KfW, Pressemitteilung vom 08.05.2020
- Corona-Krise führt Stimmung im April auf Allzeittief
- Negativrekorde sowohl beim Rückgang der Urteile zur aktuellen Geschäftslage als auch bei den Erwartungen
- Relativ rasche Erholung möglich
Das Geschäftsklima im deutschen Mittelstand ist weiterhin im freien Fall: Es sinkt im April um 26,0 Zähler und damit nochmals stärker als im März, als es um 20,0 Zähler eingebrochen war. Mit jetzt -45,4 Saldenpunkten ist die Stimmung unter den kleinen und mittleren Unternehmen noch schlechter als vor elf Jahren auf dem Tiefpunkt der Finanzkrise (März 2009: -37,6 Saldenpunkte). Beide Teilkomponenten des Indikators fallen mit neuen Negativrekorden auf: Die Geschäftslageurteile sinken um 30,6 Zähler, so viel wie noch nie binnen Monatsfrist. Der bisher stärkste Rückgang betrug 10,9 Zähler und ist datiert auf den März. Trotz des beispiellosen Absturzes seit Februar halten sich die Lageurteile mit -31,5 Saldenpunkten aber über ihrem Tiefstand während der Finanzkrise. Dies spricht für eine solide Verfassung der Mittelständler noch vor zwei Monaten, mit der sie in die Krise gegangen sind. Die Geschäftserwartungen der kleinen und mittleren Unternehmen verschlechtern sich erneut rasant, wenngleich das Abwärtstempo geringfügig nachgelassen hat (April: -22,0 Zähler auf -57,6 Saldenpunkte, März: -28,0 Zähler). Noch nie zuvor blickte der Mittelstand so pessimistisch in die Zukunft wie jetzt.
Noch schlechter als den Mittelständlern geht es im April den Großunternehmen. Nach einem weiteren extrem heftigen Einbruch um 23,2 Zähler fällt ihr Geschäftsklima auf das neue Allzeittief von -54,5 Saldenpunkten. Sowohl die Urteile zur aktuellen Geschäftslage (-30,4 Zähler auf -49,1 Saldenpunkte) als auch die Geschäftserwartungen (-17,1 Zähler auf -59,4 Saldenpunkte) der großen Unternehmen geben in Riesenschritten weiter nach.
Die in der zweiten Märzhälfte eingeführten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wie Kontaktverbote und umfangreiche angeordnete Geschäftsschließungen schlagen im April auf alle Branchen durch, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Die Einbrüche des Geschäftsklimas gegenüber dem Vormonat reichen von -30,8 Zählern beim mittelständischen Einzelhandel bis zu -17,7 Zählern bei den großen Dienstleistungsunternehmen. Dort war die Stimmung aber schon im März regelrecht kollabiert. Am allerschlechtesten ist das Geschäftsklima mit -60,5 Saldenpunkten zurzeit in den großen Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes mit seinem Schwerpunkt bei Autos und hochwertigen Investitionsgütern. Auch die Exporterwartungen in diesem Wirtschaftszweig sind so düster wie nie zuvor, sowohl bei den großen (-28,0 Zähler auf -60,7 Saldenpunkte), als auch bei den mittelständischen Unternehmen (-32,2 Zähler auf -57,9 Saldenpunkte). Noch am wenigsten schlecht ist die Stimmung dagegen im mittelständischen Bau (-8,8 Saldenpunkte).
„Das April-Ergebnis des KfW-ifo-Mittelstandsbarometers ist zweifelsohne deprimierend. Die Rückgänge bei sämtlichen darin berücksichtigten Einzelindikatoren betragen im Schnitt rund das Zehnfache einer üblichen Monatsveränderung“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Das führt eindrücklich vor Augen, welch umfassende wirtschaftliche Auswirkungen der zum Gesundheitsschutz notwendige, erzwungene Stillstand in weiten Teilen des Lebens hat.“ Da der historische Einbruch des Geschäftsklimas den ganz besonderen Umständen der Corona-Pandemie geschuldet sei und nicht etwa von genuin ökonomischen Faktoren getrieben, sollte aber eine relativ rasche Erholung der Stimmung möglich sein, sobald die Bremsen nicht mehr so fest angezogen werden müssten. „Dabei sind alle vertrauensbildenden Maßnahmen zentral, die gleichzeitig dem Schutz des Lebens und des Lebensunterhaltes dienen, wie Schnelltests, verlässliche Nachverfolgung von Infektionsketten und Hygienekonzepte. Denn die Menschen werden sich nur dann am wirtschaftlichen und öffentlichen Leben wieder voll beteiligen, wenn die Risiken einer Ansteckung möglichst klein und für sie einschätzbar sind. Ich bin zuversichtlich, dass wir im April das Stimmungstief gesehen haben – dank des umfassenden öffentlichen Corona-Schutzschirms, der seit März erzielten Erfolge bei der Zurückdrängung der Virus-Infektionen und der nun angekündigten oder bereits umgesetzten Lockerungen der Eindämmungsmaßnahmen.“ In der zweiten Jahreshälfte 2020 sei eine beginnende Erholung des Wirtschaftswachstums zu erwarten.