Auch mit einer klassischen Stellenanzeige sind Fachkräfte heute noch für eine Steuerberatungskanzlei zu erreichen. Vorausgesetzt, die Annonce ist zeitgemäß, ansprechend und digital gestaltet, berichten Steuerberaterin Rebecca Woki aus Wetzlar und Jan Hartwich von der Zeitsprung Media GmbH aus Frankfurt am Main.
Das Interview führte Robert Brütting
DATEV magazin: Steuerberatungskanzleien kämpfen seit geraumer Zeit damit, Fachkräfte zu gewinnen. Wie sieht Ihre Bilanz dazu aus?
REBECCA WOKI: Der Fachkräftemangel und die steigenden Anforderungen setzen die Kanzleien extrem unter Druck. Die Lage wird nicht besser, sondern eher schlimmer.
Was kann gegen dieses Problem getan werden?
JAN HARTWICH: Es ist wichtig, aktiv um hoch qualifiziertes Personal zu werben und sich dabei als Kanzlei in eine gute Position zu bringen. Doch diese Aufgabe scheint für die meisten steuerlichen Berater eine beinahe unüberwindbare Hürde zu sein.
Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
JAN HARTWICH: Eine gelungene Stellenanzeige lässt sich parallel zum Kanzleibetrieb, also nebenbei, nicht ohne Mühe und Sorgfalt erstellen. Es sind diverse Aspekte zu berücksichtigen, um bei potenziellen Bewerbern einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Können Sie das bestätigen, Frau Woki?
REBECCA WOKI: Wir haben über die altbekannten Kanäle regelmäßig Stellenangebote ausgeschrieben, konnten aber kaum Bewerbungen generieren. So haben uns lange Zeit an vielen Stellen qualifizierte Mitarbeiter gefehlt, was ernste Probleme bereitete. Nicht nur die Belastung für das Personal wurde immer größer, ab einem gewissen Zeitpunkt konnten wir auch unsere Mandanten kaum noch zufriedenstellen.
Worauf kommt es bei einer Stellenanzeige in der heutigen Zeit an?
JAN HARTWICH: Eine zeitgemäße und vor allem persönliche Ansprache ist heute mehr denn je entscheidend – auf altbackene und rein formale Parameter sollte man verzichten.
Was ist damit gemeint?
JAN HARTWICH: Eine Kanzlei, die nach Mitarbeitern sucht, muss sich als zukünftiger Arbeitgeber ordentlich vorstellen. Um welche Kanzlei handelt es sich? Wie sieht die Unternehmenskultur aus? Welche Art von Mandanten wird betreut? Mit welchen Software-Lösungen wird in der Kanzlei gearbeitet? Antworten auf diese Fragen helfen Bewerbern dabei, sich schneller zu orientieren, sich mit der Kanzlei vertraut zu machen und sich mit ihr gegebenenfalls zu identifizieren.
Wie würden Sie Ihre Kanzlei beschreiben, Frau Woki?
REBECCA WOKI: Die FRP GmbH bedient mit Buchhaltungen, Jahresabschlüssen und Steuererklärungen die typischen Angebote einer Kanzlei, allerdings liegt einer unserer Schwerpunkte auch auf der Wirtschaftsprüfung. Wir sind vor allem regional in Hessen tätig. Unser Stammsitz befindet sich in Wetzlar, aber in Marburg und Laubach haben wir noch weitere Niederlassungen.
Und es gelang Ihnen lange Zeit nicht, offene Stellen zu besetzen?
REBECCA WOKI: Vereinzelt konnten wir über viel zu teure Headhunter Mitarbeiter einstellen, die meiste Zeit aber waren wir deutlich unterbesetzt.
Welche Fehler wurden bei der Ansprache potenzieller Bewerber gemacht?
REBECCA WOKI: Eines unserer größten Probleme war, dass wir nicht an den Stellen auffindbar waren, an denen die Kandidaten tatsächlich gesucht haben. Folgerichtig wurde kaum jemand auf unsere offenen Stellen aufmerksam.
Wo genau liegt hier der Schlüssel zum Erfolg?
