BMWK, Pressemitteilung vom 24.07.2023
Konsultationsphase mit Stakeholdern startet
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 24.07.2023 erstmals Entwürfe für „Sektorleitlinien der Bundesregierung“ (Hermesdeckungen) vorgelegt. Diese sind in der Bundesregierung geeint und gehen jetzt in einem nächsten Schritt in die Konsultation mit Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und NGOs.
Das Instrument der Exportkreditgarantien ist ein wichtiger Bestandteil der deutschen Außenwirtschaftsförderung. Die Exportkreditgarantien schützen Exporteure und Banken vor wirtschaftlich und politisch bedingten Zahlungsausfällen. Mit den Garantieinstrumenten des Bundes sind günstigere Finanzierungskonditionen und auch eine politische Flankierung im Falle eines nicht reibungslosen Geschäftsverlaufs möglich.
Die Sektorleitlinien enthalten Entscheidungskriterien für die Übernahme dieser Exportkreditgarantien und legen hierbei erstmals einen klimapolitischen Maßstab an. Die Sektorleitlinien betreffen drei Sektoren: Energie, Industrie und Transport. Eine Übertragung auf die Investitionsgarantien ist geplant und wird in Kürze erfolgen.
Ziel dieser neuen Leitlinien und damit Entscheidungskriterien ist es, Innovationen und klimafreundliche Technologien anzureizen, ihre Entwicklung zu unterstützen und den Export grüner Technologien ins Ausland zu fördern. Gleichzeitig soll die Finanzierung klimaschädlicher Aktivitäten perspektivisch beendet werden.
So soll die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gestärkt werden, denn die Märkte werden künftig klimaneutral sein, und hier soll die deutsche Wirtschaft mit Mittelstand und großen Unternehmen erfolgreich agieren können. Mehr Klimaschutz sorgt für mehr Resilienz und mehr Wirtschaftssicherheit. Darüber hinaus profitiert nicht nur die deutsche Außenwirtschaft davon, sondern wir unterstützen mit den Außenwirtschaftsförderinstrumenten auch in den Zielländern die Transformation zur Klimaneutralität.
Die Entwürfe der Sektorleitlinien sind im Interministeriellen Ausschuss und mit dem Bundeskanzleramt abgestimmt. Der Interministerielle Ausschuss für die Exportkreditgarantien ist das Gremium der Bundesregierung, das über die Deckungspolitik und die Anträge auf Übernahme von Exportkreditgarantien für Exportgeschäfte entscheidet. Neben dem federführenden BMWK gehören dem Gremium das Bundesministerium der Finanzen (BMF), das Auswärtige Amt (AA) und das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) an.
In einem nächsten Schritt startet noch in dieser Woche die Konsultationsphase zu den klimapolitischen Sektorleitlinien. Ab diesem Zeitpunkt steht ein Onlinefragebogen bereit. Bis Ende August können Stellungnahmen eingereicht werden. Auch wird es ein Webinar zur Erläuterung der neuen Sektorleitlinien sowie einen Roundtable geben. Die Konsultation richtet sich primär an Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und NGOs, aber auch Stellungnahmen von anderen Stakeholdern sind willkommen. Interessierte Exporteure und Investoren sollten sich idealerweise über ihre Verbände einbringen. Die Sektorleitlinien sollen nach Ende der Konsultationsphase zum vierten Quartal 2023 verbindlich werden.
Die Sektorleitlinien sind Teil der Klimastrategie für die Außenwirtschaftsförderung, die das BMWK verfolgt. Damit wird das Ziel des Koalitionsvertrages umgesetzt, im Rahmen der Außenwirtschaftsförderung die Klima-, Energie- und Wirtschaftspolitik auf den 1,5-Grad-Pfad des Pariser Weltklimaabkommens auszurichten und die entsprechenden Potenziale auf allen staatlichen Ebenen zu aktivieren, so wie dies die Bundesregierung 2021 bei der Weltklimakonferenz in Glasgow zugesagt hatte.
Näher zur Erläuterung
Was sollen die klimapolitischen Sektorleitlinien konkret regeln?
Die klimapolitischen Sektorleitlinien wurden wissenschafts- und evidenzbasiert entwickelt und umfassen die Sektoren, die für die Dekarbonisierung eine entscheidende Rolle spielen und für die Exportkreditgarantien von herausragender Bedeutung sind.
