Ökodesign-Verordnung - 1. April 2022

Nachhaltigkeitsvorgaben für Produkte: Involvieren statt konfrontieren

DIHK, Mitteilung vom 31.03.2022

Der Green Deal der EU bedeutet eine grundlegende Neuorientierung der europäischen Energie- und Klimapolitik. Aber nicht nur: Jetzt rückt eine umweltpolitische Maxime des Green Deal in den besonderen Fokus der Wirtschaft. Mit der am 30. März 2022 im Zuge der „Sustainable Product Initiative“ vorgeschlagenen Ökodesign-Verordnung will die EU-Kommission die „Zirkularität der europäischen Wirtschaft“ stärken. Hier beansprucht die EU mit dem Green Deal nicht weniger als eine globale Führungsrolle.

Neue Ökodesign-Verordnung umfasst gesamten Lebenszyklus von Produkten

Mit der Ökodesign-Verordnung möchte die EU-Kommission die Voraussetzungen dafür schaffen, dass möglichst viele Produkte nachhaltiger werden. Von längerer Haltbarkeit über bessere Reparierbarkeit bis hin zu den enthaltenen Chemikalien und Umweltauswirkungen von Produkten – die Initiative definiert eine lange Liste von Kriterien. Klar ist: Die Ökodesign-Anforderungen an Produkte stehen potenziell vor einer erheblichen Ausweitung.

Schließlich zielt der Verordnungsvorschlag nicht nur auf Vorgaben zu Produktionsprozessen, sondern auch auf eine erweiterte Produktverantwortung von Herstellern ab. Dies betrifft beispielsweise die Verpflichtung für Unternehmen, nachhaltigkeitsrelevante Produktinformationen etwa zu deren Reparierbarkeit oder Rückgabe zur Verfügung zu stellen. Die Umsetzung soll in Form eines digitalen Produktpasses erfolgen.

Unternehmen müssen sich auf neue Marktbedingungen einstellen

Die Initiative der Kommission erfasst den gesamten Lebenszyklus von immer mehr Produkten in Europa. In der Folge will die EU-Kommission diesen Rahmen nach und nach mit spezifischen Inhalten füllen. Eine Vielzahl von Unternehmen stünde damit mittelfristig vor einem erheblichen Anpassungsbedarf. Die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Wirtschaften auf dem EU-Binnenmarkt könnten sich für manche Produktvarianten grundlegend ändern. Im Fokus der Kommission stehen zum Beispiel Möbel oder Reifen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass bereits im Sommer die Grundlage für ein über das aktuelle Gewährleistungsrecht hinausgehendes „right to repair“ geschaffen werden soll.

Ökologische und ökonomische Chancen

Doch so groß die Herausforderung, so klar ist auch der grundsätzliche Wille der deutschen Wirtschaft zur Förderung der Nachhaltigkeit – gerade auch auf europäischer Ebene. Neben ökologischen Vorteilen liegen hierin auch ökonomische Potenziale. Dies umfasst zum Beispiel eine geringere Importabhängigkeit bei verschiedenen Rohstoffen oder eine größere Wettbewerbsgleichheit im EU-Binnenmarkt. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der konstruktiven und frühzeitigen Beteiligung von Unternehmen, um ausgewogene Lösungen zu finden.

Zu bedenken gilt schließlich, dass die Betriebe infolge des Krieges in der Ukraine und der Corona-Krise derzeit vor erheblichen Herausforderungen stehen. Kommen in der nahen Zukunft anspruchsvolle Ökodesign-Vorgaben hinzu, können diese nicht nur die Produktvielfalt beschneiden, sondern Geschäftsmodelle infrage stellen.

Falls der nun präsentierte Vorschlag der EU-Kommission zur rechtlichen Realität wird, sollten daraus hervorgehende Produktvorgaben auf Basis betrieblicher Expertise entstehen und den Unternehmen genügend Entwicklungsspielraum geben. Dass der Kommissionsvorschlag die Vermeidung unverhältnismäßig negativer Einflüsse auf die Wettbewerbsfähigkeit gerade kleiner und mittlerer Unternehmen als Kriterium aufgreift und die Möglichkeit der wirtschaftlichen Selbstregulierung offenhält, stimmt hoffnungsvoll. Denn nur bei wirtschaftlicher Teilhabe und angemessener Unterstützung der Betriebe bei der Transformation kann die Initiative zu einem nachhaltigen Erfolgsmodell werden.

Quelle: DIHK