JAN HARTWICH: Damit eine Fachkraft überhaupt auf eine offene Stelle aufmerksam wird, muss man sich zunächst ansprechend vorstellen. Wichtig ist auch, dass die Kanzlei genau dort auffindbar ist, wo Bewerber wirklich suchen. Die meisten Steuerberater veröffentlichen auf beliebigen Portalen auf gut Glück eine Anzeige, weil vielleicht ein Kollege dort jemanden gefunden hat. Grundsätzlich wissen sie aber nicht, wie viele Bewerber dort erreicht werden. Darüber hinaus müssen die richtigen Punkte aufgeführt sein, die den Bewerbern auch wirklich wichtig sind und sie überzeugen. Schließlich muss die Kanzlei ihr Stellenangebot emotional verpacken und die Anzeige in der Sprache der Bewerber formulieren. Viele Steuerberater beschreiben ihre Benefits mit nichtssagenden Floskeln, wie etwa flachen Hierarchien oder familiärer Arbeitsatmosphäre. Derart oberflächliche Versprechen lesen Kandidaten überall – das überzeugt schlichtweg nicht. Man muss die Bedürfnisse der Bewerber ansprechen. Warum sollte die Fachkraft gerade zu dieser Kanzlei wechseln? Ratsam ist, relevante und attraktive Benefits anzubieten, also Vorteile, nach denen sich die Bewerber tatsächlich sehnen.
Suchen die Bewerber von heute nicht gerade nach modernen Strukturen mit flachen Hierarchien?
REBECCA WOKI: Das ist meiner Erfahrung nach ein Irrglaube. In den meisten Fällen wünschen sich Steuerfachkräfte vor allem einen Chef auf Augenhöhe, Wertschätzung für ihre Arbeit und Zukunftsorientierung.
Zurück zu den Benefits. Hatte Ihre Kanzlei in diesem Bereich Defizite, Frau Woki?
REBECCA WOKI: In dieser Hinsicht waren wir schon immer gut aufgestellt. Wir bieten ein attraktives Gehalt, Unterstützung für Fort- und Weiterbildungen sowie sinnvolle Work-Life-Benefits. Auch unsere Arbeitsausstattung genügt den modernsten Ansprüchen, dank DATEV sind wir zudem digital ausgerichtet. Darüber hinaus betonen unsere Mitarbeiter immer wieder, dass sie gerne bei uns arbeiten, weil wir ihnen Sicherheit, Erfüllung und Wertschätzung bieten. Auch das Betriebsklima und den Umgang miteinander empfinde ich als äußerst positiv.
Und es gelang Ihnen nicht, diese Vorzüge erfolgreich zu transportieren?
REBECCA WOKI: Trotz dieser Vorteile und großer Bemühungen unsererseits blieben offene Stellen in der Kanzlei lange unbesetzt. Wir haben es nicht geschafft, auf uns aufmerksam zu machen und diese Werte nach außen zu transportieren. Auch wussten wir nicht, was genau den Bewerbern in erster Linie wichtig ist und welche unserer zahlreichen Benefits wir in die Anzeigen aufnehmen sollten. Mit zunehmender Dauer war das enorm frustrierend und sorgte innerhalb unserer Kanzlei für Unmut.
Auf welchen Kanälen ist eine Stellenanzeige nicht erfolgversprechend?
JAN HARTWICH: Auf keinen Fall sollte man die Anzeige in Zeitungen platzieren, denn das ist im Recruiting ein aussterbendes Medium. Man verbrennt so nur viel Zeit und Geld und am Ende bringt es nicht den gewünschten Erfolg. Auch von Social-Media-Plattformen ist meiner Erfahrung nach abzuraten, denn Kanäle wie Facebook oder Instagram werden zur Unterhaltung genutzt. Niemand nutzt diese Kanäle aktiv, um einen Job zu suchen. Daher ist davon abzuraten, dort Anzeigen zu schalten. Dies führt eher dazu, dass man negativ wahrgenommen wird. Ein potenzieller Bewerber auf Jobsuche wird diese Steuerberatungskanzlei als Unternehmen in Erinnerung behalten, von dem er eine nervige Werbung bekommen hat. Aus diesem Grund sind Social-Media-Anzeigen eher schädlich.
Wo ist eine Stellenanzeige dann zu platzieren?
