Mindestlohn - 29. September 2022

Erneute Anhebung

Seit Anfang Oktober ist nun zum zweiten Mal in diesem Jahr eine Erhöhung beim Mindestlohn erfolgt. Die Unternehmen sind gut beraten, die in Betracht kommenden Arbeitsverträge zu überprüfen, denn es drohen empfindliche Bußgelder.

Nachdem der Mindestlohn zuletzt zum 1. Juli dieses Jahres auf 10,45 Euro brutto angehoben wurde, ist er nun zum 1. Oktober 2022 nochmals auf 12,00 Euro brutto je Zeitstunde angestiegen. Im Zuge der erneuten Erhöhung des Mindestlohns ergibt sich bei einer 40-Stunden-Woche, also 173,33 Stunden pro Monat, ein monatlicher Mindestlohn von 2.079,96 Euro brutto. Da die reguläre wöchentliche beziehungsweise monatliche Arbeitszeit die genannten Werte selten übersteigt, verschärft sich die Mindestlohnproblematik bei einem verstetigten beziehungsweise pauschalen Monatsbruttolohn unter 2.100,00 Euro.

Überprüfung zwingend geboten

Die Arbeitgeber sind daher gefordert, bei den Gehalts-, aber auch Stundenlohnempfängern zu überprüfen, ob diese den neuen, ab 1. Oktober geltenden Mindestlohn, tatsächlich erhalten. Denn einem Arbeitgeber, der die Mindestlohngrenze unterschreitet, drohen harsche Konsequenzen. Das Gesetz sieht Bußgelder von bis zu 500.000,00 Euro vor. Hinzu kommen noch Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen und mitunter auch der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen.

Anrechnungen von Sonderzahlungen

Problematisch wird es, wenn sich das vom Arbeitgeber gezahlte Gehalt aus verschiedenen Bestandteilen zusammensetzt. Wenn neben einem Grundgehalt etwa noch Provisionen, Zulagen, Weihnachts- und Urlaubsgeld oder variable Leistungen gezahlt werden, ist zu klären, ob der Mindestlohn tatsächlich gezahlt wird. Hier hat der Gesetzgeber versäumt, für Klarheit zu sorgen, ob und inwieweit eine Anrechnung von Geld- beziehungsweise Sachleistungen auf den Mindestlohn erfolgen darf. Klar ist nur, dass die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, die auf derartige Entgeltbestandteile entfallen, hier außer Betracht bleiben. Daraus folgt, dass die Arbeitgeber für eine mögliche Anrechnung auf den Mindestlohn jeden Gehaltsbestandteil gesondert überprüfen müssen. Als Faustregel gilt, dass Zahlungen anrechenbar sind, die als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung geleistet werden.

Boni und Akkordlöhne

Ein Leistungsbonus ist bei der Berechnung des Mindestlohns mit einzubeziehen. Das hängt damit zusammen, dass ein solcher Bonus einen Bezug zur Arbeitsleistung hat und nach der Rechtsprechung „Lohn im eigentlichen Sinne“ ist. Auch Akkordlöhne können die Unternehmen grundsätzlich auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen, da sie für die tatsächlich erbrachte Leistung gezahlt werden. Das kann dazu führen, dass der tatsächlich gezahlte Stundenlohn (Grundlohn plus Akkordlohn) über dem gesetzlichen Mindestlohn liegt.

Zuschläge

Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit, Schichtzulagen, Treue-, Vertretungs- und Anwesenheitsprämien sind ebenfalls auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechenbar. Nachtarbeitszuschläge hingegen können nicht angerechnet werden. Anders verhält es sich wiederum bei einmaligen Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitgeber die Sonderzahlung aufgrund der tatsächlichen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gewährt.

Urlaubsgeld und Sachbezüge

Beim Urlaubsgeld ist zu differenzieren. Ist das Urlaubsgeld eine Sonderzahlung für erbrachte Arbeitsleistung, kann es auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden. Ist es kein Entgelt für eine geleistete Arbeit, etwa wenn es an den Urlaubsanspruch gekoppelt ist, kann es nicht mit dem Mindestlohnanspruch verrechnet werden. Ob Sachbezüge angerechnet werden können, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Zum Teil verneinen Gerichte die Anrechenbarkeit mit der Begründung, der gesetzliche Mindestlohn sei durch Zahlung eines Geldbetrags zu leisten. Dem steht entgegen, dass der Wortlaut des § 1 Mindestlohngesetz dies nicht explizit vorgibt, so dass Sachbezüge auch als Teil des Arbeitsentgelts gewertet werden können.

Mini- und Midi-Jobgrenzen

Mit dem Mindestlohn ist zum 1. Oktober 2022 auch die Entgeltgrenze für Mini-Jobs von 450,00 Euro brutto auf 520,00 Euro brutto im Monat gestiegen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Mini-Jobber nach der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf Grundlage des bisherigen Stundenvolumens bei ihrem jeweiligen Arbeitgeber weiter beschäftigt werden können. Darüber hinaus wurde zum 1. Oktober 2022 auch die Entgeltgrenze für Beschäftigungen im Übergangsbereich angehoben. Diese Grenze ist nun von 450,01 Euro brutto bis 1.300,00 Euro brutto auf 520,01 Euro brutto bis 1.600,00 Euro brutto gestiegen. Auf diese Weise sollen Beschäftigte im Übergangsbereich, die sogenannten Midi-Jobber, stärker entlastet werden. Durch eine schrittweise Anhebung der Sozialversicherungsbeiträge im Übergangsbereich sollen zudem die Anreize erhöht werden, über einen Minijob hinaus zu arbeiten.

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Dr. Tina Kärcher-Heilemann Weitere Artikel der Autorin