EU als Rettungsanker - 5. November 2019

Folgen des Protektionismus auf die kleinen und mittleren Unternehmen

IfM Bonn, Pressemitteilung vom 04.11.2019

Fast 70 % des weltweiten Handelsvolumens werden in globalen Wertschöpfungsketten erwirtschaftet. Diese agieren in einem Spannungsfeld zwischen (kostenbezogener) Effizienz und Planungssicherheit sowie Verlässlichkeit der Zulieferbeziehungen.

Der zunehmende Protektionismus und die handelspolitischen Konflikte belasten allerdings zunehmend diese weltweiten Partnerschaften. Darunter leiden neben den Großunternehmen auch die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die Produkte zuliefern – oder sogar selbst an der Spitze einer Wertschöpfungskette stehen. So erzielten die KMU in 2017 noch ein Exportumsatzvolumen von gut 214 Milliarden Euro.

„Prinzipiell ist jede Internationalisierung eine Investitionsentscheidung, bei der die erwarteten Kosten und Erträge auch unter dem Aspekt der Unsicherheit über die zukünftigen handels- und wirtschaftspolitischen Entwicklungen abgewogen werden müssen“, erklärt Michael Holz. „Da die KMU über eine geringere Ressourcenausstattung, niedrigere Risikotragfähigkeit und weniger internationale Erfahrung verfügen, fällt es ihnen im Allgemeinen schwerer als Großunternehmen, negative Einflüsse wie beispielsweise Zölle zu kompensieren.“ Nach Beobachtungen der IfM-Wissenschaftler nehmen aber auch digitale Handelshemmnisse wie die Zensur von Online-Inhalten, das Blockieren von Webseiten oder Einschränkungen bei der grenzüberschreitenden Verarbeitung und Speicherung von produktbezogenen Daten zu.

Wie stark ein Unternehmen von Protektionismus und wirtschaftspolitischen Konflikten betroffen wird, hängt von verschiedenen Aspekten ab: So wird es beispielsweise umso weniger unter protektionistischen Maßnahmen leiden, je kundenspezifischer die Produkteigenschaften, je diversifizierter die Produktpalette und je flexibler die Produktionsprozesse sind. Der IfM-Wissenschaftler empfiehlt daher neben einer ausführlichen Risikobewertung mit verschiedenen Szenarien, die Außenwirtschaftsaktivitäten auf mehrere Ländergruppen und Produktkategorien zu verteilen. „Auch sollte weiterhin ein besonderes Augenmerk auf die Kundennähe und die nichtpreisliche Wettbewerbsfähigkeit gelegt werden“, so Michael Holz. Im Vergleich zu ausländischen Wettbewerbern verfügen deutsche KMU auf diesen Gebieten häufig über Wettbewerbsvorteile, sodass es ihnen leichter fällt, einen Teil der protektionismusbedingten Kosten über höhere Verkaufspreise an die Abnehmer weiterzugeben. „Insgesamt betrachtet, ist es für die KMU zudem von immensem Vorteil, dass die deutsche Volkswirtschaft Teil des EU-Wirtschaftsraums ist und die EU gezielt Freihandelsverträge mit anderen Staatengruppen schließt. Dadurch können negative Folgen der weltweiten Handelskonflikte gemildert werden.“ Man könne daher davon ausgehen, dass die EU und Deutschland aufgrund ihrer verlässlichen Rahmenbedingungen als Wirtschaftsstandorte weiter an Attraktivität gewinnen und auch Unternehmen aus Drittländern verstärkt anziehen werden.