einem Gesellschafterdarlehenskonto zu gewähren. Die Einräumung eines solchen schuldrechtlichen Anspruchs im Rahmen einer Einbringung ist indes ein häufiger Wunsch in der steuerlichen Gestaltungspraxis, zumal bei Verbindung der Einbringung mit einer vorweggenommenen Erbfolge in Gestalt der Aufnahme von Familienangehörigen.

Mischentgelt

Die BFH-Rechtsprechung, wonach ein aus der Gewährung von Gesellschaftsrechten und der Einräumung einer sonstigen Leistung zusammengesetztes sogenanntes Mischentgelt der steuerlichen Neutralität des Einbringungsvorgangs nicht entgegensteht, soweit es den Buchwert der eingebrachten betrieblichen Sachgesamtheit nicht übersteigt (vgl. BFH-Urteil X R 42/10 vom 18.09.2013, DStR 2013, 2380), wird von der Finanzverwaltung noch nicht angewendet. Damit ist dieser Gestaltungsweg einstweilen versagt, wenn eine Auseinandersetzung mit der Finanzverwaltung vermieden werden soll.
Alternativ bietet sich die Gutschrift auf dem variablen Kapitalkonto II an, welches einem Gesellschafterdarlehenskonto insoweit angenähert werden kann, als eine Verzinsung des Guthabens und erweiterte Entnahmemöglichkeiten vorgesehen werden können. Vermieden werden sollte ­jedoch die Öffnung hin zu einer freien Entnehmbarkeit, da der BFH in ­einem Obiter Dictum bewusst offengelassen hatte, ob eine solche der Einordnung des Kontos als Eigenkapitalkonto entgegenstehe (vgl. BFH-Urteil IV R 46/05 vom 15.05.2008, BStBl. 2008 II, 812, unter Abschnitt  II.4 der Urteilsgründe). Die Gestaltung über ein solches Gesell­schaftereigen­kapitalkonto setzt jedoch voraus, dass es nach dem Gesellschaftsvertrag einer Verlustverrechnung offensteht – und sei sie final (bei Ausscheiden des Gesellschafters oder Beendigung der Mitunternehmerschaft; vgl. BMF-Schreiben IV C 6 – S 2178/09/10001 [DOK 2011/0524044] vom 11.07.2011, BStBl. 2011 I, 713).
Etwaig ergeben sich aber zukünftig weitere Gestaltungsansätze durch eine im Übrigen als Restriktion einzustufende gesetzliche Änderung: Der Bundesrat hatte nämlich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Zollkodex-Anpassungsgesetz vorgeschlagen, bei Einbringungsvorgängen nach den §§ 20 und 21, aber auch § 24 UmwStG steuerunschädlich eine sonstige Gegenleistung bis zur Höhe von zehn Prozent des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens zuzulassen (vgl. BR-Drucksache 432/1/14 vom 24.10.2014). Dieser Änderungsvorschlag ist nicht umgesetzt worden, jedoch hat die Bundesregierung in einer Protokollerklärung vom 19. Dezember 2014 die Zusage gemacht, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der auch Gestaltungen im Umwandlungssteuerrecht aufgreifen soll. Dem Vernehmen nach soll im Sinne einer Meistbegünstigungsklausel eine sonstige Gegenleistung bis zu 25 Prozent des Buchwerts oder bis zu 300.000 Euro zulässig sein.
Was sich bei der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft als Einschränkung darstellt (hier ist neben der Gewährung von Gesellschaftsrechten eine sonstige Gegenleistung bislang in uneingeschränkter Höhe steuerunschädlich zulässig, sofern sie nicht den Buchwert oder die Anschaffungskosten des eingebrachten Vermögens überschreitet), stellte bei der Einbringung in die Mitunternehmerschaft eine erstmals gesetzlich abgesicherte Gestaltungschance dar.

Fazit

Die Einbringung in eine Mitunternehmerschaft ist von Gesetzes wegen nur dann steuerneutral durchführbar, wenn vor der erstmaligen Abgabe der (regulären) Schlussbilanz ein Antrag auf Buchwertfortführung gestellt wird. Dies macht erforderlich, sich vor Augen zu führen, welche Fälle von § 24 UmwStG betroffen sind.
Soll die Einbringung neben der Gewährung von Gesellschaftsrechten mit einer weiteren Gegenleistung verbunden werden, führt dies nach bisheriger Sicht der Finanzverwaltung – entgegen der Rechtsprechung – zur teilweisen Realisation der stillen Reserven. Ein Gestaltungsansatz bietet sich gegenwärtig durch Gutschrift auf dem variablen Kapitalkonto II. Es gilt zudem, die weitere Entwicklung abzuwarten, denn etwaig lässt der Gesetzgeber demnächst steuerunschädlich die Gewährung einer partiellen weiteren Gegenleistung zu.

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Dialogseminar online „Jahres­abschl­uss der Per­so­nen­ge­sell­schaft“ (Art.-Nr. 76336)

Zum Autor

Dr. Martin Strahl

Steuerberater und Partner der c·k·s·s Carlé · Korn · Stahl · Strahl

Partner­schaft mbB Rechts­an­wälte Steuer­be­rater, Köln. Er ist um­fas­send mit Fragen der steuer­lichen Ge­stal­tungs­be­ra­tung im Zuge von Um­struk­tu­rie­run­gen, Ver­äuße­run­gen und vor­weg­ge­nom­menen Erb­folgen betraut.

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