Entwicklungen rund um die Arbeitnehmerüberlassung - 20. Dezember 2013

Attraktivität bewahren

Die aktuellen Maßnahmen zur Angleichung der Arbeitsbedingungen zwischen Stammbelegschaft und Leasingkräften sorgen nicht gerade dafür, dass die Leiharbeit aus Sicht der Unternehmen weiterhin attraktiv bleibt.

Leiharbeit liegt vor, wenn ein Arbeitgeber (Verleiher) einem Dritten (Entleiher) aufgrund einer Vereinbarung vorübergehend bei ihm angestellte Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) zur Arbeitsleistung überlässt. Der Entleiher kann die Leiharbeitnehmer in seinem Unternehmen wie eigene Arbeitnehmer zur Förderung seiner Betriebszwecke einsetzen. Arbeitgeber bleibt aber allein der Verleiher. Entscheidender Aspekt der Leiharbeit ist, dass der Entleiher berechtigt ist, den Leih­arbeitnehmern Weisungen zu erteilen und konkrete Arbeitsaufgaben zuzuweisen.
Soweit ein solches Leiharbeits­verhältnis besteht, sind dann die Regelungen des Arbeit­nehmer­überlassungs­gesetzes (AÜG) maßgeblich. So jedenfalls die Theorie – in der Praxis muss aber oft anhand einer Reihe von Kriterien entschieden werden, ob es sich um Leiharbeit handelt oder nicht.
Und die gesetzliche Vorgaben, aber auch die aktuelle Rechtsprechung zur Arbeit­nehmer­überlassung, werfen immer wieder neue Fragen auf.

Equal Pay

Mit Beschluss vom 14. Dezember 2010 (1 ABR 19/10) hat das Bundes­arbeits­gericht (BAG) festgestellt, dass die Tarifgemeinschaft CGZP nicht tariffähig ist.
Unter dem Gesichtspunkt des sogenannten Equal Pay hat das BAG daher in fünf der bundesweit zahlreich anhängigen Klagen auf Zahlung der Differenz­vergütung zwischen den niedrigeren CGZP-Tariflöhnen und den höheren Vergleichs­löhnen in den Entleiher­betrieben entschieden, dass Leiharbeitnehmer gleiches Arbeitsentgelt erhalten (BAG, Urteil vom 13.03.2013 – 5 AZR 294/12).

Mindestlohn

Die Verhandlungsgemeinschaft Zeitarbeit (VGZ) und die DGB-Tarifgemeinschaft einigten sich darauf, den Mindestlohn in den westlichen Bundesländern zum 1. Januar 2014 um 3,8 Prozent und im Osten um 4,8 Prozent anzuheben: Leiharbeiter im Westen erhalten dann in der untersten Entgeltstufe einen Stundenlohn von 8,50 Euro und im Osten von 7,80 Euro. Ab dem 1. April 2015 sollen sich die Mindestlöhne im Westen um weitere 3,5 Prozent auf 8,80 Euro und im Osten um 4,3 Prozent auf 8,20 Euro erhöhen. Zum 1. Juni 2016 folgen weitere Erhöhungen.
Die Allgemein­verbindlich­keits­erklärung steht noch aus, ist aber angekündigt. Nun kommen auch erstmals – bereits allgemein­verbind­liche Lohnunter­grenzen für Steinmetze und Bildhauer ab 1. Oktober 2013 zur Anwendung.

Branchenzuschlagstarife

Bislang sind folgende Tarifverträge über Branchen­zuschläge für Leiharbeitnehmer in Kraft getreten:

  • Metall- und Elektroindustrie: 1. November 2012
  • Chemische Industrie: 1. November 2012
  • Kunststoff und Kautschuk verarbeitende Industrie: 1. November 2013
  • Schienenverkehrsbereich: 1. April 2013
  • Textil- und Bekleidungsindustrie: 1. April 2013
  • Holz- und Kunststoff be- und verarbeitende Industrie: 1. April 2013
  • Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitende Industrie: 1. Mai 2013
  • Druckindustrie: 1. Mai 2013

Über­lassungs­verträge zwischen Verleiher und Entleiher sind ebenfalls zu modifizieren.

Leiharbeits­unternehmen müssen die in ihren Arbeits­verträgen verwendeten Bezugnahme­klauseln daraufhin überprüfen, ob durch sie die neuen Branchen­zuschlags­tarif­verträge in Bezug genommen werden. Ist das nicht der Fall, sind die Klauseln anzupassen, da anderenfalls die Gefahr besteht, dass eine Abweichung vom Equal Treatment nach § 9 Abs. 2 AÜG unzulässig ist.
Das kann dazu führen, dass dieselben Arbeits­bedingungen wie im Entleiher­betrieb gewährt werden müssen.
Überlassungs­verträge zwischen Verleiher und Entleiher sind ebenfalls zu modifizieren, wobei neben der Berück­sich­tigung der für die Berechnung der Branchen­zuschläge sowie ge­gebenen­falls der Deckelung erforder­lichen Infor­mationen besondere Verein­barungen für Leih­arbeit­nehmer erfasst werden müssen.

Ausblick

In jedem Fall hat die Möglichkeit, Lohnkosten durch Leiharbeit zu steuern, mit den Tarifverträgen über Branchenzuschläge weiter abgenommen. Ferner ist davon auszugehen, dass die Attraktivität der Leiharbeit durch künftige Maßnahmen der Bundesregierung zur Angleichung der Arbeitsbedingungen zwischen Leiharbeitern und Stammarbeitnehmern noch weiter eingeschränkt wird.

Zur Autorin

Dr. Tina Kärcher-Heilemann Weitere Artikel der Autorin