Fachkräftemangel - 2. Dezember 2021

Fachkräfteengpässe bereits jetzt über Vorkrisenniveau

DIHK, Mitteilung vom 02.12.2021

Fachkräfteengpässe nehmen in den Betrieben wieder zu – schneller und in größerem Umfang als vielfach erwartet. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle DIHK-Report Fachkräfte 2021. Obwohl die Corona-Krise und wirtschaftliche Schwierigkeiten den Unternehmen weiterhin zu schaffen machen, sind Stellenbesetzungsprobleme heute häufiger als vor der Pandemie.

Starker Anstieg in der Industrie

Mehr als die Hälfte (51 Prozent) der rund 23.000 beteiligten Unternehmen können mindestens einen Teil der Stellen längerfristig nicht besetzen. Das sind nicht nur deutlich mehr als vor einem Jahr (32 Prozent), als die Personalnachfrage krisenbedingt stark zurückgegangen war, sondern auch mehr als im Herbst 2019 vor der Krise (47 Prozent). Am häufigsten kommen Besetzungsschwierigkeiten derzeit in der Bauwirtschaft vor (66 Prozent). Der stärkste Anstieg im Vergleich zum Vorjahr zeigt sich in der Industrie – dort sind aktuell 53 Prozent betroffen (2020: 29 Prozent).

Beruflich Qualifizierte besonders gesucht

Besonders häufig bleibt die Suche nach Absolventinnen und Absolventen einer dualen Berufsausbildung erfolglos: Davon berichten 57 Prozent der Unternehmen mit unbesetzbaren Stellen, 8 Prozentpunkte mehr als vor drei Jahren. Die demografische Entwicklung einerseits und eine nach wie vor hohe Studierneigung andererseits kennzeichnen die Situation in den letzten Jahren und machen es den Betrieben in der Folge immer schwerer, Fachkräfte mit einer beruflichen Ausbildung zu finden.

Nicht ohne Folgen

85 Prozent der Unternehmen rechnen mit negativen Konsequenzen des Fachkräftemangels. Mehr als vier von zehn Unternehmen (43 Prozent) fürchten, dass sie Aufträge ablehnen und ihr Angebot einschränken müssen, weil dafür nötiges Personal fehlt – vor zwei Jahren galt das erst für 39 Prozent. Die Folgen solcher Engpässe bleiben jedoch nicht auf die direkt betroffenen Unternehmen beschränkt, sondern können sich zum Beispiel über Produktions- und Lieferketten auch auf andere Bereiche der Wirtschaft übertragen: Fehlen IT-Experten, können beispielsweise Mittelständler ihre Geschäftsprozesse nicht wie gewünscht digitalisieren. Fehlt es an Personal für Planung und Ausführung von Bauvorhaben, können Wohnungs- wie auch Infrastrukturausbau ins Stocken geraten.

Reaktionen vielfältig

Eine gesteigerte Arbeitgeberattraktivität, mehr Ausbildung, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Einstellung von ausländischen Fachkräften gehören zu den wichtigsten Maßnahmen, mit denen die Unternehmen auf Personalengpässe reagieren wollen. Die Zuwanderung aus dem Ausland, insbesondere aus der EU, hat in den Jahren vor der Pandemie erheblich zum Jobaufbau beigetragen. Die Nettozuwanderung insgesamt ist seit elf Jahren positiv, hat sich aber in den letzten fünf Jahren stetig verringert (auf zuletzt plus 220.000 im Jahr 2020). Daher rücken künftig Beschäftigte aus Nicht-EU-Staaten stärker in den Fokus.

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz – seit dem 1. März 2020 in Kraft – kann die Zuwanderung von beruflich Qualifizierten erleichtern. Der DIHK sieht allerdings an einigen Stellen Nachbesserungsbedarf. So besteht beispielsweise die Möglichkeit, bereits mit teilweiser Gleichwertigkeit des ausländischen Berufsabschlusses zuzuwandern, um hierzulande auf Fachkraftniveau zu arbeiten. Die noch fehlenden Kompetenzen müssen dann vor Ort erworben werden.

Diese Regelung gilt allerdings nur für den Fall, dass praktische Fähigkeiten fehlen. Im Interesse der Betriebe sollte sie auch dann greifen, wenn theoretisches Wissen fehlt, im Gegenzug aber ausreichend Praxiskompetenzen vorliegen. Eine Beschäftigung wäre so in mehr Fällen möglich, denn auch Theorieteile lassen sich parallel zur Arbeit nachholen. Neben der Zuwanderung gilt es zudem, die Berufliche Bildung weiter zu stärken und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern, damit insbesondere Frauen stärker am Erwerbsleben teilnehmen können.

Quelle: DIHK