Thema der Woche - 20. August 2021

Perspektive Klimaneutralität: Worauf müssen Unternehmen sich einstellen?

DIHK, Mitteilung vom 19.08.2021

In seiner letzten Sitzungswoche hat der Bundestag eine deutliche Anhebung der deutschen Klimaschutzziele verabschiedet. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen um 60 Prozent gegenüber 1990 sinken, bis 2045 soll Klimaneutralität erreicht sein. Dafür müssen die Emissionen in Deutschland jedes Jahr im Schnitt um rund 30 Millionen Tonnen zurückgehen – doppelt so schnell wie bisher geplant. In weniger als 25 Jahren dürfen dann in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen nur noch minimale Restemissionen anfallen.

Klar ist damit die Perspektive: Jedes einzelne Unternehmen wird sich eher früher als später auf den Weg in Richtung Klimaneutralität machen müssen. Weit weniger klar ist, wie die Instrumente und Rahmenbedingungen ausgestaltet werden, um die notwendige Transformation der Wirtschaft zu ermöglichen und zu unterstützen.

CO2-Preis versus Verbote: Darauf setzen die Parteien

Darum wird es in den nächsten Jahren sehr konkret gehen. Die meisten Parteien haben dazu in ihren Wahlprogrammen Vorschläge skizziert und werden diese im Falle einer Regierungsbeteiligung konkretisieren müssen. Im Raum stehen eine weitere Anhebung des deutschen Klimaziels 2030 auf 70 Prozent, mehr Tempo beim Ausbau der Stromnetze, Wasserstoffleitungen und Ladesäulen für Elektroautos sowie eine Abschaffung der EEG-Umlage.

Unternehmen für Klimaschutz aktivieren

Die Bewältigung der angestrebten Transformation ist auch aus wirtschaftlicher Sicht dann chancenreich, wenn es gelingt, Klimaschutz zu einem Motor für Wachstum, Wertschöpfung und Innovation in Deutschland zu machen. Dafür erforderlich ist ein verlässlicher regulatorischer Rahmen, der Unternehmen dazu befähigt, aktiv zum Klimaschutz beizutragen – beispielsweise, indem die Rahmenbedingungen für die Eigenerzeugung von Grünstrom verbessert und das Klimaschutz-Know-how in den Betrieben gestärkt werden.

Mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung

Grundvoraussetzung für das Erreichen der Klimaziele ist ein massiver Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen. Denn Strom wird zum wichtigsten Energieträger für Industrie, Gebäude und Verkehr. So geht die Bundesregierung davon aus, dass sich der Strombedarf von heute 550 Terawattstunden bis 2050 massiv erhöhen wird – je nach Szenario auf 800 bis 1.100 Terawattstunden.

Eine zentrale Hürde für Energiewende und Klimaschutz ist daher der zu langsame Ausbau der Stromnetze sowie der erneuerbaren Stromerzeugung, insbesondere von Windenergieanlagen an Land. Ohne eine deutliche Beschleunigung in diesen Bereichen kostet Klimaschutz deutlich mehr und die bislang sehr gute Energieversorgungssicherheit in Deutschland würde aufs Spiel gesetzt. Erforderlich sind in erster Linie mehr Tempo und mehr Effizienz in Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie eine bessere und breitere Nutzung von Flächen für den Ausbau.

Wettbewerbsfähigkeit sichern, Wertschöpfung halten

Die Wettbewerbsfähigkeit ganzer Branchen hängt inzwischen an Ausgleichsregelungen und Entlastungsmechanismen – das gilt für die Umlagen und Abgaben auf Strom ebenso wie für die europäische und nationale CO2-Bepreisung. Eine Senkung und perspektivisch vollständige Haushaltsfinanzierung der EEG-Umlage würde die Investitionssicherheit für stromintensive Betriebe und die Attraktivität von Strom als zunehmend klimafreundlichen Energieträger deutlich erhöhen.

Die erst vor wenigen Wochen beschlossenen Entlastungen zur nationalen CO2-Bepreisung greifen für viele stark betroffene Unternehmen zu kurz: Vor allem mittelständische Betriebe, die in energieintensiven Prozessen Roh- und Grundstoffe weiterverarbeiten, können sich ohne verbesserten Ausgleich im starken europäischen und internationalen Wettbewerb nicht mehr behaupten.

Quelle: DIHK