DIHK, Mitteilung vom 02.10.2024
Aktuellen Daten der Wirtschaftsforschungsinstitute zufolge zeichnet sich auch in diesem Jahr kein Wachstum des deutschen Bruttoinlandsproduktes (BIP) ab. Zwei Jahre hintereinander ohne Wachstum – das gab es in Deutschland zuletzt während der Strukturkrise 2002/2003. Neben hohen Energiekosten und hohen Steuern sowie dem Fach- und Arbeitskräftemangel gehört die weiter zunehmende Bürokratie zu den größten Belastungen und stärksten Investitionshemmnissen für die deutschen Unternehmen.
Bürokratieentlastungsgesetz – ein guter Anfang
Der Abbau von Bürokratie ist ein zentraler Hebel, um die Betriebe zu entlasten und den Standort konkurrenzfähiger zu machen. Das kürzlich beschlossene Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) verfolgt hierbei einen grundsätzlich richtigen Ansatz. In über 25 Gesetzen werden „Schriftformerfordernisse“ abgeschafft und digitale Lösungen eingeführt beziehungsweise akzeptiert – beispielsweise im Nachweisgesetz oder bei den Aushangpflichten im Arbeitszeitgesetz. Auch die Ausstellung von elektronischen Arbeitszeugnissen wird mit dem BEG IV endlich möglich. Zudem entlastet die Verkürzung von Aufbewahrungsfristen für steuerliche Belege – leider nur um zwei Jahre – die Unternehmen um 700 Millionen Euro. Mit der neuen zentralen Vollmachtsdatenbank für Steuerberatende können die Betriebe jährlich weitere 200 Millionen Euro von der Bürokratierechnung nehmen. Die Maßnahmen aus dem neuen Gesetz erleichtern die alltägliche Arbeit der Betriebe zwar erkennbar. Gleichzeitig kommen aber viele neue Belastungen auf die Unternehmen zu.
Sisyphusarbeit: Immer neue Berichtspflichten auch für den Mittelstand
Belastungen entstehen in der Breite der Wirtschaft durch die „Trickle-down-Effekte“ des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Die Vorgaben gelten formal bislang nur für Unternehmen ab 3.000 Beschäftigten, faktisch betroffen ist aber auch der Mittelstand in der Breite: Denn diese Unternehmen werden von den größeren bei der Erstellung der Nachweisberichte einbezogen. Andere Entlastungen werden allein dadurch schon in vielen Fällen überkompensiert. Ein weiteres aktuelles Beispiel ist die nationale Umsetzung der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung: Die Bundesregierung schätzt, dass die Unternehmen dadurch jedes Jahr mit 1,6 Milliarden Euro belastet werden. Allein dadurch werden die Entlastungen durch das BEG IV gesamtwirtschaftlich wieder neutralisiert.
Mehr als die Hälfte der Bürokratielasten in Deutschland haben ihren Ursprung in der europäischen Gesetzgebung. Deshalb ist dringend nötig, bestehende EU-Reglungen zu „entrümpeln“, um die Unternehmen von nicht sinnvollen Pflichten zu entlasten.
Verfahrensänderungen auf politischer Ebene notwendig
Bereits im März 2023 hat sich die EU-Kommission dem Abbau von Bürokratie und der „Besseren Rechtsetzung“ verpflichtet. Erste konkrete Vorschläge dazu stehen auf der Agenda der neuen Kommission: Zudem ist mit dem Letten Valdis Dombrowskis erstmals ein Kommissar vorgeschlagen, der ausdrücklich für eine „Vereinfachung“ von Berichtspflichten und eine einfachere Implementierung von EU-Gesetzen verantwortlich ist.
Die DIHK bleibt dran: Auf der Bürokratieabbaukonferenz der DIHK am 27. September 2024 haben Politik und Wirtschaft Maßnahmen diskutiert, die für eine konkrete Entlastung der Unternehmen sorgen sollen. Wichtig ist, dass aus den Ankündigungen der Wachstumsinitiative der Bundesregierung nach verbindlichen Praxis-Checks und einem „Jahres-Bürokratieentlastungsgesetz“ noch in dieser Legislaturperiode spürbare Erleichterungen folgen. Auf europäischer Ebene sollte das 25-Prozent-Abbauziel der Kommission umgesetzt werden und der Kommissar für „Vereinfachung“ auch die erforderlichen Kompetenzen erhalten, um neue Belastungen vermeiden zu können.
Wenn all das gelingt, können die Unternehmen in Deutschland wieder an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen und sich das Wachstumspotenzial der hiesigen Wirtschaft positiv entwickeln.
Quelle: DIHK