Weitgehende steuerliche Plannungssicherheit kann in Deutschland durch eine „Verbindliche Auskunft“ der Finanzverwaltung erreicht werden. Auch Österreich kennt dieses Instrument. Im Detail sind die Regelungen in diesen Ländern jedoch unterschiedlich.
Zahlreiche Staaten ermöglichen sogenannte „Rulings“, mit denen gerade im Unternehmenssteuerrecht – vor Verwirklichung eines Sachverhaltes – eine Steuerrechts- und Planungssicherheit erreicht werden kann. Häufig können dabei (begünstigende) Vereinbarungen mit der Finanzverwaltung „ausgehandelt“ werden. Aufgrund der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage ist Letzteres jedoch in Deutschland und Österreich nicht möglich, es kann allerdings eine „Verbindliche Auskunft“ beantragt werden. Dieser Beitrag gibt einen kurzen Überblick zu diesem Instrument in den beiden Ländern.
Die Rechtsgrundlage für die „Verbindliche Auskunft“ im Sinne einer steuerlichen Beurteilung noch nicht verwirklichter Sachverhalte seitens der Finanzverwaltung ist in Deutschland mit § 89 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) durch das Föderalismus-Begleitgesetz vom 5. September 2006 erstmals gesetzlich normiert worden. In Österreich wurde mit dem Abgabenänderungsgesetz 2010 eine ähnliche Regelung, die sogenannten „Auskunftsbescheide“, aufgenommen. Im Detail sind diese beiden Instrumente jedoch unterschiedlich.
In Deutschland und Österreich erfordert eine „Verbindliche Auskunft“ der Finanzverwaltung einen entsprechenden Antrag, in dem insbesondere der zu beurteilende Sachverhalt, das Auskunftsinteresse, die eigene Rechtsauffassung sowie die konkreten Rechtsfragen darzulegen sind. In beiden Ländern ist die „Verbindliche Auskunft“ nur möglich, wenn diese vor Verwirklichung des Sachverhaltes erteilt wird.
Gerade für das Unternehmenssteuerrecht ist in Deutschland die „Verbindliche Auskunft“ nicht mehr wegzudenken; grundsätzlich ist diese aber nicht auf diesen Bereich begrenzt. Nach dem Anwendungserlass zur Abgabenordnung sollen verbindliche Auskünfte jedoch nicht erteilt werden, wenn „die Erzielung eines Steuervorteils im Vordergrund steht“. Das gilt beispielsweise, wenn die Verwaltung „Steuersparmodelle“ vermutet.
In Österreich ist ein „Auskunftsbescheid“ hingegen nur im Rahmen des Unternehmenssteuerrechts möglich, da eine Beschränkung auf Rechtsfragen im Zusammenhang mit Umgründungen, Unternehmensgruppen und Verrechnungspreisen besteht. Diese Rechtsgebiete stellen für große Unternehmen bedeutende Bereiche dar, deren Sachverhalt aufgrund der Planungsintensität im Vorfeld abgeklärt werden kann. Dennoch bleiben viele bedeutende Fragestellungen aus dem Bereich der Umsatzsteuer sowie der Einkommen- und Körperschaftsteuer außer Acht. Dahin gehende Kritik kommt unter anderem von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, welche eine Ausdehnung auf das Stiftungssteuerrecht gefordert hat.
Bindungswirkung/finanzgerichtliche Kontrolle
Für die deutsche und österreichische Finanzverwaltung ist eine erteilte Auskunft bindend, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht. Für den Antragsteller besteht diese Bindungswirkung jedoch nicht. Es besteht auch keine Bindungswirkung für die steuerrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes, wenn Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, aufgehoben oder geändert werden. Dies betrifft jedoch nicht Änderungen der Rechtsprechung oder Änderungen von Verwaltungsvorschriften.
Abweichende Rechtsauffassung
In Deutschland kann der Antragsteller im Rahmen des Veranlagungsverfahrens – nach Verwirklichung des Sachverhaltes – eine gegenüber der erteilten Auskunft abweichende Rechtsauffassung vortragen. In diesem Falle besteht für die Veranlagung eine uneingeschränkte finanzgerichtliche Kontrolle der materiell-rechtlichen Richtigkeit. Die finanzgerichtliche Kontrolle einer (gegenüber der Rechtsauffassung des Steuerpflichtigen) abweichenden Rechtsauffassung ist jedoch nur sehr eingeschränkt gegeben, wenn diese bereits vor Verwirklichung des Sachverhalts erfolgen soll. Für die deutsche Rechtslage wurde höchstrichterlich entschieden, dass lediglich eine gerichtliche Schlüssigkeits- und Evidenzkontrolle möglich ist, womit kein Anspruch auf einen bestimmten rechtmäßigen Inhalt einer „Verbindlichen Auskunft“ besteht (zuletzt Bundesfinanzhof vom 05.02.2014, I R 34/12). Dies ist zu kritisieren, da der Rechtsschutz des Antragstellers so im Wesentlichen auf das Einspruchsverfahren beschränkt wird. Eine von dem Finanzamt dargelegte Rechtsauffassung wird nur in Ausnahmefällen offenkundig nicht vertretbar sein – liegt es doch in der Natur der „Verbindlichen Auskunft“, dass diese gerade bei Auslegungsfragen beantragt wird.
