DIHK, Mitteilung vom 07.06.2023
Die energiepolitischen Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland bleiben enorm. Nachdem die Energieversorgung im vergangenen Winter sichergestellt werden konnte, richtet sich nun der Blick in die Zukunft. Fest steht: Die deutschen Strompreise liegen weiterhin auf einem extrem hohen Niveau. Unternehmen, die heute Strom für die kommenden Jahre kaufen, bezahlen mehr als das Doppelte des Durchschnittspreises aus den Vorkrisenjahren. Diese Situation wird nach den Prognosen bis mindestens 2030 bestehen bleiben. Die ohnehin hohen Stromkosten haben sich damit in der Breite der deutschen Wirtschaft zu einer schwerwiegenden Belastung für die Wettbewerbsfähigkeit entwickelt.
Arbeitspapier des Wirtschaftsministeriums zielt auf wenige Unternehmen
Vor diesem Hintergrund sind Forderungen nach einem Industriestrompreis mehr als verständlich. Als Reaktion darauf hat das Bundeswirtschaftsministerium Anfang Mai ein Arbeitspapier für einen Industriestrompreis vorgestellt. Darin schlägt es ein zweistufiges Modell vor: Über einen langfristigen „Transformationsstrompreis“, der allerdings erst nach 2030 eine entlastende Wirkung für die Wirtschaft entfaltet, soll die Industrie von günstigem Strom aus erneuerbaren Energien profitieren.
Bis die erforderlichen Mengen an Erneuerbaren verfügbar sind, soll ein stark subventionierter „Brückenstrompreis“ bis 2030 die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Deutschland sicherstellen. Das zentrale Element der Brücke ist die Deckelung der Strompreise für eine kleine Gruppe energieintensiver Wirtschaftszweige im internationalen Wettbewerb auf sechs Cent pro Kilowattstunde für 80 Prozent ihres Verbrauchs. Damit würde für die Dauer von sechs Jahren eine Preissubvention eingeführt und der Teilnehmerkreis zugleich auf wenige Unternehmen beschränkt. Die Kosten für den Brückenstrompreis schätzt das Ministerium auf insgesamt etwa 30 Milliarden Euro.
Verwerfungen in der Wirtschaft sind vorprogrammiert
Die laufende Debatte in Berlin sorgt für Unruhe in der Wirtschaft und birgt die Gefahr von Unwuchten. Fehlanreize und Fehlsteuerungen lassen sich in einem derart stark regulierten Modell mittelfristig nicht vermeiden – so sehr es auch denjenigen helfen wird, die unter die Vergünstigung fallen. Zuletzt hat die Diskussion um die Strom- und Gaspreisbremse gezeigt, wie hoch der Finanzbedarf für solche Staatshilfen ist und wie konsequent das europäische Beihilferecht diese zudem limitiert. Entsprechend finden sich auch im Arbeitspapier des Wirtschaftsministeriums neben einer engen Branchenbegrenzung noch zusätzliche Auflagen mit Blick auf Standorterhalt, Tarifbindung und Transformationspläne. Das schafft Risiken und Bürokratie für die Unternehmen und schränkt die Wirkung der Entlastung weiter ein. Insgesamt ist klar, dass jeglicher Industriestrompreis nur die Symptome bekämpft, während die Ursache des fehlenden Stromangebots unberücksichtigt bleibt.
Abgaben und Umlagen abschaffen, Stromangebot ausweiten
Ein sicherer Weg zur Kostensenkung erfordert drei Elemente: erstens eine Entlastung der Stromkosten von Steuern und Umlagen, zweitens eine Stärkung des direkten Ausbaus erneuerbarer Energien gemeinsam mit der Wirtschaft und drittens ergänzende Maßnahmen für hochenergieintensive Unternehmen.
Steuern, Umlagen und Entgelte kann der Staat unverzüglich und unbürokratisch senken. Ebenso können Investitionszuschüsse helfen, erneuerbare Energien auszubauen und preisgünstige Direktstromlieferverträge mit Unternehmen insbesondere in der Industrie zu unterstützen. Eine solche „StromPartnerschaft“ lässt sich schnell und unkompliziert umsetzen. Sie trägt dazu bei, den Klimaschutz zu stärken und die nationale Wertschöpfung zu steigern. Damit kann die Bundesregierung Vertrauen in den Standort Deutschland zurückgewinnen und der gesamten Wirtschaft eine wettbewerbsfähige Perspektive auf dem Weg der Transformation sichern.
Quelle: DIHK