Konjunktur - 13. November 2024

IMK-Konjunkturindikator: Rezessionsrisiko gesunken

Hans-Böckler-Stiftung, Pressemitteilung vom 13.11.2024

Die Aussichten für die Konjunktur in Deutschland haben sich in den vergangenen Wochen etwas aufgehellt. Das signalisiert der monatliche Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Für den Zeitraum von November 2024 bis Ende Januar 2025 weist der Indikator, der die neuesten verfügbaren Daten zu den wichtigsten wirtschaftlichen Kenngrößen bündelt, eine Rezessionswahrscheinlichkeit von 46,7 Prozent aus. Anfang Oktober betrug sie für die folgenden drei Monate noch 52,1 Prozent. Die statistische Streuung des Indikators, in der sich die Verunsicherung der Wirtschaftsakteure ausdrückt, ist ebenfalls leicht zurückgegangen von 15,2 auf 12,9 Prozent. Die Verbesserung ist aber bislang nicht stark genug, um den nach dem Ampelsystem arbeitenden Indikator zu einem Umschalten in eine andere Signalphase zu bewegen. Der Indikator zeigt, wie in den Vormonaten „gelb-rot“, was eine erhöhte konjunkturelle Unsicherheit signalisiert, aber keine akute Rezessionsgefahr. Zwischen Juni 2023 und März 2024 hatte die Konjunkturampel noch durchgängig auf „rot“ gestanden.

Die aktuelle Abnahme des Rezessionsrisikos beruhe „erstmals seit mehreren Monaten auf einer Mehrzahl von Frühindikatoren“, die eine leicht aufsteigende Tendenz zeigen, analysiert IMK-Konjunkturexperte Dr. Thomas Theobald die aktuelle Entwicklung. Dazu zählt das Konsumklima, gestützt auf Zuwächse der Realeinkommen. Positive Impulse kommen auch von den zuletzt gestiegenen Auftragseingängen für das Verarbeitende Gewerbe sowie von Stimmungsindikatoren wie dem ifo-Index und von einer Reihe von Finanzmarktdaten. So sind die Geldmarktzinsen und der Zinsaufschlag von Unternehmens- gegenüber Staatsanleihen zurückgegangen, was die Finanzierung für Unternehmen erleichtert. Der „Finanzmarktstressindex“, in dem das IMK einen breiten Kranz von Finanzmarktdaten verdichtet, ist ebenfalls rückläufig. Positive Einflüsse wirken sich dort bislang stärker aus als der Anstieg der Unternehmensinsolvenzen.

Die neuen Indikatorwerte bestätigten die aktuelle Konjunkturprognose des IMK, erklärt Theobald. Das Düsseldorfer Institut rechnet mit einer leichten Belebung des privaten Verbrauchs und somit des Wirtschaftswachstums im kommenden Jahr. Trotz der erfreulichen Aufhellung des Indikators spreche die Datenlage aber bislang nicht für „eine durchgreifende konjunkturelle Aufwärtsbewegung“, so der Forscher. Dazu bleibe die Entwicklung des Exports und der Produktion in der Industrie zu schwach. Und ob die zuletzt kräftige Zunahme bei den Auftragseingängen mehr sei als eine Momentaufnahme, erscheine ungewiss – gerade angesichts der vom nächsten US-Präsidenten Donald Trump angekündigten massiven Einfuhrzölle.

Dullien: Gemeinsame Verantwortung von Regierung und Opposition, Konjunkturerholung nicht zu gefährden

Es stehe nun in der gemeinsamen Verantwortung von Regierung und Opposition, die sich abzeichnende Konjunkturerholung nicht zu gefährden, sagt Prof. Dr. Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK. „Jenseits vom einsetzenden Wahlkampf sollten die Fraktionen im Bundestag jetzt prüfen, welche Maßnahmen man noch vor der Jahreswende verabschieden sollte, damit die vorläufige Haushaltsführung Anfang 2025 nicht die Konjunktur ausbremst.“ So wäre es etwa sinnvoll, den anstehenden Ausgleich der kalten Progression zum Jahresbeginn noch zu verabschieden, damit die Privathaushalte pünktlich entlastet würden.

Gleichzeitig sei wichtig, jetzt schon die Voraussetzungen zu schaffen, damit die neue Bundesregierung nach den Wahlen schnell die zentralen Probleme der deutschen Wirtschaft angehen könne. „Es ist seit Jahren klar, dass wir mehr öffentliche Infrastrukturinvestitionen brauchen und dass die Schuldenbremse diese blockiert. Idealerweise würden Regierung und Union noch vor den Wahlen mehr Investitionsspielräume in der Schuldenbremse schaffen. Dann könnte eine Regierung gleich durchstarten“, so Dullien. „Ohne eine solche Reform droht die neue Regierung am gleichen Hindernis zu scheitern wie die alte – an der für die heutige Zeit nicht angemessenen Schuldenbremse.“

Quelle: Hans-Böckler-Stiftung