Ureigenes Interesse des Berufsstands, oberlehrerhaftes Verhalten und die digitale Kanzlei – was diese drei Themen mit den Kollegenforen zu tun haben, erklären Ulrich Edenhofer, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und Andreas Weber, Steuerberater.
Ulrich Edenhofer aus Mannheim und Andreas Weber aus Hanau richten seit mehreren Jahren Kollegenforen aus. In diesen Kanzleiveranstaltungen erklären sie anderen DATEV-Mitgliedern, aus welchen strategischen Überlegungen heraus sie ein bestimmtes Programm einsetzen, welche Stolpersteine es bei der Einführung gab und wie das Alltagsgeschäft nun läuft. Alles in ihrer eigenen Kanzlei, damit die Kollegen direkt vor Ort sehen, wie was funktioniert und eingesetzt werden kann.
Vor dem diesjährigen Kick-off der Kollegenforen sprachen sie über ihre Schwerpunktthemen, wie sie die Kollegenforen abhalten und warum alles irgendwann in der digitalen Kanzlei münden wird.
Herr Edenhofer, Herr Weber, welche Themen behandeln Ihre Kollegenforen?
Ulrich Edenhofer: Ich lade seit einigen Jahren zum Kollegenforum „DATEV DMS“ ein. Seit 2018 gehört auch „Die digitale Kanzlei – Zusammenarbeit heute und morgen“ dazu. Hier versuchen wir uns an einem ganz neuen Konzept ohne klassischen Handlungsstrang oder Präsentation eines Produkts. Es ist eine offene Austauschrunde zwischen Kollegen – ganz persönlich und auch, wie soll ich sagen, gläsern. Warum soll ich digitalisieren? Welchen Vorteil habe ich davon? Was hemmt mich? Was muss ich angehen? Wo drückt der Schuh?
Andreas Weber: In meiner Kanzlei halten wir das Kollegenforum „DATEV Unternehmen online: Werden Sie digital!“ ab. Spätestens zur Halbzeit werden die Fragen intensiver und verlassen das Thema DUo: Macht ihr eure eigene Buchhaltung auch in Unternehmen online? Wie geht ihr mit elektronischen Bescheiden um? Elektronischer Einspruch und Co. sind Themen, die oft angesprochen werden, obwohl wir eigentlich mit Unternehmen online gestartet sind.
Im Grunde logisch, dass man über das Programm hinaus in Abläufen denkt.
Ulrich Edenhofer: Das Übergeordnete zählt immer mit. Sicherlich gibt es den ein oder anderen Spezialisten unter uns, der ein bisschen tiefer im Thema steckt, aber ich erlebe es auch so wie du, Andreas. Wenn man beispielsweise ein DMS-Kollegenforum hält, muss man auch zu Unternehmen online springen und eine Aussage zur Belegablage treffen können.
Andreas Weber: Ich vermute, dass die Kollegenforen früher oder später alle in „Die digitale Kanzlei“ münden werden. Das wäre eine natürliche Entwicklung. Uns geht es darum, den freien und offenen Austausch zwischen den Kollegen herzustellen und sie bei der Digitalisierung voranzubringen.
Wie gehen Sie denn didaktisch vor?
Andreas Weber: Da erfahrungsgemäß jede Runde anders aufgebaut ist, halten wir den Austausch sehr offen und frei.
Ulrich Edenhofer: Bei der digitalen Kanzlei ist der offene Austausch immanent. Ohne festes Konzept können wir offen und individuell auf die Teilnehmer eingehen. Bei DMS ist das anders. Da das Einrichten und Organisieren sowie die Schulungen aufwändig sind, haben die Teilnehmer das Programm noch nicht. Wir arbeiten hier also gewisse Themen ab, zeigen Programmfeatures und Prozesse.
Wer kommt denn zu den Kollegenforen?
Ulrich Edenhofer: Das ist immer die ganze Bandbreite. Manchmal nehmen vier oder fünf Kanzleien teil, manchmal nur zwei oder drei. Manche stellen sehr konkrete Fragen und haben auch schon klare Vorstellungen, andere sind noch ganz grün und wissen nicht, was scannen konkret bedeutet und wo man überhaupt digitalisieren kann.
Andreas Weber: Das ist bei uns ähnlich. Es nehmen Kanzleien teil, die sich über Unternehmen online informieren möchten oder es bereits einsetzen. Deshalb verfolgen wir keine feste Agenda. Ansonsten könnte jemand enttäuscht rausgehen. Was mir vor allem wichtig ist: Wir kochen alle nur mit Wasser. Oberlehrerhaftes Verhalten gibt es bei uns nicht. Jeder Teilnehmer hat die Steuerberaterprüfung bestanden, das heißt, er hat eine sehr, sehr hohe Hürde überwunden. Der einzige Grund, weshalb die Kollegen bei uns sind, ist ja, dass wir irgendwelche Entscheidungen schon früher getroffen haben und jetzt zeigen können, wie wir es gemacht haben und was sie vermeiden können.
Ulrich Edenhofer: Es geht nicht darum, anderen zu zeigen, was man erreicht hat und wie toll man ist. Es geht um das ureigene Interesse, den Berufsstand ein Stück weiterzubringen. Uns ist ja allen geholfen, wenn der Berufsstand in der Digitalisierung vorankommt. Auch mit den Mitarbeitern, damit er auch für andere Fachkräfte interessant wird und der Fachkräftemangel etwas geheilt wird.