JAN HARTWICH: Dort, wo sich potenzielle Kandidaten auch wirklich nach Alternativen umschauen. Das ist von Region zu Region sehr unterschiedlich. Wenn jemand unzufrieden ist, wird er immer auf verschiedene Portale gehen, um sich nach Alternativen umzusehen. Beispielsweise wird der Bewerber damit anfangen, bestimmte Suchbegriffe auf Google einzugeben. Um dann auffindbar zu sein, muss man im Vorfeld eine genaue Analyse durchführen. Das ist ein komplizierter Prozess, jedoch weiß man danach genau, nach welchen Suchbegriffen die Zielgruppe in der Region sucht und auch wie viele potenzielle Bewerber es dort gibt. Man muss hier die ganzen Portale analysieren und herausfinden, welche davon am meisten genutzt werden. Häufig ist es so, dass eine einzige Plattform pro Region die meiste Aufmerksamkeit von den wechselwilligen Kandidaten bekommt.
Was sollte bei der Ansprache potenzieller Bewerber auf jeden Fall vermieden werden?
JAN HARTWICH: Ein häufiger Fehler ist, dass Steuerberatungskanzleien in ihren Anzeigen neben flachen Hierarchien auch von moderner EDV sprechen. Das trifft nicht die wahren Bedürfnisse der Bewerber.
Welche Bedürfnisse sind das denn?
JAN HARTWICH: Die Berater sollten überlegen, warum ein potenzieller Kandidat überhaupt wechseln möchte. Auf diese Gründe muss die Kanzlei in ihrer Stellenanzeige eingehen. Wichtig dabei ist, nicht aus Unternehmenssicht zu schreiben. Formulierungen sollten also nicht mit „Wir bieten“ oder „Wir sind“, sondern mit „Darauf kannst du dich freuen“ oder „Das bekommst du bei uns“ beginnen.
Wie sollte die Stellanzeige inhaltlich aufgebaut sein, um die Aufmerksamkeit eines Interessenten zu gewinnen?
JAN HARTWICH: Auf jeden Fall ist immer ein konkreter Ansprechpartner zu benennen. Zudem sollte die angebotene Stelle klar und deutlich, aber nicht ausschweifend beschrieben sein. Wenn es gelingt, dem Job in der Stellenbeschreibung etwas Besonderes und Einzigartiges zu verleihen, etwas, womit man sich von den Angeboten der Konkurrenz abhebt, wird in jedem Fall das Interesse potenzieller Bewerber geweckt. Die beschriebenen Maßnahmen bleiben allerdings erfolglos, wenn die interessierte Fachkraft am Ende nicht weiß, wie sie sich konkret bewerben kann. Daher muss die Anzeige eine klare Handlungsaufforderung enthalten, wie und wann die Kontaktaufnahme mit dem in der Annonce genannten Ansprechpartner erfolgen soll. Für den Fall, dass die Stellenanzeige überzeugt, muss der interessierten Fachkraft eine schnelle Bewerbung möglich sein.
Wie lautet Ihr abschließendes Fazit?
REBECCA WOKI: Durch die Zusammenarbeit mit der externen Recruiting-Agentur konnten wir zeitnah mehrere neue Mitarbeiter einstellen. Dadurch ist die Arbeitslast nun spürbar ausgewogener über eine breitere Belegschaft aufgeteilt und wir können uns entspannter unseren eigentlichen Aufgaben widmen. Unsere erfahrenen Kräfte freuen sich sehr, mit neuen Kollegen zusammenarbeiten und sich ihre Zeit wieder deutlich freier einteilen zu können. Nach außen hin werden wir jetzt in der gesamten Region von Steuerfachangestellten bis hin zu Berufsträgern als attraktiver, sicherer Arbeitgeber wahrgenommen. Zudem haben wir die Reichweite unserer Kanäle stark erhöht, wodurch wir uns bei Bedarf auch in Zukunft schnell und zuverlässig verstärken können. Dank der Recruiting-Agentur konnten wir ein System implementieren, das es uns als Kanzlei weitaus einfacher macht, planbar neue Mitarbeiter zu finden.
JAN HARTWICH: Bei einer modernen Stellenanzeige sollte es keine Bewerbungshürden geben. In der heutigen Zeit ist ein erster, schneller Kontakt ohne langwierige Anschreiben enorm wichtig.
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