Die Sektorleitlinien sollen künftig für drei Sektoren gelten:
- Energie (klimafreundliche Energie sowie Gewinnung, Aufbereitung, Transport, Lagerung und Verstromung fossiler Energieträger),
- Industrie (Chemie und Metall),
- Transport mit ziviler Luft- und Schifffahrt.
In diesen Sektoren sollen Exporte von grünen Technologien durch Deckungserleichterungen angereizt und intensiviert werden. Beispielsweise betrug im Bereich der erneuerbaren Energien das Deckungsvolumen im Jahr 2022 492 Mio. Euro – derlei Geschäfte noch besser zu fördern, soll mit den Sektorleitlinien gelingen. Außerdem sollen verbindliche Ausstiegspfade für die Förderung von Exporten mittels Exportkreditgarantien in treibhausgasintensive Projekte festgelegt werden.
Die Sektorleitlinien legen dabei drei Kategorien fest: eine grüne Kategorie für besonders förderungswürdige (grüne) Technologien. Diese erhalten in Zukunft erleichterte und attraktivere Deckungskonditionen. Bei Produkten, die in die weiße Kategorie fallen (bspw. der Export von Maschinen und Anlagen, die keinen wesentlichen Beitrag zu den Pariser Klimazielen leisten) bleiben die Konditionen unverändert. Für Produkte der roten Kategorie gilt ein Deckungsausschluss, das heißt, Exporte können nicht mehr durch Exportkreditgarantien abgesichert werden.
Für Geschäfte der grünen Kategorie ist u.a. vorgesehen, die Deckungsquote bei der Finanzkreditdeckung für die wirtschaftlichen und politischen Risiken von 95 % auf 98 % zu erhöhen – damit wird die Finanzierung erleichtert. Ausländische Exportkreditagenturen ermöglichen für Finanzierungen grüner Produkte, die in ihren Staaten hergestellt werden, bereits Deckungsquoten über 95 %. Hierzu schließen wir auf. Es soll zudem gestattet werden, dass der zulässige Anteil ausländischer Wertschöpfung am exportieren Produkt bis zu 70 % beträgt. Voraussetzung ist aber, dass Kernkompetenzen und Schlüsseltechnologien weiterhin aus Deutschland kommen.
Was ist für den Energiebereich vorgesehen?
Im Energiebereich setzen die Sektorleitlinien klare Regeln für den Ausstieg aus der Förderung fossiler Energien (Phase Out). Das ist ein wichtiges Signal für die Ausrichtung unserer außenwirtschaftlichen Förderpolitik an den Klimazielen. Es gibt dabei eng begrenzte Ausnahmen, unter denen eine Exportkreditgarantie noch übernommen werden kann. Diese Ausnahmen betreffen vor allem den Sektor Gas. Eine Deckung für Gasförderprojekte kann danach nur übernommen werden, wenn die Wahrung der nationalen Sicherheit (z. B. zur Abwendung einer ernsthaften Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit) oder ein geostrategisches Versorgungssicherheitsinteresse (z. B. zur Abwendung einer Ernährungskrise) dies erfordert. Wichtig ist auch, dass mit der Realisierung des Projekts das 1,5 Grad-Ziel eingehalten wird. Dabei sind Lock-in-Effekte zu vermeiden.
Dieser Teil der BMWK-Klimastrategie setzt internationale Zusagen wie das Glasgow Statement um und steht im Einklang mit unseren multilateralen Zusagen, wie jene im Rahmen der G7-Gipfel von Elmau und Hiroshima.
Was ist für den Industrie- und Transportsektor vorgesehen?
Im Industriebereich findet bei der Eisen-Stahl- und Aluminiumherstellung soweit möglich eine Orientierung an der EU-Taxonomieverordnung – bzgl. positiver wie negativer Anreize – statt. Es werden beispielsweise bei der Eisen- und Stahlherstellung keine Garantien für Kokereien und sonstige Anlagen zur Kohleverarbeitung für die Metallindustrie mehr übernommen. Bei der Herstellung von Chemikalien werden die Vorgaben der EU-Taxonomieverordnung angewendet, indem z. B. Exportgeschäfte über Anlagen mit besonders geringen Lebenszyklusemissionen günstigere Deckungskonditionen erhalten.
Im Transportbereich werden in der zivilen Schifffahrt internationale Emissionsvorgaben umgesetzt; in diesem Bereich ebenso wie bei der zivilen Luftfahrt wird insbesondere die Umrüstung auf klimaverträgliche Antriebsformen unterstützt.
Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz