Digitale Archive - 30. Januar 2014

Ablage 2.0

Im digitalen Zeitalter sind Server die neuen Akten­schränke. Auch beim Finanzamt werden Dateien Papier­belege und das alte Archi­vierungs­system bald ersetzen.

Wie angenehm und auch bequem, war die Zeit doch ehedem – frei nach Wilhelm Busch. Am Anfang war der Steuereintreiber, dann kamen mit der Aufklärung die Vorstellungen von Daseinsvorsorge und somit auch der Staatsbedarf. Nach der vorletzten Jahrhundertwende hatte man simple Formulare auszufüllen und nahm noch selbst wichtige Papiere und Belege mit zum Amt, um sie dort abzugeben oder mitunter im Gespräch mit dem Sachbearbeiter den Steuerfall zu erörtern. Über die Jahre erweiterte sich im modernen Steuerstaat der Umfang der Formulare. Die damit aufgegebenen Abfragen zur Sachverhaltsermittlung wurden immer umfangreicher. Deklarationen wurden und werden weiterhin immer komplexer, was letztlich der steigenden Komplexität der Lebensverhältnisse geschuldet ist, denen der Gesetzgeber gerecht zu werden versucht. Damit verbunden werden auch die Steuergesetze von Jahr zu Jahr komplizierter. Es wird versucht, möglichst viel Einzelfallgerechtigkeit herzustellen und Missbrauchsmöglichkeiten weitgehend zu vermeiden.

Digitale Umsetzung wird ignoriert

Der Gesetz­geber ignoriert meines Erachtens häufig die wirt­schaft­lichen Aspekte von Deklaration und Ver­anlagungs­verfahren.

Dieser Weg führt in die Irre. Der Gesetz­geber ignoriert meines Erachtens häufig die wirt­schaft­lichen Aspekte von Deklaration und Ver­anlagungs­verfahren, nämlich deren digitale Umsetzung. Die Lücke bzw. das Er­mittlungs­feld zwischen Steuer­anspruch und Steuer­bescheid wird immer deutlicher. Komplexe Sach­verhalte in Formularen abzubilden, ist nur noch bedingt möglich. Ver­einfachungs­potenziale werden vergeben, wenn bei Massen­verfahren noch immer Nachweise, Belege und Einzelangaben erforderlich sind. Künftig werden Typisierung und Pauschalierung für eine Modernisierung des Massenverfahrens „Steuerveranlagung“ unverzichtbar sein. Belegeinreichung in Papierform ist heutzutage ein Unding. Dennoch verlangt die Finanzverwaltung immer noch nachträglich und zusätzlich Papiernachweise, sogar dann, wenn die Steuererklärung bereits digital übermittelt worden ist. Dies erfolgt auch sehenden Auges im offenen Widerspruch zu den Informationen, die von der Finanzverwaltung im Elster-Portal bereitgestellt werden, wo die digitale Erklärung angepriesen wird: keine Belege zu übermitteln und sie nur für den Fall der Anforderung bereitzuhalten. Aktuell verlangt das Gesetz nur, Bescheinigungen für Spenden und Kapitalertragsteuer-Einbehalte den Erklärungen beizufügen, allenfalls noch Belege für beantragte außergewöhnliche Belastungen.

Papierarchive im digitalen Zeitalter

Unternehmen müssen also trotz des digitalen Zeitalters nach wie vor Papierarchive unterhalten und produzieren damit zwangsläufig immer höhere Kosten für deren Lagerhaltung. Nicht betrachtet werden dabei die immer größer werdenden Zugriffszeiten der Mitarbeiter beim Suchen und die steigende Frustration. Aus diesen und anderen Gründen entscheiden sich immer mehr Unternehmen, ihre Papierarchive aufzulösen und die Akten einzuscannen. In der Möglichkeit, Papieroriginale rechtskräftig durch elektronische Kopien zu ersetzen, liegen zudem Optionen für den weiteren Bürokratieabbau. So sind Unternehmen aufgrund der Rechtslage und im eigenen Interesse zur Sicherung von Beweismitteln oftmals gezwungen, Papieroriginale über lange Zeiträume vorzuhalten.

Scandateien anerkennen

Es wird daher Zeit, dass Scandateien im einfachen Verwaltungsverfahren vollwertig anerkannt werden können. Helfen könnte hierbei ein steuerberaterspezifisches Verfahren, mit dem rechtssicher garantiert wird, dass ein eingescanntes Dokument mit dem Papieroriginal übereinstimmt. Dies wäre zugleich ein richtiger und wichtiger Schritt hin zum Bürokratieabbau. Dateien lassen sich einfacher und effizienter übermitteln als Papierpost.

Technischer Fortschritt

Der technische Fortschritt und der Produktivitätsdruck sind die eigentlichen Treiber im Steuervollzug. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) unterstützt diesen Prozess mit seiner Richtlinie zum Ersetzenden Scannen (TR-Resiscan). Wenn ihre Vorgaben eingehalten werden, erhöht dies den Beweiswert des Scans. Die Simulationsstudie „Ersetzendes Scannen“ hat gezeigt, dass die Richter das gescannte Dokument im Verfahren ebenso akzeptieren wie die Papierkopie (Beitrag von Professor Roßnagel in dieser Ausgabe, Seite 18 ff.). Das Relikt Papierablage kann vor diesem Hintergrund in Zukunft hoffentlich über Bord geworfen werden.

Zum Autor

PK
Dr. Peter Küffner

Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsbeistand, Lehrbeauftragter der Universität Regensburg, Präsident des Landesverbandes der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe in Bayern sowie Vizepräsident des Deutschen Steuerberaterverbandes in Berlin

Weitere Artikel des Autors