In Österreich hat der Antragsteller die Möglichkeit, Beschwerde einzulegen – sowohl gegen die bescheidkonforme Besteuerung als auch gegen den Auskunftsbescheid selbst. Wird der Beschwerde stattgegeben, wird der Bescheid rückwirkend abgeändert. Kommt es vor Verwirklichung des zugrunde liegenden Sachverhaltes zu einer Gesetzesänderung der im Bescheid zur Anwendung kommenden abgabenrechtlichen Bestimmungen, erlischt der Rechtsanspruch der abgabenrechtlichen Beurteilung.
Gebühren
Bereits kurz nach Einführung von § 89 Abs. 2 AO wurde für die „Verbindliche Auskunft“ in Deutschland eine Gebührenpflicht eingeführt, die mit den Gesichtspunkten des Vorteilsausgleichs und der Kostendeckung gerechtfertigt wurde. Die Gebühr bestimmt sich nach dem Gegenstandswert, also der fraglichen Steuer. Sofern kein Gegenstandswert ermittelt werden kann, bestimmt sich die Gebühr nach dem Zeitaufwand. Die Praxis hat sich mit der Gebührenpflicht mehr oder weniger abgefunden, wenn auch im Einzelfall erhebliche Diskussionen bezüglich des in Ansatz zu bringenden Gegenstandswertes geführt werden und die Verfahrensweise der einzelnen Finanzämter unterschiedlich ist.
In Österreich wird
die Gebühr für die „Verbindliche Auskunft“ nach dem Vorjahresumsatz bemessen.
Auch in Österreich besteht eine Gebührenpflicht für den Auskunftsbescheid, wobei diese deutlich weniger streitanfällig ist, da die Gebühr anhand des Vorjahresumsatzes bemessen wird. Der sogenannte Verwaltungskostenbeitrag ist sachverhaltsbezogen und kommt daher je Sachverhalt, zu dem ein Auskunftsbescheid beantragt wird, zum Tragen. Mehrere Rechtsfragen zu einem Sachverhalt sind möglich; bei mehreren Sachverhalten wird der Verwaltungskostenbeitrag mehrfach fällig. Er bemisst sich an den Umsatzerlösen in den zwölf Monaten vor dem letzten Abschlussstichtag und bewegt sich in einer Bandbreite von 1.500,00 Euro bis 20.000,00 Euro. Wird der Antrag zurückgewiesen oder unter gewissen Voraussetzungen zurückgenommen, reduziert sich der Verwaltungskostenbeitrag auf 500,00 Euro.
Die „Verbindliche Auskunft“ ist in Deutschland ein wesentlicher Bestandteil für die Steuerplanungssicherheit, gerade vor dem Hintergrund der Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe und Auslegungsfragen. In Österreich wird dieses Instrument jedoch von der Praxis deutlich weniger angenommen, was an der Einschränkung der Rechtsgebiete für die Auskunftspflicht liegen kann oder auch an der Tatsache, dass für die Erledigung des Auskunftsantrages keine konkrete Frist definiert ist, obgleich die entsprechenden Kosten sehr hoch ausfallen können, wobei die beiden letzteren Argumente für die deutsche Rechtslage ebenso gelten. Nach Auskunft des österreichischen Bundesministeriums für Finanzen kam es im Zeitraum von 2011 bis 2013 zu lediglich rund 38 Anträgen pro Jahr für ganz Österreich. In Deutschland werden keine diesbezüglichen Statistiken geführt. Im Jahr 2006 schätzte die Oberfinanzdirektion Koblenz die Anzahl der „Verbindlichen Auskünfte“ bundesweit auf rund 10.000 pro Jahr. Angesichts der in den letzten Jahren zunehmenden Bedeutung der „Verbindlichen Auskunft“ wird die Anzahl heute vermutlich wesentlich höher liegen.