Klimaschutz - 7. Juni 2022

CO2-Steuer an der Grenze – Was kommt auf die Wirtschaft zu?

DIHK, Mitteilung vom 02.06.2022

Die EU soll bis 2050 der erste klimaneutrale Wirtschaftsraum werden. Ein CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) soll dafür sorgen, dass strenge EU-Klimaschutzvorgaben nicht zum Nachteil für europäische Unternehmen im internationalen Wettbewerb werden. Allerdings könnte CBAM internationale Handelskonflikte erzeugen und zusätzliche Außenhandelsbürokratie für die Unternehmen bedeuten. Die nun anstehenden abschließenden Verhandlungen auf EU-Ebene zur Ausgestaltung des CBAM sind daher von außerordentlicher Bedeutung für die weltweit eng vernetzte deutsche Wirtschaft.

Maßnahmen für den Erhalt von Wertschöpfung in Europa

Für Unternehmen im EU-Emissionshandel ist die teilweise freie Zuteilung von Verschmutzungsrechten Voraussetzung dafür, dass ihre Produkte international wettbewerbsfähig bleiben. Sie wurde eingerichtet, um ein „Carbon Leakage“ zu verhindern – also die Verlagerung von Produktion in Länder mit geringeren Emissionskosten. Die EU-Kommission plant allerdings, diese kostenfreie Zuteilung bis 2030 vollständig abzuschmelzen. Für einige energie- und handelsintensive Branchen soll stattdessen der CBAM einer Abwanderung von Wertschöpfung entgegenwirken. Der Mechanismus sieht eine Art CO₂-Zoll auf importierte Produkte zum Ausgleich der CO₂-Kosten innerhalb der EU vor. Erfasst werden sollen anfangs die Branchen Zement, Dünger, Stahl, Aluminium, aber auch Strom. Zusätzlich sieht der jüngste Vorschlag des Parlaments vor, auch Wasserstoff, Polymere und organische Chemikalien mit einzubeziehen.

Unilateraler Ansatz – globale Risiken

Für die internationalisierte deutsche Wirtschaft ist es von großer Bedeutung, dass neue Regelungen – auch wenn sie Carbon Leakage verhindern sollen – den globalen Handel nicht einschränken und nicht zum Einfallstor für zusätzlichen Protektionismus werden. Der unilaterale CBAM birgt jedoch das Risiko von internationalen Handelskonflikten. Der Entwurf der Europäischen Kommission bewegt sich aus Perspektive der Welthandelsorganisation WTO im Grenzbereich des legal Möglichen. Hier sollte auf stärkere WTO-Kompatibilität gesetzt werden, um Unternehmen Planungssicherheit zu geben und weniger Anreize für Handelskonflikte zu bieten.

Zudem ist es wichtig, die freie Zuteilung auch für die Sektoren beizubehalten, die dem CO₂-Grenzausgleichsmechanismus unterliegen. Denn es gilt nicht nur die Importseite im Blick zu behalten, vielmehr müssen europäische Unternehmen auch beim Export ihrer in der EU produzierten Güter wettbewerbsfähig bleiben können.

Klimaclub statt Alleingang: Klimaschutz weltweit denken

Freier Handel und Klimaschutz sind Herausforderungen, aber kein Widerspruch. Gute Klimapolitik bietet für deutsche Unternehmen auch ökonomische Chancen. So tragen deutsche Unternehmen durch den Export von Umwelttechnologien national zum Wachstum und global zum Klimaschutz bei. Für die deutsche Wirtschaft ist es deshalb dringend erforderlich, die klimapolitischen Anstrengungen stärker über internationale Vereinbarungen voranzutreiben. Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, einen Grenzausgleich im Rahmen eines grundsätzlich für alle Staaten offenen plurilateralen Klimaclubs oder zumindest kompatibler Systeme zu erwägen. Dies würde handelspolitische Risiken verringern; aus Sicht der deutschen Unternehmen wäre es deshalb wünschenswert, den Ansatz insbesondere mit wichtigen Handelspartnern – beispielweise auf G20-Ebene – weiterzuverfolgen. Bedingung für die Teilnahme am Klimaclub sollte dabei eine explizite CO₂-Bepreisung sein – und die Umsetzung möglichst im Rahmen der WTO erfolgen.

Einen greifbaren handelspolitischen Beitrag zum Klimaschutz würden zudem das WTO-Umweltgüterabkommen, ambitionierte Nachhaltigkeitskapitel in EU-Handelsabkommen und ein global koordinierter Abbau von Subventionen für fossile Energieträger leisten.

Quelle: DIHK