Abschlussprüfung - 31. August 2020

Nach Wirecard: Wirtschaftsprüferkammer für mehr Transparenz zur Stärkung der Abschlussprüfung im öffentlichen Interesse

WPK, Pressemitteilung vom 31.08.2020

In der öffentlichen Diskussion über den Fall Wirecard wird die Rolle der Abschlussprüfung und der Aufsicht über Abschlussprüfer kritisch hinterfragt.

Dazu sagt Gerhard Ziegler, Präsident der Wirtschaftsprüferkammer (WPK): „Die berufsrechtlichen Rahmenbedingungen der Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse wurden erst im Jahr 2016 europaweit reformiert. Entscheidend ist jetzt, keinen fehleranfälligen regulatorischen Schnellschuss abzugeben, sondern vor einer zielgerichteten Therapie möglichst umfassend zu diagnostizieren. Daneben bestehen aber Möglichkeiten, die Abschlussprüfung im Sinne des öffentlichen Interesses zu stärken.“

Die WPK schlägt vor:

  • Wirtschaftsprüfer/Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die als Abschlussprüfer eines Unternehmens von öffentlichem Interesse tätig sind, sollten sich bei berechtigtem Interesse zu der von ihnen durchgeführten Abschlussprüfung äußern und verteidigen dürfen (insoweit Aufhebung ihrer beruflichen Verschwiegenheitspflicht).
  • Dringend erforderlich ist, dass der deutsche Gesetzgeber die zuständigen Behörden nach Artikel 7 und 12 VO [EU] 537/2014 benennt, an die Abschlussprüfer, die Unternehmen von öffentlichem Interesse prüfen, die in der Verordnung vorgesehenen Mitteilungen richten können. Dies gilt beispielsweise bei wesentlichen Rechtsverstößen, bei wesentlichen Gefährdungen hinsichtlich der Fortführung eines Unternehmens oder bei der Verweigerung/Einschränkung/Versagung eines Bestätigungsvermerkes.
  • Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) und WPK sollte jeweils ermöglicht werden, bei öffentlichem Interesse über die Einleitung eines berufsaufsichtlichen Verfahrens berichten zu können. Des Weiteren sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass APAS und WPK auch über wesentliche rechtskräftige berufsaufsichtliche Maßnahmen von APAS und WPK unter Nennung des Namens gegenüber der Öffentlichkeit berichten dürfen (Nennung von „Ross und Reiter“, insoweit Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht beider Aufsichtsstellen).

Aus der Perspektive des öffentlichen Interesses wäre die Einführung strengerer Regelungen für die Berufsausübung des Wirtschaftsprüfers nur angezeigt, wenn diese dazu beitragen können, Fälle wie Wirecard in Zukunft zu vermeiden und diese Regelungen auch im Übrigen angemessen sind.

  • Nicht ersichtlich ist, wie ein Beratungsverbot zur Aufdeckung eines mit krimineller Energie begangenen Betrugs beitragen soll. Im Übrigen sind Abschlussprüfer von kapitalmarktorientierten Unternehmen schon nach geltendem Recht in ihrer Beratungstätigkeit weitreichend beschränkt (vgl. Art. 5 VO [EU] 537/2014, § 319a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB). Eine weitere Beschränkung ist nicht erforderlich und würde vor allem auch den Interessen der mittelständischen Unternehmen widersprechen. Bei Wirecard spielte die Beratung durch den Abschlussprüfer, gemessen an den mit der Abschlussprüfung erzielten Umsatzerlösen, keine Rolle.
  • Zweifelhaft ist auch, ob ein häufigerer Wechsel des Abschlussprüfers (Rotation) zur Aufdeckung vergleichbarer Betrugsfälle beitragen könnte (zur aktuellen Regelung vgl. Art. 17 VO [EU] 537/2014, § 318 Abs. 1a HGB). Bei Wirecard konnte auch im Rahmen einer Sonderprüfung durch eine andere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft betrügerisches Handeln offenbar nicht vollständig belegt werden, obwohl mögliche Unregelmäßigkeiten Anlass für die Sonderprüfung waren, die Sonderprüfung im Unterschied zur Abschlussprüfung einen forensischen Ansatz hatte und entsprechende Spezialisten eingesetzt wurden. Mögliche negative Nebenwirkung einer häufigeren Rotation könnte eine nochmals verstärkte Marktkonzentration sein.
  • Auch die diskutierte Erhöhung der gesetzlichen Haftungsobergrenze für Abschlussprüfungen ist kontraproduktiv, selbst wenn sie auf Unternehmen von öffentlichem Interesse beschränkt bliebe. Die Haftung bei der Prüfung börsennotierter Aktiengesellschaften ist auf vier Millionen Euro beschränkt (§ 323 Abs. 2 HGB). Jede Erweiterung würde die bereits vorhandene Marktkonzentration in diesem Segment noch einmal verstärken oder sogar zu einer systemrelevanten Verkleinerung des Prüferpools führen, da sich viele Wirtschaftsprüferpraxen aus dem Abschlussprüfungsmarkt zurückziehen würden.