Wirtschaftsmediation für Steuerberater - 2. Mai 2019

Reden ist Gold

Zwischenmenschliche Konflikte kosten Zeit, Energie und Geld. Wenn sie tief sitzen und für die Betroffenen unlösbar erscheinen, eignet sich eine Mediation. Martina Richter ist neben ihrer Steuerberatertätigkeit auch ausgebildete Wirtschaftsmediatorin und hilft ihren Mandanten in kniffligen Situationen, wie zum Beispiel beim Generationenwechsel in Familienunternehmen.

Frau Richter, warum haben Sie sich zur Wirtschaftsmediatorin ausbilden lassen?

Als ich mich für die Ausbildung angemeldet habe, war es gar nicht mein vordergründiges Ziel, Mediation als ein neues Betätigungsfeld einzubauen. Ich hatte eher den Wunsch, etwas anderes als nur die klassischen Steuerthemen zu machen. Ich wollte ein Handwerkszeug erlernen, mit dessen Hilfe ich in Gesprächen besser auf meine Mandanten, Kollegen oder Prüfer eingehen kann. In der Ausbildung stieg ich dann Stück für Stück in das Thema Mediation ein – auch in der alltäglichen Steuerberatungspraxis. In einer Kanzlei gibt es ja viele Möglichkeiten, das erlernte Wissen anzuwenden.

Können Sie mir da ein Beispiel nennen?

Mein erster Fall war ein klassischer Vater-Sohn-Nachfolgekonflikt. Nach anfänglicher Skepsis des Seniors verlief meine erste Mediation tadellos. Beide haben während der Sitzung dem anderen wahrscheinlich zum ersten Mal richtig zugehört und sich darüber gewundert, dass sie eigentlich dieselben Ziele verfolgen. Nach vier Terminen hatten wir Lösungsansätze gefunden und während des darauffolgenden Jahres verlief die Unternehmensübergabe fast störungsfrei. Ich habe mich dann besonders über die Reaktion des Vaters gefreut, nachdem wir alles erfolgreich auf den Weg gebracht hatten: Nie hätte er gedacht, dass miteinander reden so viel bringen würde. Das ist auch eine ganz wichtige Erkenntnis aus meiner Ausbildung. Wir müssen unserem Gegenüber aufmerksamer zuhören. Wie oft überblickt man kurz das Problem des Mandanten und hat quasi schon die Lösung parat. Ob diese Lösung dann aber auch die beste ist, ist fraglich. Das sogenannte aktive Zuhören und das intensive Hinterfragen von Standpunkten bringen dagegen häufig Wünsche und Bedürfnisse an die Oberfläche, die der Befragte selbst nicht erwartet hätte.

Nutzen Sie das Erlernte denn auch privat?

In der Familie ist es eher schwierig, mediative Ansätze anzuwenden. Kinder in der Pubertät reagieren oft auch irrational. Allerdings gilt auch hier: Aktives Zuhören und mehr Hinterfragen kann helfen. In meiner Gemeinde bin ich ehrenamtlich als Schiedsfrau tätig. Die Ausbildung zur Mediatorin hilft mir hier ganz klar. Ob es sich nun um die Unternehmensnachfolge handelt oder den Nachbarschaftsstreit am Gartenzaun – die Betroffenen sind dankbar, wenn sich eine einvernehmliche Lösung für deren Konflikte findet.

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Zur Person

Martina Richter ist Steuerberaterin und leitet seit 2012 ihre eigene Kanzlei in Wittenberge im Nordwesten Brandenburgs. Sie beschäftigt zurzeit fünf Mitarbeiterinnen.

Zur Autorin

Julia Wieland

Redaktion DATEV magazin

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