Führungskräfte dringend gesucht - 17. Januar 2020

Unternehmensnachfolge wird zur immer größeren Herausforderung – besonders im Osten

DIHK, Pressemitteilung vom 16.01.2020

Demografie und Fachkräftemangel stellen den Mittelstand vor große Herausforderungen. Das gilt vor allem auch für die Unternehmerinnen und Unternehmer selbst. So viele Unternehmer wie nie berichten den Industrie- und Handelskammern (IHKs) von Schwierigkeiten bei der Nachfolgesuche. Besonders eng ist die Situation im Osten. Wirtschaft und Politik sind aufgerufen, gegenzusteuern und die Unternehmensnachfolge zu unterstützen. Dabei zeigt das intensive Engagement der IHKs durchaus Erfolg. Im Schnitt der letzten Jahre steigen die Teilnehmerzahlen bei IHK-Beratungen, Seminaren und Nachfolgetagen. Die Bundesregierung will mit einem neuen Programm die vielfältigen Vor-Ort-Initiativen unterstützen. Vor allem muss die Unternehmensnachfolge allerdings einfacher werden und deutlich schneller möglich sein.

Nachfolge gewinnt weiter an Brisanz – gerade im Mittelstand

Ein Schlaglicht auf die Situation wirft der aktuelle DIHK-Report Unternehmensnachfolge. Danach suchten 6.911 Alt-Inhaberinnen und Alt-Inhaber zuletzt den Rat ihrer IHK, ein neuer Rekord in der Historie der seit 2007 geführten IHK-Statistik. Mit 48 Prozent hatte fast jeder zweite noch keinen Nachfolger gefunden – auch dies ist leider ein Rekord.

Im Osten sind Nachfolger besonders knapp

In den neuen Bundesländern hatten mit 54 Prozent sogar mehr als die Hälfte der Alt-Eigentümer bei der ersten IHK-Beratung noch keinen Nachfolger in Aussicht. Betroffen sind vor allem Einzelhändler sowie Hotel- und Gastronomiebetriebe. 30 Jahre nach der Wende ist damit in vielen östlichen Regionen die Unternehmensnachfolge eine besonders große auch regionalpolitische Herausforderung.

Anders sieht es in der Industrie aus. Die Branche mit ihren vielen attraktiven „Hidden Champions“ und deren Zulieferern ist bei Nachfolgern überdurchschnittlich beliebt. Im Osten sind 53 Prozent der potenziellen Neu-Inhaber an einem Industriebetrieb interessiert (bundesweit: 45 Prozent). Doch lediglich 16 Prozent der beratenen Senior-Unternehmer wollen einen Industriebetrieb in neue Hände geben. (Deutschland gesamt: 21 Prozent). Mithin besteht im Osten vielerorts eine besondere Herausforderung: Quali?zierte und unternehmerisch Interessierte der nächsten Generation sollen für andere Branchen gewonnen werden – etwa für den industrienahen Dienstleistungsbereich.

Immerhin: Mehr Interesse an Unternehmer-Themen

Insgesamt 26.959 Nachfolge-Interessierte – Senior-Unternehmer wie potenzielle Übernehmer – suchten im Jahr 2018 eine IHK auf. Der bisherige Rekord wurde damit nur knapp verfehlt. Diesen Rückenwind sollte die Politik nutzen. Ein guter Baustein ist das neue Programm „Unternehmensnachfolge – aus der Praxis für die Praxis“, mit dem die Bundesregierung regionale Initiativen unterstützen will.

Politikaufgabe: Bürokratieabbau!

Es muss jedoch noch mehr geschehen. Die Mehrheit der Personen, die eine unternehmerische Zukunft für sich in Betracht ziehen, bewertet die Bürokratie als große Hürde (siehe auch DIHK-Gründerreport). Erforderliche Genehmigungen sollten digital und aus einer Hand mittelstandsfreundlich zur Verfügung gestellt werden und jegliche Doppelmeldungen der Vergangenheit angehören. Wenn die Bundesregierung rasch die 100 wichtigsten Verwaltungsleistungen für Unternehmen online zur Verfügung stellen würde – wie im Online-Zugangsgesetz angekündigt -, würde dies die Hürden für potenzielle Unternehmer verringern.

Mittelstandsfreundliche Steuerpolitik

Ein Ärgernis für immerhin jeden fünften Alt-Inhaber und Nachfolge-Interessenten sind Unsicherheiten bei der Anwendung des neuen Erbschaftsteuergesetzes. Hier sollte bei der Unternehmensbewertung das vereinfachte Ertragswertverfahren auch von der Finanzverwaltung akzeptiert werden – ohne weitere aufwendige Begutachtungen und andere Bewertungsverfahren.

Auch bei der Wegzugsbesteuerung und der Reform der Grunderwerbsteuer drohen Hürden für die Unternehmensnachfolge, die mit einer mittelstandsfreundlichen Ausgestaltung der jeweiligen Regelungen vermieden werden könnten.